Pinchas Lapide

Aus Romano-Guardini-Handbuch

Pinchas Lapide

Biographie

Bibliographie zu Guardini

  • Die Bergpredigt. Utopie oder Programm?, Mainz 1982; (5)1985; (2)1990; Münster/Berlin (1. und 2)2010, zu Romano Guardini, 2010, S. 44 antijudaisches Zitat aus „Der Herr“ zitiert nach Charlotte Klein: Theologie und Antijudaismus, München 1975, S. 55: "Nach Romano Guardini handele es sich im Judentum um Heuchelei: "Außen hoch entwickelte Gewissenhaftigkeit; innen Härte des Herzens; außen Gesetzestreue, innen Sünde"" [neu aufgenommen] - [Monographie] - Münster 2010: https://books.google.de/books?id=ekFxCxcswvAC
    • auch in englischer Übersetzung: The Sermon on the Mount, Utopia Or Program for Action?, 1986 [Monographie] - [noch nicht online]
  • Der Pharisäer Jesus und das "Gesetz", in: Jesus - ein gekreuzigter Pharisäer?, 1990, S. 11-28, zu Romano Guardini S. 11: "Stellvertretend für viele sei hier Romano Guardini zitiert : »So ist aus dem Bunde , der in Glaube und Gnade wurzelte ... ein verbriefter Vertrag mit Recht und Anspruch geworden Im Grunde handelt es sich beim Gesetz um Heuchelei: außen hochentwickelte Gewissenhaftigkeit, innen Härte des Herzens, außen Gesetzestreue, innen Sünde" (Der Herr, Würzburg 1964, 194)" [Monographie] - https://books.google.de/books?id=z6kqAQAAMAAJ
    • auch in: Entfeindung leben?, Gütersloh 1993, S. 40-59, zu Romano Guardini S. 40: "Stellvertretend für viele sei hier Romano Guardini zitiert: "So ist aus dem Bunde, der in Glaube und Gnade wurzelte, .... ein verbriefter Vertrag mit Recht und Anspruch geworden ... Im Grunde handelt es sich beim Gesetz um Heuchelei: außen hochentwickelte Gewissenhaftigkeit, innen Härte des Herzens, außen Gesetzestreue, innen Sünde" (Der Herr, Würzburg 1964, 194)"
    • wieder in: Wer predigte in ihren Synagogen?: Eine jüdische Sicht auf Jesus von Nazareth. Zum 100. Geburtstag von Pinchas Lapide, hrsg. von Yuval Lapide, 2022, zu Romano Guardini S. 91: I.6. Das Gesetz - Last oder Lust? In: Entfeindung leben?, 40-59 - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=QERnEAAAQBAJ&pg=PT91

Bewertung

Ohne Frage hat dieses auf diese Weise isolierte Guardini-"Zitat" aus Guardini "Der Herr" antijudaisches Potential, obwohl es "nur" den biblischen Antijudaismus referiert, ohne ihn aber zu korrigieren oder zumindest relativieren. Umgekehrt scheint es aufgrund eines einzigen Zitates aus einem so umfangreichen Werk Guardinis nicht legitim auf eine grundsätzlich antijudaische Haltung Guardinis in seinem Werk zu schließen. Bedauerlicher Weise hat - anders als Martin Buber - Pinchas Lapide offensichtlich Guardini nur über die verwandte Sekundärliteratur von Charlotte Klein rezipiert, da er sonst in seinem seinerseits sehr umfangreichen Werk sich nirgends auf Guardini bezieht. Dies ist zu bedauern, da er von Charlotte Klein einen verkürzten Kontext und eine Veränderung des Zitats übernimmt.

Der Kontext des Zitates

Der Abschnitt, aus dem das "Zitat" entnommen ist, lautet:

"Zugleich aber trat auch eine seltsame Verkehrung ein. Das Gesetz sollte das Volk für Gott in Besitz nehmen; durch jedes Gebot wollte Gott Hand auf es legen – in Wahrheit nahm aber das Volk das Gesetz für sich in Besitz und machte daraus das Gerüste seiner weltlichen Existenz. Aus dem Gesetz leitete es einen Anspruch auf Größe und Herrschaft in der Welt her, und baute Gott mit seiner Verheißung in diesen Anspruch ein. Immer wieder stellte der Gesetzeswille der Priester und Schriftgelehrten sich gegen die Freiheit Gottes. In den Propheten redete diese Freiheit und wirkte Geschichte nach ihrem Ratschluß; die Vertreter des Gesetzes aber stellten sich gegen sie und suchten ihr aufzuzwingen, wie sie sich zu verhalten habe – bis die beiden Reiche zusammenbrachen, das Volk in die Verbannung geschleppt wurde und dann, nach kurzer Erneuerung unter den Makkabäern, jede politische Macht zerfiel. Zugleich verstummte die Stimme der Propheten. Menschlich gesprochen haben die Vertreter des Gesetzes gesiegt. Sie haben Gott und seinen Willen als Garanten der Gesetzesherrlichkeit des Volkes festgelegt. Je tiefer die äußere Macht sank, desto größer wurde ihr Stolz und desto fanatischer ihre Hoffnung. Damit stellten sie sich der römischen Macht, der griechischen Bildung, der asiatischen Verführung entgegen – aber auch Christus. So ist aus dem Bunde, der in Glauben und Gnade wurzelte; der Treue gegen Treue, Herzenshingabe gegen Gottesgnade setzte, ein verbriefter Vertrag mit Recht und Anspruch geworden. Dazu kam jenes andere, von dem Jesus mit so schwerem Ernst redet: die Heuchelei. Außen hochentwickelte Gewissenhaftigkeit; innen Härte des Herzens. Außen Gesetzestreue, innen Sünde – aber Sünde ohne Erkenntnis, ohne Reue und Erlösungsverlangen (Mt 15,7; 22,19; 23,13–35). Auf diese Gesinnung ist Jesus gestoßen. Sie hat Ihm immer wieder die Anklage entgegengeworfen, Er, der freie Sohn Gottes, sündige gegen das Gesetz. Er verletze das Gebot; breche die Überlieferung; frevle gegen den Tempel; verrate das Volk; vereitle die Verheißung. Überall traf sein Wort, das die Freiheit Gottes brachte, auf festgewordene Begriffe. Überall prallte seine Liebeskraft auf einen Panzer, der nichts durchließ. Er, der aus der Fülle seines Herzens redete, welches alle Tiefen der Schöpfung und alle Liebeskräfte Gottes in sich trug, war von Fachleuten des Gesetzes, von Wächtern und Spionen und von einer Hinterlist umlauert, die durch alle Schärfe des Verstandes und alle Zähigkeit des Willens bedient war. Eine furchtbare Verkehrung des Göttlichen hat sich da vollzogen – wie grauenhaft, mag aus dem einen Satz hervorgehen, den die Pharisäer dem obersten Richter, dem römischen Statthalter Pilatus entgegenhielten, als dieser aus natürlichem Rechtsgefühl heraus erklärte, er finde an dem Angeklagten keine Schuld: »Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz muß er sterben.« (Joh 19,6–7) Das Gesetz, das Gott gegeben, ist so höllisch verkehrt worden, daß nach ihm Gottes Sohn sterben mußte!"

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