Marc Sangnier, der Sillon und die Demokratische Internationale
Marc Sangnier, der Sillon und die Demokratische Internationale
Der Sillon und seine Rezeption in Deutschland (Hermann Platz)
Die Gründung des Sillon (1894/1898)
Marc Sangnier (1873-1950) hatte 1894/1898 für seine Gründung „Sillon“, übersetzt „Furche“, Anleihen von Ozanams Idee des Laienapostolates genommen.
Der Erste Internationale Katholische Studentenkongress (1900)
Der Kulturphilosoph, Romanist und Theologe Hermann Platz war in seiner eigenen Entwicklung von entscheidenden Ereignissen im Jahr 1900 geprägt. Nach einem erfolgreichen humanistischen Abitur ermöglichten ihm Verwandte eine Romreise, bei der es im September im Rahmen des ersten internationalen katholischen Studentenkongress zur Begegnung mit dem 24jährigen Organisator Carl Sonnenschein, und den Rednern Marc Sangnier, dem Begründer der französischen christlich-demokratischen Jugendbewegung `Sillon´, sowie Romulo Murri, dem politischen Führer der italienischen christlich-demokratischen Bewegung, kam. Thema des Kongresses war just die Frage der Demokratie auf dem Boden des Christentums.
Hermann Platz und sein Straßburger Freundeskreis (ab 1902/03)
Infolgedessen stand für Platz auch noch während seiner Straßburger Studienzeit (ab Wintersemester 1902/03) im Mittelpunkt seines Interesses einerseits „die französische katholische Erneuerungsarbeit für die Belebung des kirchlichen Geisteslebens“, andererseits „der Kampf der jungen französischen Katholiken unter Führung des Jugendbundes von Sillon gegen die Verkrustung des französischen politischen Lebens.“ Während sich Maurras und Barrés an der Verhärtung des „ewigen Gegensatzes zwischen Deutschland und Frankreich“ und somit „eines Nationalismus in der Art der Action Francaise“ beteiligten, orientierten sich Hermann Platz und sein Freundeskreis - im Rahmen der Gruppe "Grüne Stürmer" der CV-Verbindung "Badenia" gehörten sein Freund Theodor Abele ebeno gehörte wie Heinrich Brüning, Paul Simon, Hans König, Alexander Schütgen, Wilhelm Göcking und Jacob Hecker, schließlich alsbald auch Robert Schuman gehörte - an der christlich-demokratischen Orientierung jenes Sillon, den Platz in Rom kennengelernt hatte. Sie versuchten, „die europäische Tradition der kulturellen Einheit am Rhein“ zu erfassen und eine christlich-demokratische „Ordnung in vielfältiger Einheit“ wach zu halten (vgl. Treviranus, a.a.O., S. 256). In diesem Sinne kann insbesondere Platz – wie Vincent Berning ihn tituliert - als „Vorkämpfer Europas“ und „Pionier der katholischen Erneuerungsbewegung und der deutsch-französischen Aussöhnung“ gelten (vgl. Vincent Berning: Ein Vorkämpfer Europas. Zur Erinnerung an Hermann Platz, in: Der Katholische Gedanke, Regensburg, 21. Jg., 1965, 3, S. 60-70; ders.: Hermann Platz (1880-1945). Ein Pionier der katholischen Erneuerungsbewegung und der deutsch-französischen Aussöhnung, in: Stimmen der Zeit, 196, 1978, S. 50 ff.; ders.: Hermann Platz, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 20, Berlin 2001, S. 519-521).
Verurteilung des Sillon durch Papst Pius X. (1910)
Bereits 1906 hatte Charles Maurras sich zum „Dilemma des Marc Sangnier“ kritisch geäußert (Charles Maurras: Le dilemme de Marc Sangnier. Essai sur la démocratie religieuse, Paris 1906). 1909 übte Kardinal Lucon so heftige Kritik an den liberalen katholischen Strömungen um die Gruppe des „Sillon“, dass Papst Pius X. die Bewegung 1910 verurteilte, ebenso wie in Italien die Bewegung um den Priester Romolo Murri.
Der Text der Verurteilung erschien in deutsch unter dem Titel: Zur Verurteilung des Sillon: Schreiben des Heiligen Vaters Papst Pius X., Rorschach, [ca. 1930] - 57 S.
Nach der Unterwerfung durfte aber ein „katholisches Sillon“ weitergeführt werden.
Hochland-Aufsatzserie zur "Sillon"-Bewegung (1911)
1911 veröffentlichte Hermann Platz dann eine ganze Serie von Aufsätzen zur „Sillon“-Bewegung (in: Hochland, 8, 1911, April, S. 1-14 ; 1911, Mai, S. 180-202; 1911, Juni, S. 325-337; 1911, Juli, S. 461-479; 1911, August, S. 553-571, zusammen rund 90 Seiten; später in überarbeiteter Form unter dem Titel: „Eine christlich-demokratische Jugendbewegung“, in: ders.: Geistige Kämpfe im modernen Frankreich, München 1922; vgl. dazu Winfried Becker: Hermann Platz et la revue „Hochland“ devant Le Sillon, in: Institut Marc Sangnier (Hrsg.): Marc Sangnier en 1910. La lettre „Notre charge apostolique“ et ses suites. Actes de la journée d´études du vendredi 29 septembre, Paris 1920, S. 67-83 ; ders.: Marc Sangnier und Hermann Platz. Eine frühe Wahrnehmung und Würdigung des „Sillon“ in der Münchener Zeitschrift „Hochland“, in: Konrad Ackermann/Hermann Rumschöttel (Hrsg.): Bayerische Geschichte – Landesgeschichte in Bayern. Festgabe für Alois Schmid zum 60. Geburtstag, München 2005, Bd. 2, S. 1009-1028.). Er spricht darin vom „Erwachen einer neuen Generation“ (ebd., 1911, April, S. 2) und fordert zum „Hinschauen auf die Jungen“ (ebd., S. 4) auf. Demnach hat der grundsätzliche Optimismus und unermüdliche Arbeistgeist der geistlichen Begleiter der „Katholischen Vereinigung der französischen Jugend“ und das Verhalten der Monarchisten, „die die politischen und sozialen Ideen Leos gleich geringschätzig zurückwiesen“ dazu geführt, „in den jugendlichen Seelen einer Verbindung von Katholizismus und Demokratie in Reinkultur den Boden zu bereiten“ (ebd., S. 7). Als dann „am 10. Januar 1894 die erste Nummer der Zeitschrift `Le Sillon´“, was übersetzt „Die Furche“ bedeutet, erschienen sei, „da kamen in ihr die Stimmen und Hoffnungen, wie sie sich in der (wohlgemerkt: katholischen) Jugend wiederspiegelten, in ergreifender Lebenswahrheit zum Ausdruck“ (ebd., S. 14) Letztlich sei es aber die charismatische Persönlichkeit Mark Sangiers gewesen, die von Anfang an „die treibende Kraft der sillonistischen Gemeinschaftsbildung war“ (ebd., 1911, Mai, S. 182). Zunächst habe Sangnier für sein Projekt auch den Zuspruch des Papstes erhalten, dem „das Ziel und die Tendenzen des Sillon ... sehr gefallen“ haben und deshalb „die Bemühungen der Sillonisten, den echten katholischen Geist im Schoße der Gesellschaft zu fördern“ segnete (Brief von Kardinal Rampolla an Mark Sangnier vom 17. Dezember 1902, zitiert nach ebd., S. 191).
Um dem Konfessionalismus in der Politik entgegenzuwirken, habe dann Sangnier nach 1902 den Schwerpunkt verlagert, was sich auch in den Untertiteln der Zeitschrift „Le Sillon“ niederschlug: von „Revue d´action social catholique“ (1902) über „Revue catholique d´action sociale“ (1903) in „Revue d´action démocratique“ (1905). Diese „Verselbständigung der sillonistischen Aktion“ habe letztlich dazu geführt, dass zum einen sogar innerhalb des Sillon Gegner erwuchsen, zum anderen aber von 1907 an „der größere Sillon“ entstand (ebd., S. 192 f.; siehe dazu Marc Sangnier: Le plus grand Sillon, Au Sillon 1907). Die damit verbundene Politisierung habe letztlich zur Verurteilung des Sillon am 25. August 1910 durch Papst Pius X. geführt (ebd., S. 202).
Nachdem Platz sich dann in den nächsten Kapiteln mit der „Volkserziehungsarbeit“ (ebd., S. 325-331), der „Geistesverfassung“ (ebd., S. 331-337), den „Methoden“ (ebd., S. 461-466) und den „Leitenden Ideen“ (ebd., S. 466-479) des Sillons zugewandt hatte, wobei er insbesondere auf „Die Grundzüge des Demokratismus nach der Lehre des Sillon“ (ebd., S. 469-472) sein Augenmerk richtete, beschrieb er im nächsten Abschnitt „Die Stellung des Sillon im Ganzen der sozialkatholischen Bewegung Frankreichs“ (ebd., S. 553-559).
Dann kommt die „Kritik“ zu Wort, die sich vor allem ausdrückt in dem Satz: „In der Sorge um die Freiheit, in dem Bestreben, die demokratische Würde des Individuums zu wahren, ist der Sillon so weit gegangen, dass er gelegentlich die Aufgabe und den Sinn der Autorität verkannte. Der Individualismus, der nur auf Erziehung des einzelnen ausging, zersetzte leicht die objektiven Grundlagen, auf denen die Gesellschaft ruhte. Und Mark Sangnier ist jetzt, wo er auf diese Einseitigkeiten von autoritativer Stelle aus aufmerksam gemacht ist, aufrichtig genug, zuzugestehen, dass `gewisse bedenkliche Wirkungen´ zu konstatieren waren“ (ebd., S. 563). Und abschließend fragte Platz, was vom Sillon gelernt werden könne. Die Antwort lautete: „Der Sillon ist Romantik“ (ebd., S. 567).
Die Unterwerfung unter das Urteil des Papstes habe sie jedoch geläutert und gezeigt, dass in ihnen weder ein „`liberaler´ Glaube, der vor lauter Kritik und Bedenken, vor lauter Kleinmut und Vourteil zu den tiefsten Kraftquellen, die in ihm verborgen sind, nicht vordringt“ noch ein „`reaktionärer´ Glaube, der vor lauter Vergangenheitskult und Engherzigkeit sich in der Sakristei wie in einer Festung isoliert und sich so die Wege der Welteroberung verschließt“ der Gemeinschaft zugrundelag, „sondern der echt katholisch Glaube peinlichster Orthodoxie“ (ebd., S. 568).
In der überarbeiten Fassung von 1922 ergänzte Platz die Folgen der Verurteilung durch die Einschätzung: „Sein Unglück war, dass er nur gestützt auf mystischen Schwung leben konnte. Mit dem Tage, wo als Folge der Verurteilung diese Mystik schwand, fand sich kein Geist, der sie ersetzen und die Bewegung tragen konnte. Die Sillonisten waren die ersten Christen, die den Durst nach dem Martyrium verloren, ehe sie eine feste Theologie hatten“ (Hermann Platz: Geistige Kämpfe im modernen Frankreich, Kempten 1922, S. 411).
Der zweite Quickborn-Tag auf Burg Rothenfels (August 1920)
Bei der, der inneren und äußeren Tagung angeschlossenen Führerwoche versuchte der eingeladene Referent Hermann Platz, die Quickborner mit der französischen Jugendbewegung Sillon vertraut zu machen. Da diese vom Papst verurteilt worden war, gelte es in der eigenen Arbeit, ihre Fehler und Irrtümer zu vermeiden. Auch Steidle verweist in seinem Rückblick auf Marc Sangnier und die von ihm 1894 gegründete „Jugendbewegung Sillon“. Sangnier habe sich und seine Bewegung 1910 dem Urteil des Papstes Pius X. unterworfen habe. Dieser Gehorsam habe den Blick auf die Kirche geöffnet: “Der Wandervogel hatte uns den Weg zur Einfachheit zur Geradheit zur Wesenhaftigkeit erkämpft. Die Enthaltsamkeit war der nächste Schritt SCHÖPFERISCHER ARMUT der letzte, den wir Menschenkinder noch gehen konnten.” (Steidle, in: H. Hoffmann (Hrsg.): Die Tage auf Burg Rothenfels, a.a.O., S. 24).
Die Demokratische Internationale Marc Sangniers und ihre Kongresse
Die Umfrage vom Oktober 1920
„Im Oktober 1920 organisierte `La Démocratie´ eine große Umfrage zum Thema `Ist eine Demokratische Internationale möglich?´ Sie folgte dabei der Idee des italienischen Christdemokraten Ernesto Vercesi (1873-1936), der in einem Brief an die Zeitung ie Gründung einer demokratischen und katholischen Internationale als Gegengewicht zur „Sozialistischen Internationale" vorgeschlagen hatte.
An Weihnachten 1920 erschien in derselben Zeitschrift ein Brief des deutschen Friedensbewegten Joseph Probst an Marc Sangnier, worin der die Initiative Sangniers begrüßte (vgl. dazu G. Barry: The Disarmament of Hatred: Marc Sangnier, French Catholicism and the Legacy of the First World War, 1914-45, 2012, S. 57).
Der erste "Demokratische Kongreß" in Paris (Dezember 1921)
Josef Probst und Magnus Jocham begrüßten diese Initiative, was Marc Sangnier dazu bewog, ihnen die Teilnahme am ersten „Demokratischen Kongreß" in Paris im Dezember 1921 vorzuschlagen. eitdem pflegte „La Jeune Republique" mit dem FDK regelmäßige Beziehungen, da Marc Sangnier überzeugt war, daß die katholischen Demokraten in Deutschland unterstützt werden müßten …“
Am von Marc Sangier organisierten ersten Kongreß der “Internationale democratique pour la paix” vom 4. bis 11. Dezember 1921 in Paris nahmen also offiziell von deutscher Seite Harry Graf Kessler als Vorstandmitglied der „Deutschen Friedensgesellschaft“ sowie Magnus Jocham als Gründer des „Friedensbundes Deutscher Katholiken“ teil. Außerdem nahm das deutsche Sillon-Mitglied Joseph Probst aus Bruchsal teil, der den Kongreß mit vorbereitet hatte. Die Veranstaltung war zugleich Gründungskongreß der gleichnamigen Vereinigung. Insgesamt waren 21 Länder vertreten. Von den insgesamt 46 anwesenden ausländischen Teilnehmern waren neun aus Deutschland und drei aus Österreich (vgl. Publications du Centre de recherches Relations internationales de l ´Université de Metz, 1972, S. 23; Chaline Nadine-Josette: Empêcher la guerre. Le pacifisme du début du XIXe siècle à la veille …, 2016, S. ???).
Zur neunköpfigen deutschen Delegation gehörte neben den bereits genannten auch der Münchener Philosophieprofessor Dietrich von Hildebrand (Chaline, a.a.O.).
Jocham wurde Mitglied des „Comite de l´Internationale démocratique´, dem unter Leitung von Sangnier fünfzehn Personen angehörten, unter ihnen so bekannte Pazifisten wie Prof. Adolf Gießwein, Parlamentsabgeordneter und Vorsitzender der ungarischen Friedensgesellschaft, Max Joseph Metzger, Priester in Graz und Gründer des Weltfriedenswerkes (1917) als Mitglied der österreichischen Delegation, sowie der zum Sekretär des Komitees gewählte Franzose Georges Hoog.
Joseph Probst: Ein christlicher Friedensruf aus Paris, in: Allgemeine Rundschau, 19, 1922, 28 (15. Juli 1922), S. 330: „Auf die Woche vom 4.— 11. Dezember 1921 hatte der französische Abgeordnete Marc Sangnier,1 auf dessen erfolgreiche Tätigkeit für Völkerversöhnung hinzuweisen, mir bereits in Nr. 17 Jahrg. 1921 der „A. R." Gelegenheit geboten wurde, zu einem 1. Internationalen demokratischen Kongreß nach Paris alle jene eingeladen, die von einer demokratischen Ausgestaltung der Einzelstaaten und von einer demokratischen Regelung der zwischenstaatlichen Beziehungen eine Festigung des Weltfriedens erhoffen. Der Kongreß, welcher die Vertreter von 21 Ländern in 8tägiger Arbeitsgemeinschaft vereinte, befaßte sich demnach nicht mit der Prüfung von Verträgen und der Erörterung grenzlicher Bestimmungen, sondern hauptsächlich mit der Erziehung der öffentlichen Meinung zum Friedenswillen, zur Versöhnlichkeit. Den Veranstaltern erschien die materielle Abrüstung so lange als eine nur sehr gebrechliche Friedensgewähr, als nicht überall der sittliche Abbau des Hasses und der nationalen Leidenschaften mit ihr gleichen Schritt halten. [...] Es sprachen dann die Vertreter von 10 Ländern, u. a. für Deutschland Kaplan Jocham vom Friedensbund Deutscher Katholiken, Prof. Dr. von Hildebrand-München und Josef Probst-Bruchsal; für Oesterreich Dr. Metzger-Graz von der Kathoischen Internationale ...“
Hermann Hoffmann (vgl. Adenauer, Evelyne A.: "In elfter Stunde": Hermann Hoffmann und sein Engagement für eine ..., 2008, S. ???: „Im Dezember 1921 gründete er L' Internationale democratique pour la paix. Seine Congres democratique international pour la paix nehmen in der Geschichte der katholischen Friedensbewegung einen bedeutenden Platz ein. Es war Sangnier „qui jeta les meilleure bases pour une Internationale pacifiste d´inspiration chrétienne dans l´immédiat après-guerre.“
1922 initiierte der Friedensbund deutscher Katholiken drei Reden von Marc Sangnier (Worte des Friedens. Drei Reden von Marc Sangnier. Vorwort von Magnus Jocham, Geschäftsführer des Friedensbundes Deutscher Katholiken, übersetzt und eingeleitet von Josef Probst, Karlsruhe: "Badenia", 1922).
Der zweite Kongreß in Wien (1922)
Sangnier erneuerte die Einladung an die Deutschen auch für den zweiten Kongreß 1922 in Wien.
Der dritte Kongreß in Freiburg (August 1923)
Vom 3. bis 10. August 1923 in Freiburg fand der dritte Kongreß der Demokratischen Internationale statt, der natürlich allein dadurch, dass auf deutschem Boden stattfand, besonderes Aufsehen hervorgerufen hat. Er wurde von Joseph Joos, dem Präsidenten des deutschen Komitees der „Internationalen Demokratischen Kongresse“, und Marc Sangnier organisiert. Joos und Sangnier hatten sich im Frühjahr 1922 in Berlin getroffen. Besonders eindringlich hallte in Freiburg der Aufruf Marc Sangniers nach: „Franzosen und Deutsche, wir müssen den Haß begraben!“
Josef Probst: Der 3. Internationale demokratische Friedenskongreß vom 4.-10. August 1923 in Freiburg i. Br., in: Allgemeine Rundschau, 20, 1923, S. 438 f.: „Zum letzten Punkt gehört auch die Neubildung des Int er» nationalen demokratischen Arbeitsausschusses, der bedeutend erweitert wurde und folgenden Vorstand erhielt: Vorsitzender: Marc Sangnier, stellv. Vorsitzende: Reichstagsabg. Joos (Deutschland), Prälat Gießwein (Ungarn), Dr. Quidde (Deutschland), Serrarens (Holland). Schriftführer: Probst (Deutschland), Amberg (Schweiz), Aiello (Italien), Mlle. Swarts (Frankreich). Geschäftsführer: Georges Hoog. 34 Bd. Raspail. Paris."
Dieter Marc Schneider: Johannes Schauff (1902-1990), 2001, S. 36: „So nahm Schauff mit Berliner Kommilitonen und motiviert durch Carl Sonnenschein an dem von Marc Sangnier organisierten dritten Friedens- und Versöhnungskongreß der `Internationale Démocratique pour la Paix“ im August 1923 in Freiburg/Breisgau teil62. Dieses Treffen, so berichtet Schauff, habe vor allem zu einer persönlichen Begegnung mit den französischen Teilnehmern geführt[63 Vgl. Brief Johannes Schauff an Julius Kardinal Döpfner vom 21. November 1972 (IfZ, NL Schauff, Bd. 32). Ein deutscher Exponent der deutsch-französischen Annäherung im Rahmen der katholischen Friedensbewegung war der Mitarbeiter Carl Sonnenscheins und Romanist Hermann Platz, vgl. Riesenberger, Friedensbewegung, S. 2f.] Schauffs politische Betätigung als Student insbesondere im Rahmen des Republikanischen Studentenbundes schuf Verbindungen, die sein weiteres Leben beeinflussen sollten[64 Zum Freundeskreis der Berliner Studienjahre und des Kreises um Carl Sonnenschein gehörten auch Engelbert Dollfuß und Fritz Kühr, beide später Exponenten des ständestaatlichen Regimes in Österreich].
Reinhard Richter: Nationales Denken im Katholizismus der Weimarer Republik, 2000, S. 139: „Kongreß der „Internationale democratique" in Freiburg Anfang August 1923 nehmen zahlreiche Zentrumspolitiker teil, die in ihren Ansprachen gegen die Rheinlandbesetzung protestieren."
Tatsächlich setzte sich Sangnier daraufhin als Abgeordneter gegen die Besetzung des Ruhrgebietes und für die Versöhnung mit dem "Erbfeind" Deutschland ein, wurde dafür aber im Parlament „niedergeschrien“, weil er sich gegen die Besetzung des Ruhrgebietes und für eine Versöhnung mit dem „Erbfeind“ Deutschland einsetzte.
Stratmanns Bezug auf Sangnier (1922/1924)
Im September 1922 hielt Franziskus Maria Stratmann vor dem Katholischen Akademikerverband in Heidelberg einen umstrittenen „Cursus“ über den Friedensgedanken. Titel war „Idee und Verwirklichung des Corpus Christi mysticum“, 1924 erweitert veröffentlicht mit dem Titel „Weltkirche und Weltfriede. Katholische Gedanken zum Kriegs- und Friedensproblem“ (Augsburg 1924). Stratmann beschreibt lange und ausführlich die Aktivitäten und Haltungen von Marc Sangnier (Stratmann, a.a.O., S. 198-201). Er wies darauf hin, dass Sangnier bereits seit Mai 1907 die „Société Gratry“, eine von Alfred Vanderpol ins Leben gerufene katholische Friedensgesellschaft, mitgestaltete, selber aber stärker auf die eigene Bewegung „Le Sillon“ (Die Furche), sowohl als Organisation als auch als Zeitschrift, setzte: „Als diese Bewegung ihre idealistischen Forderungen überspannte, wurde ihr von Pius X. ein Ende bereitet, aber so, dass Sangnier seine soziale und politische Tätigkeit fortsetzen konnte und sein christlich-demokratisches Ideal nicht preiszugeben brauchte. Das Weitererscheinen seiner Tageszeitung `La Democratie´ wurde vom Hl. Vater ausdrücklich gestattet“ (Stratmann, a.a.O., S. 198). Stratmann verweist auf die vielfältigen Beziehungen, die Sangnier nach dem Krieg knüpfte und die in den ersten internationalen demokratischen Kongress im Dezember 1921 in Paris mit 4000 Teilnehmern gemündet seien, zu dem Benedikt XV. seine Segenswünsche übermittelt habe. Der zweite Kongress im Jahr darauf sei an Einmütigkeit und Erfolg weniger groß gewesen, dagegen der dritte vom 4. bis 10. August 1923 in Freiburg um so glänzender, vor allem weil unter den 7000 Teilnehmern „die JUGEND, eine neue Jugend, das belebende Element bildete. ... Eine große Schar kräftiger, wettergebräunter Jünglinge im wehrfähigen Alter, Quickborner, Großdeutsche, Hochländer, war in völlig ungewohnter innerer und äußerer Verfassung nach Freiburg gekommen, um der deutschen und ausländischen Oeffentlichkeit eine der Kriegsromantik diametral entgegengesetzte Friedensromantik zu veranschaulichen“ (Stratmann, a.a.O., S. 199 f.).
London 1924
Luxemburg 1925
Bierville 1926
Für August 1926 lädt der französische Graf Marc Sagnier zu einem mehrwöchigen Friedenstreffens der Jugend aus vielen Ländern ein, das unter dem Motto „Frieden durch die Jugend!“ auf seinem Landgut in Bierville bei Paris stattfindet. Unter den insgesamt fast 10.000 Teilnehmern sind viele Quickborner, die schon unterwegs mit ihrem „Spielmann“ Klemens Neumann und vielen Instrumenten in ihrem Singen Sprachgrenzen überwinden und Menschen ansprechen. Bei diesem Friedenstreffen in Bierville schließt Franz Stock Freundschaft mit dem jungen Franzosen Joseph Folliet.
Dieter Riesenberger: Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland: Von den Anfängen bis ..., 1985, S. 207: „Erst als mit dem Abschluß des Locarno-Vertrages und dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund die deutsch-französischen Beziehungen insgesamt auf eine neue Grundlage gestellt waren, wurden Begegnungen zwischen Deutschen und Franzosen möglich. Dem Vertrag von Locarno folgte im August 1926 ein »Locarno der Jugend«, wie der VI. Kongreß der Internationale Democratique in Bierville genannt wurde. Über 5000 meist jugendliche Teilnehmer diskutierten auf dem“
Winfried Becker: La pacifisme sous la république de Weimar et ses liens avec Marc Sangnier et Bierville, in: Institut Marc Sangnier: Marc Sangnier. La guerre, la paix (1914-1939). Actes de la journée d’études du 26 septembre 1997, Paris 1999, S. 170-195
Der Friedenskongress der Demokratischen Internationale in Würzburg und auf Burg Rothenfels
Am 9. September 1927 fand im Rahmen des Friedenskongresses der demokratischen Internationale Sangniers in Würzburg auch ein Tag auf Burg Rothenfels statt, an dem rund 100 Leute teilnahmen. Die Leitung des Kongresses der französische Graf Marc Sangnier selbst. Im vorbereitenden Ortsausschuß saß unter anderem Vitus Heller, der Führer der Christlich-Sozialen Reichspartei, die in Würzburg ihre Zentralstelle hatte. Die Rhein-Mainische Volkszeitung überreichte den Teilnehmern einen Sonderdruck des Aufsatzes von Walter Dirks über „Politik und Pazifismus“, dem er eine Grußadresse an Marc Sangnier voranstellte: „Die R.M.V. hat die Reihe der internationalen demokratischen Friedenskongresse und die zwischen den Kongressen liegende Einzelarbeit Ihrer Bewegung mit lebhaftem Interesse verfolgt und ihre Tendenzen nach Kräften unterstützt.“
Durch den Versuch der Christlich-Sozialen Reichspartei den Kongress für sich zu instrumentalisieren, ist der Kongreß letztlich gescheitert. Erneut wurde versucht, die organisierte Kriegsdienstverweigerung in die Resolution hineinzubringen, die Sangnier in der organisierten Form jedoch als „unsittlich“ ablehnte.
Hermann Platz hielt eine vielbeachtete Rede, aber ansonsten fehlten die herausragenden katholischen Vertreter. Siehe auch: Ruster, H.: Der VII. Internationale Friedenskongreß, in: Die Friedenswarte, 27/1927, H. 10, S. 294; Die gegenwärtigen Kriegsgefahren und der Kampf um den Frieden. Nach Marc Sangniers Friedenskongreß in Würzburg, in: Der Friedenskämpfer 3/1927, H. 7/8, S. 7
Über Platz und Muth aus dem Hochland, die verschiedenen Teilnehmerberichten von Sangniers Kongressen auch im Quickborn bzw. in den Schildgenossen sowie der Kongreß auf Burg Rothenfels macht es notwendig, die Haltung dieser Zentralfigur in der deutsch-französischen Friedens- und Demokratiearbeit näher zu betrachten, zumal Guardini seit April 1927 auch Bundesleiter des Quickborn war.
Weitere Tagungsorte scheinen Frankfurt und Mannheim gewesen zu sein.
Genf-Bierville (1928)
1928 Geneve-Bierville = regione parisienne Paris
Bierville und Berlin??? (1929)
1929 Bierville (Croisade de la jeunesse pour la Paix .. oder Berlin???
Bierville und Brüssel (1930)
1930 Bierville et à Ostende-Bruxelles-Anvers-Liège
Freiburg und Elsaß
1931 Fribourg-en-Brisgau-Constance-Bâle-Colmar: Le XIe congrès de l'action inter-nationale démocratique pour la paix s'est ouvert à Fribourg (Bade), le 4 août 1931
Bierville (1932)
1932 Le qui Foyer fonde de en la novembre Paix à Bierville L'Eveil dirigé des peuples par Marc (disparaît Sangnier, en 1939)