Deutsche Filmkunst
Aus Romano-Guardini-Handbuch
Version vom 1. Juli 2024, 13:35 Uhr von Helmut Zenz (Diskussion | Beiträge)
Deutsche Filmkunst. Zeitschrift für Theorie und Praxis des Filmschaffens
Erscheinungsweise
- 1, 1953 bis 10, 1962
- Sitz in Berlin
- Verlag: Henschelverlag (1954-1962)
- Chefredakteure: Gerhard Wolfram (1953), Gerhard Hartwig (1953-1954) und Klaus Lippert (1955-1962)
Bibliographie zu Guardini
- nur ein Treffer:
- [1953-000] C. A.: Höchstens eine Glosse Wert: Der Tiefschwätzer, in: Deutsche Filmkunst, 1, 1953, S. 123 f. [neu aufgenommen] – [Artikel] - https://books.google.de/books?id=JuCE2PiIxFUC;
- S. 123 f.: „I Ein Punkt wollte sich wichtig machen, blähte sich auf und betrachtete sich stolz im Spiegel. Aber die Leute riefen: „Seht, eine Null!“ II Romano Guardini, ein italienischer Patentphilosoph im Warenhaus der „abendländischen Kultur", das mit lebendem und totem Inventar von einigen kosmopolitischen Maklern an die Amerikaner verhökert wird, kurzum: Romano Guardini hob beschwörend den Zeigefinger und schleuderte sodann Blitze gegen das „halbwertige Phänomen“, genannt: Film. Er grollte vom Katheder herab, vom Katheder der Münchener Universität. Er gab ein Gastspiel als Reisender in puncto „Aristokratie des Geistes“. Denn daran ist nicht im mindesten zu tippen. Guardini ist Elite, prima Elite – er macht gar kein Hehl daraus, daß er „europäische Elite“ darstellt – es würde ihm nämlich sonst niemand glauben. Wissen Sie, was ein Axiom ist, lieber Leser? Ein vollkommen bewiesener Satz, an dem es nichts, aber auch gar nichts mehr zu deuteln gibt, etwa: die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine Gerade. Das Axiomatische an Guardini ist seine felsenfeste Überzeugung, er sei seinem Mitmenschen niedrigstenfalls turmhoch überlegen. Dieser Aristokrat des Geistes - von eigenen Gnaden, versteht sich – schwatzt nun von seiner „hohen Warte“ aus über alles und jedes, je nachdem, was ihm seine Gönner servil zum Gleichverzehren reichen. In München gab man ihm „den Film als Ganzes" zwischen die Zähne, und Guardini hatte sofort das Gefühl, etwas Halbfertiges sei ihm vorgesetzt worden, was ihn zu einer Guardinen-Predigt veranlaßte. - Er sagte: mit dem Film sei es nie etwas Gescheites gewesen, der Film könne auch nie etwas Gescheites werden. Und das liege immer nach Guardini daran, daß der Film „im Raum der großen Menge" stehe, eben deshalb trage der Film auf immer und ewig das Kainszeichen der „Minderwertigkeit". Die Blödigkeit des Films im allgemeinen wird nur noch aufgewogen von der Weisheit Guardinis. Guardini hat's gut, er weiß es nicht besser. Ihm ist es spielend gelungen, die Einbildung zum Bildungsideal zu erheben. So schwätzte dieses Schmuckstück des apostrophierten Abendlandes stundenlang über den Film. Guardini – sorglich bedacht, daß ihm keine Perle aus der sich selbst verliehenen Krone fiel, empfahl schließlich ein Rezept, demzufolge der Film zu retten wäre. Der Film müsse, riet Guardini „global denken". Der globale Snob Guardini verriet zwar nicht, wie er es sich denkt, wenn der Film „global denkt", das war aber auch kaum nötig, denn die Filme, die sich Guardini wünscht, werden ohnehin nur exklusiven Kreisen zugänglich sein. Für die „minderwertige große Menge" heißt es nur: nicht zugelassen - ein Verbot, das für die gleichen Menschen auch in anderer Beziehung "global" zutreffen dürfte, wenn sich der Globus so drehen würde, wie es sich der „Ideologe" Guardini erträumt. — Hinweisen möchte man aber dennoch auf die Rabulistik der „Philosophen" vom Schlage Guardinis; dieser sagt beispielsweise, der schlechte Geschmack „der Menge", die „Masseninstinkte" wären der Grund für die künstlerische Misere des kapitalistischen Filmgeschäfts, die Filmunternehmer trügen dem schlechten Geschmack nur Rechnung. Unerwähnt bleibt bei Guardini, daß es eben die Praktiken der Filmunternehmer - deren Profitsucht - sind, die dem durchschnittlichen Kinobesucher den schlechten Geschmack geradezu anerzogen haben. Andererseits hat Guardini natürlich auch vernommen, daß der Film zur Filmkunst wird, wenn er der Wirklichkeit auf der Spur bleibt. Die idealistische Sophisterei Guardinis dreht diesen Tatbestand aber um, er verkündet: „Die Welt werde Phantasie, Phantasie werde Welt." Und damit wäre wieder alles erlaubt. III. Wie sagte doch Goethe? "Original, fahr' hin in deiner Pracht, wie würde dich die Einsicht kränken! Wer kann was Kluges, wer was Dummes denken, was nicht die Vorwelt schon gedacht."