Religiöse Sozialpädagogik

Aus Romano-Guardini-Handbuch
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Religiöse Sozialpädagogik gehört zu den von Guardini in seinem frühen Wirken genuin verwandten Begriffen. So spricht er im Untertitel seines Aufsatzes "Die Liturgie und die psychologischen Gesetze des Betens" davon, dies sei "Ein Beitrag zur religiösen Sozialpädagogik". Im Text spricht er dann davon: "Es wäre also von Bedeutung für die religiöse Sozialpädagogik, die Grundbedingungen des gesunden, natürlichen religiösen Lebens zu kennen" und begründet dies mit den Folgen von Strukturfehlern im natürlichen und übernatürlichen Geistesleben.

"Es gibt bestimmte Voraussetzungen, unter denen das natürliche und übernatürliche Geistesleben gesund bleibt, wächst und reich wird. Im Einzelfall mögen diese Regeln ohne Gefahr übertreten werden, wenn irgendeine starke Seelenbewegung, eine große Notlage, eine besonders geniale Veranlagung, ein großer Zweck oder sonst etwas Ähnliches es rechtfertigt oder entschuldigt. Auf die Dauer aber geschieht das nicht ungestraft. Gleichwie das Leben des Körpers verkümmert oder krank wird,` wenn die Vorbedingungen seines Wachstums auf die Dauer nicht beachtet werden, so ergeht es auch dem Leben des Geistes und der Religion: Es wird krank, verliert seine Frische, Kraft und Einheit. Das gilt ganz besonders dann, wenn es sich um das regelmäßige religiöse Leben einer Gemeinschaft handelt. Im Leben des Einzelnen hat die Ausnahme trotz allem noch einen größeren Spielraum. Sobald aber die religiöse Betätigung einer Mehrheit in Frage steht, sobald es sich also um objektive Einrichtungen, Übungen, Formulare handelt, die das ständige gemeinsame Andachtsleben ordnen, dann ist es eine Existenzfrage für dieses Gemeinschaftsleben, ob die Grundgesetze des gesunden natürlichen und übernatürlichen Lebens darin beobachtet werden oder nicht. Denn hier dreht es sich nicht um Formen des religiösen Verhaltens, die nur einem augenblicklichen Bedürfnis genügen sollen, sondern um bleibende Einrichtungen, die fortwährend ihren Einfluß auf die religiöse Seelenverfassung ausüben. Sie sollen nicht einem ganz individuell gestalteten Seelenzustand Ausdruck geben, sondern dem normalen, religiösen Leben des Alltags gerecht werden. Sie stellen nicht die religiöse Lebensform eines bestimmt veranlagten Menschen dar, sondern einer aus den verschiedensten Individualitäten zusammengesetzten Gesamtheit. So ist es klar, daß sich jeder Strukturfehler mit unausweichlicher Notwendigkeit durchsetzen wird. Anfangs wird er wohl noch durch die konkreten Bedingungen, Erregungen, Bedürfnisse verdeckt, welche die betreffende Form religiöser Betätigung entstehen ließen. Je mehr diese aber verschwinden und die normale Seelenlage hergestellt wird, desto stärker wird jeder innere Fehler zum Durchbruch kommen, in die Breite und Tiefe wirken."

Verwendung vor Guardini

Bislang scheint schriftlich nur Ernst Troeltsch einmalig diesen Begriff verwendet zu haben. Er spricht in Bezug auf Loisy davon: "Prinzipieller kann man auf die Gegenwartsprobleme nicht eingehen, und doch kann man dem gläubigen Katholiken, der Loisy in alledem geblieben ist, nachempfinden, daß er sie in der von Jesus ausgehenden großen Gemeinschaftsorganisation gelöst sehen möchte, um durch eine Art religiöser Sozialpädagogik, auf die ihm die Unfehlbarkeit zusammenschrumpft, den Menschen zur Sicherheit eines ethischen Glaubens zu verhelfen, der sich nicht neben seinen großen bisherigen Organisationen, sondern in ihnen anbauen soll." Es ist eher unwahrscheinlich, dass Guardini sich mit seiner Verwendung darauf bezieht."