Paul Matussek: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 29. September 2022, 14:03 Uhr

Paul Matussek (1919-2003) war ein deutscher Neurologe, Psychiater und Psychoanalytiker

Biographie

  • 1937 Studium der Medizin sowie der Theologie, später der Philosophie (Nicolai Hartmann) und Psychologie (Eduard Spranger) in Breslau, Berlin, Würzburg und Heidelberg
  • 1944 Dr. phil. bei Eduard Spranger mit einer Arbeit über die Historisch-kritische Darstellung der Lehre vom Gewissen bei Ree, Wundt, Paulsen, Rümelin, Scheler und Stoker
  • 1946 Dr. med. in Heidelberg mit der Dissertation über Metaphysische Probleme der Medizin. Ein Beitrag zur Prinzipienlehre der Psychotherapie.
  • 1946 bis 1950 wissenschaftlicher Assistent in einer Heidelberger Psychiatrischen Klinik.
  • 1952 Habilitation bei Kurt Schneider in Heidelberg mit der Arbeit über Die allgemeine Psychopathologie und das Symptom der Wahnwahrnehmung.
  • 1952 Privatdozent an der Universität München, zugleich Forschungstätigkeit am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München.
  • 1956 Professor für Psychiatrie an der Universität München.
  • 1966-1984 Direktor der selbstständigen „Forschungsstelle für Psychopathologie und Psychotherapie in der Max-Planck-Gesellschaft“ (1987 geschlossen)
  • 1984-2003 Präsident der Stiftung für analytische Psychiatrie in München.

Bezug zu Guardini

  • in Berlin gehörten Guardini und Matussek - neben Kurt Riezler, Ernesto Grassi, Richard Kroner, Walter Kranz und Konrat Ziegler - zu den Teilnehmern von "Katakombenkreisen des Philosophierens" in Werner Leibbrands Wohnung, wo sie über Literatur und Philosophie diskutierten und Aristoteles auf Griechisch "unter Hinzuziehung sämtlicher Kommentare" lasen (vgl. Angelika Ebbinghaus/Klaus Dörner, Vernichten udn Heilen: der Nürnberger Ärzteprozess und seine Folgen, Berlin 2001, S. 360 Anm. 4 und 5!
  • Die zweite Auflage der medizinischen Doktorarbeit von 1950 steht mit einer Widmung in der Guardini-Bibliothek im Schloß Suresnes.
  • 1956 Matussek bittet Guardini um einen Vortrag bei der Gedenkfeier zur 100. Wiederkehr des Geburtstages von Sigmund Freud in München.
  • Im Anschluß daran haben sich Guardini und Philipp Dessauer noch häufiger in einem Kreis mit Matussek und anderen Münchner Psychologen und Psychoanalytikern getroffen, bei dem unter anderem die Themen "Psychoanalyse und Beichte, Wo Es war soll Ich werden, d.h., wieviel Trieb darf zugelassen werden, oder anders gefragt, ab wann in der frühkindlichen Entwicklung und in welchem Umfang müssen korrigierende, regulierende, verbietende Maßnahmen einsetzen? Weitere Themen waren Trieb und Kultur, der Begriff der Sünde, Die psychoanalytische Einstellung zur Sexualität im Erwachsenenalter, Sexuelle Freiheit in der Ehe". Johannes Cremerius berichtet davon, dass die teilnehmenden Analytiker überrascht gewesen seien, "welche liberale, offene Einstellung diese geistlichen Herren einnahmen und wie weit sie von der in der Kirche vertretenen Moral entfernt waren. Ich glaube, beide Seiten haben viel voneinander gelernt. Die Theologen versicherten, sie hätten ihre Vorstellungen von der Psychoanalyse korrigieren können. Romano Guardini war eine beeindruckende Persönlichkeit. Er erinnerte mich an den Typus des Abbé, wie wir ihn aus den Pariser Salons des 18. Jahrhunderts kennen: sehr elegant, vornehm, distinguiert, umgeben von einem zarten Hauch von Eau de Cologne. Stets erschien er am Arm von vornehmen älteren Damen der Münchner Gesellschaft. Im Gespräch war er brillant (und genoß es) sowie von stupender Intelligenz." (Johannes cremerius, Ein Leben als Psychoanalytiker in Deutschland, Würzburg 2006, S. 173 f.)
  • Paul Matussek trägt 1965 zur Festschrift zu Guardinis 80. Geburtstag mit dem Text "Dimensionen der Nächstenliebe" bei.

Bibliographie zu Guardini

  1. /Peter Matussek/Jan Marbach: Hitler. Karriere eines Wahns, München 2000, zu Romano Guardini [historisch relevant] S. 76: Paul Matussek berichtet von einer Begegnung zwischen Romano Guardini und einer psychiatrisch behandlungsbedürftigen Frau: "Eine meiner Patientinnen war mit einem religiösen Größenwahn, der in der halluzinatorischen Vision der Mutter Gottes gipfelte, in die Klinik eingewiesen worden. Das Gespräch mit mir als ihrem behandelnden Arzt erwies sich als schwierig, da sie mich für unzuständig erklärte. Ein Theologe hingegen, etwa ein Mann wie Romano Guardini, würde sie durchaus verstehen. Sie konnte nicht ahnen, daß ich selbst studierter Theologe und mit Romano Guardini bekannt war. Als ich ihr anbot, ein Treffen zu arrangieren, ging sie erregt darauf ein. Das Gespräch mit Guardini nahm freilich den vorhersehbaren Verlauf: Zunächst zeigte sich die vom Besuch des berühmten Mannes beglückte Patientin exaltiert zugetan. Schon bald aber verdüsterte sich ihre Stimmung, sie fand immer mehr Anlaß, den psychologisch geschulten Theologen zu kritisieren - zumal dieser ihr anhand einer Paulus-Stelle schonend klarzumachen versuchte, daß Visionen als solche noch kein Erwähltheitszeichen seien, sondern sich durch entsprechende Taten vor der Gemeinde zu verifizieren hätten. Schließlich endete die Begegnung mit ihrer verächtlichen Feststellung: »Sie verstehen nichts von Theologie!"" [Brüske 563] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=j4giAQAAIAAJ; ins Englische übersetzt unter dem Titel: Affirming Psychosis: The Mass Appeal of Adolf Hitler, 2007, zu Romano Guardini S. 54 - https://books.google.de/books?id=Fx9oAAAAMAAJ

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