Puppenspiel: Unterschied zwischen den Versionen

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126 (G 41): '''Puppenspiel''', in: [[Die Schildgenossen]], 4, 1923/24, 5 (Mai 1924), S. 309-317 (Abdruck des Aufsatzes von Heinrich von Kleist: "Über das Marionettentheater". Im Anschluß daran Stellungnahme Guardinis mit den Zwischenüberschriften: "Eine Zwischenbemerkung"; "Der Historiker Ludovico Antonio Muratori"; "Eine Nachbemerkung") [Mercker 0159];
126 (G 41): '''Puppenspiel''', in: [[Die Schildgenossen]], 4, 1923/24, 5 (Mai 1924), S. 309-317 (Abdruck des Aufsatzes von Heinrich von Kleist: "Über das Marionettentheater". Im Anschluß daran Stellungnahme Guardinis mit den Zwischenüberschriften: "Eine Zwischenbemerkung"; "Der Historiker Ludovico Antonio Muratori"; "Eine Nachbemerkung") [Mercker 0159];
== Werkgeschichte ==
* Vgl. dazu einen Merkzettel in Guardinis „Notizbuch“ für die Mainzer Juventus (1915–1920, unveröffentlicht) notiert „Kleist, Marionettentheater“. Gerl-Falkovitz geht davon aus, dass dieser die Grundlage für die Ausarbeitung "Puppenspiel" darstellt (Leibhaftes Spiel. Zur Anthropologie der Liturgie, in: Bärsch u.a. (Hrsg.): Heilige Spiele, 2022, S. 94).
* Tatsächlich stellt Guardini auch selbst den Zusammenhang mit einer Begebenheit fünf Jahre vor 1924, also 1919 her: "Wenn's ohne Anmaßung erlaubt ist, sich an die Gestalt der beiden großen Männer anzuschließen, so möchte ich erzählen, was wir einmal - es sind schon fünf Jahre her - in Mainz in einem kleinen Kreise fanden." (Wurzeln II, S. 195)


== Nachdrucke und Auszüge ==
== Nachdrucke und Auszüge ==
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== Übersetzungen ==
== Übersetzungen ==
* Bisher keine Übersetzungen bekannt (siehe aber Übersetzungsanfragen für Wurzeln eines großen Lebenswerks, Bd. II)
* Bisher keine Übersetzungen bekannt (siehe aber Übersetzungsanfragen für Wurzeln eines großen Lebenswerks, Bd. II)
== Rezeption ==
* [[Thomas Hasler]] zieht Guardinis "Puppenspiel" in seiner Studie "Architektur als Ausdruck: Rudolf Schwarz" (2000, S. 121) heran: "Im Unterschied zur realen menschlichen Figur im Theater, also dem Schauspieler, verkörpert die Puppe laut Guardini das Elementare, das Typische, das anstelle der individuellen Figur das überpersönlich Gültige ins Zentrum rückt: «Sie [die Puppe] sagt uns von vornherein; Ich für mich bin nichts. Ich bin einmal ein Herr oder eine Frau Soundso. Ich bin nur dafür da, dass Du Dich ganz hinein gebest in jenes unwirkliche, gespielte Reich, darin sich das Eigentliche erhebt, das Kunstwerk!"163 Im selben Text weist Guardini auf eine Diskussion im Kreis der Jugendbewegung Quickborn hin. In deren Verlauf war besonders die Problematik des Schauspiels erörtert worden, bei dem sich im ungünstigen Fall die Persönlichkeit des Akteurs zwischen die eigentliche Aussage und den Zuschauer schiebt. Nur die Puppe, die keinerlei persönliche Ambitionen hege, stehe dem Stück nicht im Wege, schreibt Guardini.264. All diese Überlegungen zielten letztlich auf die Liturgiefeier hin - und damit auf die im Idealfall stattfindende Überwindung der Subjektivität des Einzelnen zugunsten der Gemeinschaft". Hasler irrt bezüglich des Kreises, denn dieser war in Mainz nicht der Quickborn, sondern die Juventus. Die von Hasler gezogene Analogie vom Puppenspiel zum liturgischen Spiel vor Gott und eine von Guardini angeblich angezielte, "im Idealfall stattfindende Überwindung der Subjektivität des Einzelnen zugunsten der Gemeinschaft", ist zu hinterfragen.
* [[Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz]] schreibt im Abschnitt "Haltung und Sich-Halten-Lassen" über die Frage "Wie gelingt solches "Offenbaren" [der Seele im Körper, HZ]?": "Schon in frühen Jahren begleitete Guardini der Aufsatz von Kleist über das Marionettentheater, worin die Frage nach dem Grund der Anmut der Marionette gestellt wird. Die gefundene Antwort lautete, ihre Anmut springe daraus auf, dass die Marionette ihren Schwerpunkt über sich habe. Das leitet zu dem Hinweis über, auch der menschliche Leib könne seinen Schwerpunkt über sich suchen, sich nicht von unten her, von der Schwerkraft weg hochstemmen. Dies meint eine Haltung aus Gehaltensein - ein "pathetisches" (nicht passives!) Element im Dasein, wie wiederum phänomenologisch die Grundvollzüge des Daseins als pathetisch-leidenschaftliches Erfahren freigelegt wurden: das Geborenwerden, das Lieben, das Sterben. [21: Paradigmatisch bei Emmanuel Levinas. Die Zeit und der Andre, Hamburg 1989.]"


[[Kategorie:Werke]]
[[Kategorie:Werke]]

Aktuelle Version vom 18. August 2023, 15:50 Uhr

126 (G 41): Puppenspiel, in: Die Schildgenossen, 4, 1923/24, 5 (Mai 1924), S. 309-317 (Abdruck des Aufsatzes von Heinrich von Kleist: "Über das Marionettentheater". Im Anschluß daran Stellungnahme Guardinis mit den Zwischenüberschriften: "Eine Zwischenbemerkung"; "Der Historiker Ludovico Antonio Muratori"; "Eine Nachbemerkung") [Mercker 0159];

Werkgeschichte

  • Vgl. dazu einen Merkzettel in Guardinis „Notizbuch“ für die Mainzer Juventus (1915–1920, unveröffentlicht) notiert „Kleist, Marionettentheater“. Gerl-Falkovitz geht davon aus, dass dieser die Grundlage für die Ausarbeitung "Puppenspiel" darstellt (Leibhaftes Spiel. Zur Anthropologie der Liturgie, in: Bärsch u.a. (Hrsg.): Heilige Spiele, 2022, S. 94).
  • Tatsächlich stellt Guardini auch selbst den Zusammenhang mit einer Begebenheit fünf Jahre vor 1924, also 1919 her: "Wenn's ohne Anmaßung erlaubt ist, sich an die Gestalt der beiden großen Männer anzuschließen, so möchte ich erzählen, was wir einmal - es sind schon fünf Jahre her - in Mainz in einem kleinen Kreise fanden." (Wurzeln II, S. 195)

Nachdrucke und Auszüge

  • eingegangen in: Wurzeln eines großen Lebenswerks. Romano Guardini (1885-1968). Aufsätze und kleinere Schriften, Bd. II, 2001 (G 41), S. 193-197 [neu aufgenommen]

Guardini-Konkordanz

Übersetzungen

  • Bisher keine Übersetzungen bekannt (siehe aber Übersetzungsanfragen für Wurzeln eines großen Lebenswerks, Bd. II)

Rezeption

  • Thomas Hasler zieht Guardinis "Puppenspiel" in seiner Studie "Architektur als Ausdruck: Rudolf Schwarz" (2000, S. 121) heran: "Im Unterschied zur realen menschlichen Figur im Theater, also dem Schauspieler, verkörpert die Puppe laut Guardini das Elementare, das Typische, das anstelle der individuellen Figur das überpersönlich Gültige ins Zentrum rückt: «Sie [die Puppe] sagt uns von vornherein; Ich für mich bin nichts. Ich bin einmal ein Herr oder eine Frau Soundso. Ich bin nur dafür da, dass Du Dich ganz hinein gebest in jenes unwirkliche, gespielte Reich, darin sich das Eigentliche erhebt, das Kunstwerk!"163 Im selben Text weist Guardini auf eine Diskussion im Kreis der Jugendbewegung Quickborn hin. In deren Verlauf war besonders die Problematik des Schauspiels erörtert worden, bei dem sich im ungünstigen Fall die Persönlichkeit des Akteurs zwischen die eigentliche Aussage und den Zuschauer schiebt. Nur die Puppe, die keinerlei persönliche Ambitionen hege, stehe dem Stück nicht im Wege, schreibt Guardini.264. All diese Überlegungen zielten letztlich auf die Liturgiefeier hin - und damit auf die im Idealfall stattfindende Überwindung der Subjektivität des Einzelnen zugunsten der Gemeinschaft". Hasler irrt bezüglich des Kreises, denn dieser war in Mainz nicht der Quickborn, sondern die Juventus. Die von Hasler gezogene Analogie vom Puppenspiel zum liturgischen Spiel vor Gott und eine von Guardini angeblich angezielte, "im Idealfall stattfindende Überwindung der Subjektivität des Einzelnen zugunsten der Gemeinschaft", ist zu hinterfragen.
  • Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz schreibt im Abschnitt "Haltung und Sich-Halten-Lassen" über die Frage "Wie gelingt solches "Offenbaren" [der Seele im Körper, HZ]?": "Schon in frühen Jahren begleitete Guardini der Aufsatz von Kleist über das Marionettentheater, worin die Frage nach dem Grund der Anmut der Marionette gestellt wird. Die gefundene Antwort lautete, ihre Anmut springe daraus auf, dass die Marionette ihren Schwerpunkt über sich habe. Das leitet zu dem Hinweis über, auch der menschliche Leib könne seinen Schwerpunkt über sich suchen, sich nicht von unten her, von der Schwerkraft weg hochstemmen. Dies meint eine Haltung aus Gehaltensein - ein "pathetisches" (nicht passives!) Element im Dasein, wie wiederum phänomenologisch die Grundvollzüge des Daseins als pathetisch-leidenschaftliches Erfahren freigelegt wurden: das Geborenwerden, das Lieben, das Sterben. [21: Paradigmatisch bei Emmanuel Levinas. Die Zeit und der Andre, Hamburg 1989.]"