Bibelübersetzungen

Aus Romano-Guardini-Handbuch
Version vom 11. November 2022, 21:17 Uhr von Helmut Zenz (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Guardini verwendet in seinen Werken verschiedene Bibelübersetzungen:

Allgemeines

Die Bibelbestände in Mooshausen sind wohl tatsächlich überwiegend diejenigen, die Josef Weiger für seine Übersetzungen verwendet hat. Guardini hat insbesondere Weigers Übersetzungen sehr geschätzt und wohl auch das ein oder andere Mal verwendet.

Guardini hat aus der Vulgata einiges übersetzt, aber wohl über die Psalmen und die liturgischen Texte (Heilige Zeit, Gloria Sanctorum, etc.) nicht sehr viel Neutestamentliches.

Es ist sehr schwer herauszufinden, was er im Einzelnen von wem übernimmt und was er selbst übersetzt.

Leider fehlt eine systematische Auswertung seiner frühen Bibelzitate. Eigentlich müsste man wirklich jedes von Guardini in einer Originalausgabe verwendetes Bibelzitat überprüfen, ob es bei Allioli, Weizsäcker oder Vezin steht und dann für die restlichen Zitate auf eine intensivere Suche gehen.

Auffälligkeiten

Lebensmotto

Die Übersetzung seines Lebensmottos »Wer seine Seele verliert, gewinnt sie; wer sie behält, verliert sie.« (Mt 16,25) in seinem Aufsatz über "Der religiöse Gehorsam" (1916) konnte bisher nicht einer damals gängigen Bibelübersetzung zugeordnet werden, könnte also eine eigene Übersetzung sein. Allerdings verwendet er selbst bereits sehr viele unterschiedliche Versionen:

  • "Wer seine Seele verliert, wird sie gewinnen, wer sie aber behält, wird sie verlieren" (1911)
  • "Wer seine Seele verliert, gewinnt sie; wer sie behält , verliert sie" (1916)
  • "Wer seine Seele hergibt, wird sie gewinnen. Wer sie behält, wird sie verlieren." (1926)

Ähnliches gilt für die synoptischen Parallelstellen Mk 8,35//Mt 16,25//Lk 9,24 und Mt 10,39//Lk 17,33

Liebesgebot

Auffällig ist auch, dass Guardini das Liebesgebot zunächst gemäß der protestantischen Fassung übersetzt, erkennbar an dem mit ganzem "Gemüte" für "dianoia" statt, wie im katholischen Bereich später eher üblich mit "all deinen Gedanken" oder "ganzem Verstand" oder "ganzem Denken".

Dies ist jedoch auch schon vom katholischen Bibelübersetzer Allioli so übernommen worden. Guardini übernimmt seine Übersetzung vollständig aus Allioli: "Du sollst Gott deinen Herrn lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele, aus deinem ganzen Gemüte. Dies ist das erste und größte Gebot. Das andere aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (Mt 22,37-40).

Erst später findet sich auch bei ihm "mit ganzem Denken" oder "mit allen Gedanken".

Bei Guardini kommt der Name Allioli im Unterschied zu Weizsäcker und Vezin nicht vor, dennoch hat er seine Übersetzung gekannt und auch verwendet.

Evangelienharmonie von August Vezin

Mehrfach zitiert und empfiehlt Guardini auch die Evangelienharmonie von August Vezin "Das Evangelium Jesu Christi“ (Herder, Freiburg), zum Beispiel in "Der Herr" und in "Der Rosenkranz unserer lieben Frau".

Das Neue Testament in der Übersetzung von Carl Weizsäcker

Wir wissen, dass er des Öfteren die Übersetzung des Neuen Testamentes des evangelischen Tübinger Dogmen- und Kirchengeschichtlers Carl Heinrich von Weizsäcker heranzieht, aber wohl auch nur selten zitiert, offiziell unter Namensnennung zum Beispiel nur einmal, nämlich 1930 in "Der Glaube im Neuen Testament" (Wurzeln, Band 3, S. 38). Von dieser Übersetzung gibt es mehrere Studienexemplare sowohl in Mooshausen als auch in München.

Die manchmal, aber nicht immer verwendete Fassung des "Herr, zeige uns den Vater, so sind wir zufrieden. 9 Sagt Jesus zu ihm: so lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Der mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen." stammt aus der Weizsäcker-Bibel.

Auflagen

  • Tübingen: Mohr - nach der 8° Ausgabe Novum Testamentum Græce von Konstantin von Tischendorf (1815-1874), (1)1875,
    • (2)1882;
    • (3. und 4.)1888;
    • (5)1892;
    • (6. und 7.)1894
    • (8.)1898
    • Enthalten in: E. Kautzsch: Textbibel des Alten und Neuen Testaments, 1904
    • Enthalten in: A. Huck: Deutsche Evangelien = Synopse, 1908
    • (9)1906;
    • (10)1915
    • (11)1927
    • (12)1937
    • Enthalten in: K. Aland: Das Evangelium, 1940

Der Übersetzer

Carl Heinrich (von) Weizsäcker (1822-1899) studierte Evangelische Theologie an der Universität Tübingen. Er war zunächst Hofkaplan am Hof des württembergischen Königs Wilhelm I.. Weizsäcker war ein führender Vertreter der historisch-kritischen Schule. Sein Hauptwerk ist "Das apostolische Zeitalter der christlichen Kirche". Er wurde 1840 Mitglied der Tübinger Königsgesellschaft Roigel. Ab 1861 war er Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte an der Universität Tübingen und übernahm den Lehrstuhl seines Lehrers Ferdinand Christian Baur. 1862 erhielt er die Ehrendoktorwürde (Dr. theol. h.c.) der Universität Tübingen. 1877 wurde ihm das Kommenturkreuz des Ordens der Württembergischen Krone, womit der persönliche Adelstitel verbunden war. Im Jahre 1890 wurde Weizsäcker Kanzler seiner Universität und blieb dies bis zu seinem Tode. Kraft dieses Amtes gehörte er von 1890 bis 1899 der Zweiten Kammer des württembergischen Landtages an. 1894 erhielt er den Titel und Rang eines Staatsrats, 1897 den eines Geheimen Rates. In diesem Jahr erhielt er außerdem noch zwei Ehrendoktorwürden seiner Universität Tübingen, nämlich den Dr. phil. h.c. und den Dr. jur. h.c.. Weizsäcker war der Sohn des Pfarrers und Stiftspredigers in Öhringen, Christian Ludwig Friedrich Weizsäcker. Er heiratete 1848 Auguste Sophie Dahm (1824-1884)

Stuttgarter Kepplerbibel

Das Neue Testament. Für das katholische Volk übersetzt, Stuttgart, Württ.: Druck und Verlag der A.=G. Deutsches Volksblatt 1915, im Volksmund als "Stuttgarter Kepplerbibel", benannt nach dem Initiator Paul Wilhelm Keppler (1852-1926), Dr. theol. und späterer Bischof. Anstelle eines Vorwort schrieb Keppler eine bischöfliche Empfehlung, datiert Rottenburg, 12. Juli 1915. Das "Volkstestament" von 1915 war von mehreren Geistlichen - ohne Namensnennung - der Diözese Rottenburg übersetzt. Danach wurde sie zuerst von Vinzenz Schweitzer (1872-1931), Stephan Lösch (1881-1966) und schließlich von Peter Ketter (1885-1950) be- bzw. neu überarbeitet.

Ravensburger Bibel (Josef Weiger)

Sonderfall "Der Herr" (Wolfgang Rüttenauer)

Guardini vermerkt im Vorwort, dass Wolfgang Rüttenauer die biblischen Texte für "Aus dem Leben des Herrn" und infolgedessen für "Der Herr" neu übersetzt hat. Allerdings ist er als eigenständiger Übersetzer des NTs auch nicht in Fachkreisen bekannt geworden, es gibt also keine weitere Ausgabe, in der seine Bibelübersetzungen eingeflossen sind. Aber ihre Verbreitung über die zahllosen Auflagen des Herrn sind allemal einflussreich und maßgeblich, das man das in Zukunft klarer herausstellen sollte.

Einzelzitatprüfung

Wurzeln Band I

  • »Ich werde meine Ehre keinem andern geben.« (Jes 48,11) - Luther-Übersetzung - https://books.google.de/books?id=ueg4AQAAMAAJ&pg=PA2319
  • »Ich ehre meinen Vater ... ich suche nicht meine Ehre.« (Joh 8,49f.) - Luther-Übersetzung - https://books.google.de/books?id=aZUjYWvevQIC&pg=RA1-PA260
  • »Ob ihr nun esset oder trinket, oder was immer ihr tut, alles tut zur Ehre Gottes.« (1 Kor 10,31) - bislang nur bei Guardini selbst nachweisbar
  • »von Angesicht zu Angesicht schaut« - »im Spiegel und Gleichnis«. (1 Kor 13,12) - bislang nur bei Guardini selbst nachweisbar
  • »einander in Ehrerzeigung zuvorkommen« (Röm 12,10) - bislang nur bei Guardini selbst nachweisbar
  • »Untertan aller Kreatur« (Paulus) - wohl Luther-Übersetzung
  • »Vollbringe sein Gebot, denn das ist der ganze Mensch,« (heilige Schrift) - bislang nur bei Guardini selbst nachweisbar
  • »Gottes Reich verborgen sei den Verständigen und Weisen dieser Welt und offenbart den Unmündigen« (Johannes) - bislang nur bei Guardini selbst nachweisbar
  • »O, Tiefe des Reichtums der Weisheit Gottes; wie unerforschlich sind deine Wege« (Paulus) - bislang nur bei Guardini selbst nachweisbar
  • »Die Werke ... Gottes zu offenbaren und zu preisen, ist eine ehrenvolle Sache« (Heilige Schrift) - bislang nur bei Guardini selbst nachweisbar
  • »Die Menschen sehen das, was äußerlich erscheint, Gott aber schaut auf das Herz.« (Heilige Schrift) - bislang nur bei Guardini selbst nachweisbar