Harnier-Kreis
Der in den 1960er Jahren vom Historiker James Donohoe sogenannten "Harnier-Kreis war ein Münchner Kreis konservativer Monarchisten, deren Mitglieder sich schon früh gegen den Nationalsozialismus positionierten.
Dieser bürgerliche Kreis, der zunächst im Bayerischen Heimat- und Königsbund und in der Bayerischen Volkspartei beheimatet war, war aber zunächst von der Bildhauerin Margarete Freiin von Stengel, die aus der Verlagsdynastie Oldenbourg stammte, in ihrem Haus organisiert worden. Sie hatte sich als Leiterin des Sozialwerks "Patrona Bavariae" im Bayerischen Heimat- und Königsbund engagiert.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 baute der Gartenverwalter von Schloss Nymphenburg, Heinrich Weiß, aus dem monarchistischen Stengel-Kreis einen festeren Kreis von Monarchisten auf, zu der auch wieder Margarete von Stengel gehörte. Sie entwarf für die Mitglieder eine Anstecknadel mit der Patrona Bavariae als unverfängliches Erkennungszeichen für dessen Mitglieder und finanzierte unter anderem die Kosten wie für die Anschaffung eines Vervielfältigungsapparats zur Herstellung von Flugblättern. Man traf sich nunmehr als Stammtisch getarnt in verschiedenen Münchner Bierkellern wie dem Mathäser. Auch die Wohnung von Heinrich Weiß im ehemaligen Küchentrakt von Schloss Nymphenburg diente nun als Versammlungsort.
Neben Heinrich Weiß und Margarete von Stengel waren Mitglieder des Kreises: Adolf von Harnier (engagierter nach seiner Rückkehr nach München im Herbst 1936), Wilhelm Seutter von Lötzen (ab 1934/35), Josef Zott (ab 1935), der 1935/36 ohne Wissen der anderen Mitglieder Kontakte zur KPD knüpfe, außerdem Franz Xaver Fackler, Gebhard Fahrner, Heinrich Pflüger und Karl Schuster. Kontakte gab es auch zu dem Jesuitenpater Rupert Mayer. Zahlreiche Mitglieder kamen aus dem 1933 aufgelösten Bayerischen Heimat- und Königsbund, andere waren Mitglieder der aufgelösten Bayerischen Volkspartei.
Im Winter 1935/36 wurde die Arbeit der Gruppe unterbrochen, nachdem am 14. November 1935 Margarete von Stengel durch die Gestapo verhaftet wurde. Aufgrund der nachfolgenden Überwachung schied sie zum Schutz der anderen Mitglieder aus der Gruppe aus.
Als im Herbst 1936 Harnier nach München umzog, engagierte er sich im Kreis und übernahm alsbald die Leitung. Er kannte Margarethe von Stengel bereits aus der Jugendzeit, weil er und ihre Brüder Schulkameraden waren. Harnier lehnte die Revolution von 1918 als illegitim ab und drängte auf eine Wiederherstellung der rechtmäßigen Ordnung der Monarchie, wozu er sich schon 1925 dem Bayerischen Heimat- und Königsbund angeschlossen hatte; er engagierte sich in der "Arbeitsstelle für konservatives Schrifttum" und arbeitete dazu 1932 mit der Zeitschrift "Monarchie" zusammen. Von 1934 bis 1942 erschien diese Zeitschrift "Monarchie" unter dem Namen "Weiße Blätter". Dort veröffentlichten die Schriftsteller Reinhold Schneider, Jochen Klepper und Hassell. Harnier gehörte seit 1931 zu den Mitarbeitern des Landesleiters Georg Enoch Freiherrn von und zu Guttenberg. 1934 trat Harnier gegen den Widerstand seiner Familie zum katholischen Glauben über. Er unterhielt gute Kontakte zu den bayerischen Adelsfamilien sowie auch zu den Wittelsbachern.
Auch nachdem Harnier die Leitung des Stengel/Weiß-Kreises übernommen hatte, fuhr er oft nach Wien, weshalb er - gemeinsam mit Weiß, Zott und Fackler - von der Gestapo beschuldigt wurde, eine enge Fühlungnahme zu katholischen Legitimisten in Österreich und zu katholischen Separatisten im Rheinland zu haben, ohne ihnen aber direkte Kontakte zu Wiesner, Hildebrand oder Rutra nachweisen zu können (vgl. Heike Bretschneider: Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in München, 1933 bis 1945, 1968, S. ???). Harnier und Zott hatten auch guten Kontakt zu Hans Sperr, Fritz Gerlich, Erwein von Aretin und Erich Fürst von Waldburg-Zeil. Über letzteren, der Geldgeber sowohl für die Weißen Blätter als auch für die von Gerlich redigierte Zeitschrift "Der gerade Weg" war, liefen auch viele Kontakte zwischen den bayerischen Monarchisten-Zirkeln während des Dritten Reiches.
Allerdings hatte 1936 die Gestapo bereits den ehemaligen Kommunisten Max Troll, genannt „Theo“, in den Harnierkreis eingeschleust, der es schaffte, 1937 weitere Spitzel in die Gruppe zu bringen.
Anfang August 1939 wurde der Harnier-Kreis durch die Gestapo zerschlagen. Allein 125 Personen wurden als Mitglieder und Freunde des Kreises durch die Gestapo vernommen, auch der Kronprinz. Erst 1944 wurden durch den Volksgerichtshof Urteile gefällt. Im Juni 1944 wurde Adolf von Harnier zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Er starb wenige Tage nach Kriegsende am 12. Mai 1945 im Zuchthaus Straubing an Hungertyphus. Sieben weitere führende Mitglieder erhielten mehrjährige Zuchthaus- und Gefängnisstrafen, die aber zum Teil durch die lange Untersuchungshaft bereits abgegolten waren. Josef Zott wurde im Oktober 1944 vom Volksgerichtshof in Berlin wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode verurteilt und am 15. Januar 1945 im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet.
Sekundärbibliographie
- Christina Maria Förster: Der Harnier-Kreis, 1996
- Dieter J. Weiß, Harnier-Kreis, in: Historisches Lexikon Bayerns - https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Harnier-Kreis