Guardinis Distanz zum Rechtskatholizismus, Staatskatholizismus, Nationalkatholizismus und katholischen Deutschnationalismus seiner Zeit

Aus Romano-Guardini-Handbuch

Guardinis Distanz zum Rechtskatholizismus, Staatskatholizismus, Nationalkatholizismus und katholischen Deutschnationalismus seiner Zeit

Auffallend ist, dass sich mit den von Guardini aber keineswegs unkritisch gesehenen Ausnahmen von Martin Spahn und Carl Schmitt, ist auffällig, dass im unmittelbaren Umfeld von Guardini keine Vertreter des Rechtskatholizismus, Staatskatholizismus, Nationalkatholizismus und katholischen Deutschnationalismus seiner Zeit finden.

Die nationalkatholische "Deutsche Vereinigung"

1907/08

Die gilt zum ersten für die Nationalkatholiken um Wilhelm von und zu Hoensbroech (1849-1922) und seiner 1908 gegründeten, nationalkatholischen „Deutschen Vereinigung“. Zu den "Nationalkatholiken" sind außer Hoensbroech zu zählen: Johann C. Matthias Klein (laut Horst Gründer, wohl eher Friedrich Wilhelm Klein (1834-1908)), Rene von Boch-Galhau (1843-1908), Clemens Freiherr von Schorlemer-Lieser (1856-1922), Karl von Ledebur-Crollage (1864-1922), Theodor von Guilleaume (1861-1931), Gottfried von Korff-Sutthausen (1855-1924), Alfred zu Salm-Reifferscheidt-Krautheim und Dyck (1863-1924), Alfred von Strachwitz (1854-1926) sowie Hans Schreuer (1866-1931).

Über seine Ehe mit der jüngsten Tochter des Geheimrats Rene von Boch, Martha von Boch (1880-1961) war Franz von Papen in diesen Kreis von Nationalkatholiken eingetreten (vgl. dazu: Herbert Gottwald: Deutsche Vereinigung (DV) 1908-1933, in: Die bürgerlichen Parteien in Deutschland. Handbuch der Geschichte der bürgerlichen Parteien und anderer bürgerlicher Interessenorganisationen vom Vormärz bis zum Jahre 1945, Berlin 1968, Bd. I).

Die Katholiken in der DVLP (1917/18)

1917 rief Graf Hoensbroech schließlich alle Mitglieder der Vereinigung auf, der von ehemaligen Großadmiral Alfred von Tirpitz und dem Generallandschaftsdirektor Wolfgang von Kapp begründeten "Deutschen Vaterlandspartei", die sich als "nationale Bewegung" im Zeichen innenpolitischer Reaktion und Siegfriedens-Propaganda formierte, beizutreten. Die im September 1917 gegründete Partei löste sich allerdings im Dezember 1918 bereits wieder auf.

Die Katholiken in der DNVP

1920/21

Nach dem Weltkrieg dürften die restlichen Parteigänger der "Vereinigung", die bis 1933 fortbestand, ihre politische Heimat in der im November 1918 gegründeten "Deutschnationalen Volkspartei" (DNVP) gefunden haben, die alsbald einen eigenen rechtskatholischen Flügel besaß. Von nun an rief eine 1920 durch das DNVP-Mitglied Georg Lossau (1885-Sterbejahr unbekannt) gegründete "(Nationale) Arbeitsgemeinschaft deutscher Katholiken" zur Wahl der DNVP auf. Die Verankerung der Arbeitsgemeinschaft innerhalb der DNVP ist unklar.

Denn im August 1920 wurde durch Lejeune-Jung (1882-1944), Engelbert von Landsberg-Velen, der von 1920 bis 1929 der Vorsitzende war, Max von Gallwitz (1852-1937) und anderen der "Reichsausschuss der Katholiken in der Deutschnationalen Volkspartei" gegründet, für die Paul Lejeune-Jung und Johannes Pritze (1887-Sterbejahr unbekannt) ab Februar 1921 das "Katholische Korrespondenzblatt" herausgab.

1921/24

Außer Franz von Papen, der aber bis 1932 formal im Zentrum blieb und erst dann zur DNVP wechselte, stellten insbesondere ab 1921 Martin Spahn (1875-1945) und ab 1924 sein "Jünger" Eduard Stadtler (1886-1945), vormaliger Verbandssekretär der Windthorstbünde, Bindeglieder zwischen Rechtskatholiken und DNVP dar.

Der Historiker Horst Gründer sieht den späteren Rechtskatholizismus in Franz von Papen (1879-1969) repräsentiert und wies auf die Kontinuität zum Nationalkatholizismus hin: „Papen verkörperte in gewisser Weise noch die Kontinuität zu den `Nationalkatholiken´ des Kaiserreiches; denn nach 1918 wies vor allem sein Name neben dem Wilhelm von und zu Hoensbroechs, Clemens von Schorlemer-Liesers und des Grafen von Strachwitz auf den ursprünglich `nationalkatholischen´ Charakter der `Deutschen Vereinigung´ hin.“ (Horst Gründer: Rechtskatholizismus im Kaiserreich und in der Weimarer Republik unter besonderer Berücksichtigung der Rheinlande und Westfalens, 1982, S. 149, FN 150; vgl. auch S. 154 f.).

1929

Nach Streitigkeiten in der DNVP um ein Konkordat Preußens mit dem Heiligen Stuhl legte der Vorsitzende des Reichskatholikenausschusses der DNVP, Freiherr von Landsberg-Steinfurt, den Vorsitz aus Protest nieder und erklärte den Austritt aus dem Ausschuß. Mit ihm vollzogen letzteren Schritt Paul Lejeune-Jung, Max Wallraf, Kurt Ziesche, Seidel, Freiherr von Schönberg, Max Buchner und Willhelm Glasebeck. Nach diesem Aderlass einen Großteils der führenden katholischen DNVPler verblieben, die nach und nach auch die Partei verließen, blieben nur noch wenige Katholiken in der DNVP, bis 1932 Franz von Papen in die DNVP eintrat und bis zur Auflösung der DNVP noch einmal eine Gegenbewegung in Gang setzte.

1931

Im Sommer 1931 gründete Lossau die „Katholische Vereinigung für nationale Politik“. Sie sollte wohl parteiübergreifend für alle Rechts- und Nationalkatholiken in den Rechtsparteien bis hin zur NSDAP wirken. Eine wichtige Funktion hatte darin der ursprünglich evangelische Theologe, Historiker und Archivar Karl Heinrich Schäfer (1871-1945), der 1902 zum Katholizismus konvertiert hatte (Schäfer wurde später nach Denunziationen durch die Nationalsozialisten ab 1934 verfolgt und starb 1945 im KZ Sachsenhausen).

Der Bund "Kreuz und Adler"

Die Wurzel im "Görreskreis katholischer Deutscher" (April bis Oktober 1933)

Organisatorischer Ausgangspunkt für diese Gründung ist - auch in der Erinnerung Josef Piepers (Vgl. Noch wusste es niemand. Autobiographische Aufzeichnungen 1904-1945, München 1976, 100f.) der “Görreskreis katholischer Deutscher” in Köln gewesen, ein Kreis eben um jenen Historiker Albert Mirgeler, den Laacher Abt Ildefons Herwegen und seinem Mitbruder Damasus Winzen und wohl auch um den angesehenen, ehemaligen Kölner Studentenpfarrer, Universitätsprediger und Herausgeber der ökumenischen Zeitschrift “Catholica” Robert Grosche, zur Abtei Maria Laach gehöriger Oblate des hl. Benedikt. Seit etwa 1929 mündete das ganze Unternehmen dann in eine Art “Reichstheologie”. Diese „Reichstheologie“ versuchte dann Franz von Papen für seine monarchisch-ständischen und national-konservativen Vorstellungen zu instrumentalisieren. Begonnen hatte dies im Frühjahr 1932 auf der zweiten “soziologischen Sondertagung” des deutschen “Katholischen Akademikerverbandes” in Maria Laach. Schließlich rief dieser Görreskreis in einer Flugschrift zur Unterstützung der nationalen Erhebung unserer Tage auf:

„Die nationale Erhebung unserer Tage hat das ganze deutsche Leben erfaßt. Ein Umbruch und eine Rückbesinnung auf Natur und Wirklichkeit volkhaften Seins vollzieht sich. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, diesem Umbruch Ein-halt zu tun, sondern es gilt, ihn weiterzutragen: auch in das katholische Deutschland hinein. Um unserer Liebe zu unserem Volk willen, und weil wir an die Ewigkeit der Kirche glauben, gilt es zu verzichten auf gewisse zeitbedingte Formen politischen und kulturellen Einsatzes, wie sie in vergangener Zeit gewachsen waren. Neue Verhältnisse bedingen neue Wege des Einsatzes. So rufen wir vor allem die Jugend auf, die seit Jahren um Geltung ringt und mit Liebe diesem Volk zugehört, jetzt mit uns zu sein in dem Ringen um ein neues Deutschland, ein „Ja“ zu sagen zu den Kräften und zu dem führenden, die Verantwortung vor Volk und Staat tragenden Mann der nationalen Bewegung. … Eine neue öffentliche Meinung gilt es durchzusetzen, die nicht parteimäßig gebunden ist, sondern über alle Gruppierungen das größere, das Volk sieht. Es gilt die volkhaften Organgebilde Familie, Stand, Gemeinwesen in ihrer Wirklichkeit und Bedeutsamkeit für neue Volksbildung zu sehen und in schlichter Arbeit an ihrem Aufbau zu wirken: denn in ihnen müssen Volk und Nation sichtbare Gestalt gewinnen. Wir stellen uns mit Bewußtsein über die Spaltungen, die durch unser Volk gehen, nehmen das Wagnis des Glaubens auf uns und wollen in der Hoffnung, dass das Reich wachse und allen ein Hort werde, mitarbeiten an seiner Gestaltung. Die nationale Bewegung trägt das Konservative in sich, wie es der Katholik in sich trägt. Es gilt diese Lebenskräfte fruchtbar für die Neugestaltung der Gesellschaft zu machen, um in der heutigen Zeit zu wirken. Unsere Arbeit hat begonnen. Wer mitarbeiten will, stoße zu uns! Meldungen derer, die unsere Gesinnung teilen, an Görreskreis, Köln, Gereonshof 7. Köln, im April 1933 Görreskreis katholischer Deutscher.“ (Zitiert nach Berthold Wald: »Aktualisierung durch Enthistorisierung«, in: Philosophisches Jahrbuch 104/105 (1997), S. 175-181, hier S. 180).

In einem Brief vom 31. März 1933 hat Pieper gegenüber Heinz Raskop (1904-1985), mit dem zusammen er das Dortmunder Institut für Neuzeitliche Volksbildungsarbeit leitete, begründet, warum er den Aufruf des „Görreskreis Katholischer Deutscher“ nicht unterzeichnete. Die Aktivität des Görreskreises ging ihm dabei für seine Person zu weit in Richtung „Frontkampf“: „Sie wissen, wo ich meine Aufgabe sehe, und dass sie sich vor allem auf das Theoretische und Allgemeine – allerdings sofern es Grundlage des Handelns ist – bezieht. Aus dem Bewußtsein dieser Aufgabe erklärt sich zum eine Teil auch meine Ihnen ja hinlänglich bekannte Bemühung, mich aus dem ‚Frontkampf’ fernzuhalten; (zum anderen Teil ist sie Ausdruck meiner bestimmten persönlichen Eigenart)“ (Berthold Wald: Dimensionen des Menschseins – Josef Pieper: Perspektiven zur Deutung seines Werks, http://www.hottopos.com/rih21/P05a12.pdf unter Verweis auf ders., „Aktualisierung durch Enthistorisierung“. Zu einem Brief von Josef Pieper an Gustav Gundlach aus der Zeit der NS-Diktatur; in: Philosophisches Jahrbuch 104 (1997), S. 179 f.).

Gründung und Sammlungsaufruf (3./4. April 1933)

Nach der Gründung des "Bundes Deutscher Katholiken `Kreuz und Adler´" am 3. April riefen die gründenden „christlich-konservative Katholiken“ unter der Schirmherrschaft von Papens dazu auf, sich diesem Bund anzuschließen.

Den Aufruf "An den katholischen Deutschen" hatten etwa 20 „katholische Gelehrte, Volkserzieher und Jungakademiker“ unterzeichnet, darunter neben Papen und Ritter laut Böckenförde neben Emil Ritter auch Ferdinand von Lüninck, Otto Schilling, Theodor Brauer, Karl Gottfried Hugelmann, Eugen Kogon und Albert Mirgeler (Böckenförde, a.a.O., S. 130). Bei anderen finden sich auch die Namen Alois Dempf, Carl Schmitt, Robert Grosche und Pater Damasus Winzen OSB.

Er wurde unter dem Titel "Kreuz und Adler. Aufruf" unter anderem abgedruckt in der Zeitschrift "Deutsches Volk" ( I, 1933/34, S. 68). Vgl. zum Beispiel online den Hinweis darauf in: Revalsche Zeitung, Nr. 77 (4. April 1933) - https://dea.digar.ee/?a=d&d=revalschezeitung19330404.2.18

Der als Programmschrift formulierte Gründungsaufruf lautet: „Aus der Erkenntnis der nationalen Notwendigkeit ist in diesen Tagen ein Bund katholischer Deutscher `Kreuz und Adler´ entstanden; sein satzungsmßiger Zweck ist: den christlich-konservativen Gedanken im deutschen Volke zu vertiefen, das Nationalbewußtsein der katholischen Deutschen zu stärken und den Aufbau des kommeden Reiches geistig zu fördern. Wir laden alle katholischen Deutschen ein, sich dem Bunde anzuschließen, sofern sie seine Ziele bejahen können. Der Bund ist überparteilich, das heißt er fragt nicht nach der parteipolitischen Haltung seiner Mitglieder und verzichtet auf die den Parteien eigentümlichen Betätigungsformen. Durch sein Wirken vermag er wohl die Parteien, die sich dem christlich-konservativen Gedanken erschließen, zu befruchten. Sein Erfolg ist aber nicht an den Bestand von Parteien gebunden, die für das konservative Denken ohnehin zeitbedingte Gebilde sind. Unser Zukunftsglaube beruht darauf, dass sie vom christlichen Erbgut und von der Idee des Reiches der Deutschen überdauert werden. Kreuz und Adler!“ (zitiert nach Alfons Kupper: Staatliche Akten über die Reichskonkordatsverhandlungen 1933, 1969, S. 73)

Der Aufruf enthielt bereits gleichzeitig die Bekanntgabe der vorläufigen Bundesleitung. Genannt sind als geschäftsführender Vorsitzender Emil Ritter, außerdem Freiin von Hertling, Richard Kleine, Eugen M. Kogon und Albert Mirgeler.

Der Name "Kreuz und Adler"

Die Verwendung der Symbolbegriffe „Kreuz und Adler“ für Kirche und Reich hatte vor allem der italienische Dante-Forscher Luigi Valli (1922 und 1928/29) befördert (Luigi Valli: Il segreto della croce e dell´aquila nella Divina Commedia, Bologna 1922. In einer deutschen Zusammenfassung dann ders.: Kreuz und Adler bei Dante, in: Europäische Revue, 4. Jg., Halbband 1928/29, S. 767-773). Der gesamte “Symbolismus” der “Göttlichen Komödie” stelle sich “als eine Reihe von überraschenden Symmetrien von Kreuz und Adler” dar (S. 769f.). Vallis Dante-Studien wurden in Deutschland vor allem durch den Historiker Albert Mirgeler (1930) rezipiert. Mirgeler schreibt einen Nachruf für Valli (in: Der Ring, 4. Jg., 1931, S. 204), schrieb zuvor schon über "Kreuz und Adler" (Kreuz und Adler, in: Der Ring, 3. Jg., 1930, S. 906-908; erneut: Münchener Neuste Nachrichten, Jg. 1933, Nr. 83 (April)). In Anlehnung an Valli schreibt Mirgeler, dass Dante in der Divina Commedia über den Traktat De monarchia hinausgeht und „das Imperium nicht nur als gottgewollt und notwendig zur Erreichung des irdischen Wohles verteidigt, sondern den Adler neben dem Kreuze Christi als ein Zeichen des Heiles errichtet“ (S. 906) Daher ergebe sich auch eine „Heilsnotwendigkeit des Staates“ (S. 907) (Vgl. dazu Klaus Breuning: Die Vision des Reiches. Deutscher Katholizismus zwischen Demokratie und Diktatur (1924-1934), München 1969, S. 227). Aber mit Einschränkungen findet sich diese Rezeption auch bei Alois Dempf (1929 und 1931/32). Auch er sieht in Dante einen “konservativen Reichstheoretiker” (Alois Dempf: Sacrum Imperium. Geschichts- und Staatsphilosophie des Mittelalters und der politischen Renaissance, München/Berlin 1929; ders.: Das Dritte Reich. Schicksale einer Idee, in: Hochland, 29. Jg., Bd. 1, 1931/32, S. 43) (vgl. dazu Andreas Koenen: Visionen vom “Reich”. Das politisch-theologische Erbe der Konservativen Revolution, in: Andreas Göbel/Dirk van Laak/Ingeborg Villinger (Hrsg.): Metamorphosen des Politischen. Grundfragen politischer Einheitsbildung seit den 20er Jahren, Berlin 1995, S. 61). Letzterer wies - laut Berning - immerhin doch „die bedeutungslose reichsideologischen Aktionen des Kreises um Franz von Papen zurück und tadelte den ansonsten hochverdienten Abt von Maria Laach, Ildefons Herwegen, so wie den Katholischen Akademikerverband für seine politische Naivität, auf Papen hereinzufallen.“ (Berning, a.a.O., S. 240).

Die ersten Reaktionen auf den Bund

Der Aufruf sorgte für Aufsehen. Die Rheinische Volkszeitung/Wiesbadener Volksblatt hatte bereits am Tag darauf, dem 4. April 1933, aus der Sicht des Zentrums und des Volksvereins für das katholische Deutschland die Notwendigkeit eines solchen Bundes in Frage gestellt: „Der Inhalt des Aufrufes beweist ..., dass eine Notwendigkeit für diese neue katholische Organisation nicht besteht ... Der große Sammelpunkt der deutschen Katholiken muß und soll nach wie vor der Volksverein für das katholische Deutschland sein.“ (Rheinische Volkszeitung/Wiesbadener Volksblatt vom 4. April 1933, zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 229).

Die Augsburger Postzeitung dagegen vermerkte einige Tage später im Vergleich zwischen „altem“ und „neuem“ politischen Katholizismus: „Wenn man den in der GERMANIA erschienenen und vermutlich aus der Feder des Zentrumsführers Kaas stammenden programmatischen Artikel über den Weg und die Aufgabe des Zentrums mit dem Aufruf des neuen Bundes KREUZ UND ADLER vergleicht, so kann man wahrlich kaum einen Unterschied in der Beurteilung der Aufgabe erblicken, die den katholischen Söhnen des deutschen Volkes in dieser Schicksalsstunde der Nation als heilige Aufgabe übertragen ist“ (Augsburger Postzeitung vom 7. April 1933, zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 230).

Karl Bachem hielt laut einer Notiz am 11. April 1933 den Bund für wenig zukunftsreich, da für Papen und manche Mitglieder dieses "recht losen Gebildes" die Wendung "christlich-konservativ2 so ziemlich dasselbe sei wie "christlich-reaktionär oder schließlich wie reaktionär ohne ... christlich" (zitiert nach Rudolf Morse, Die Deutsche Zentrumspartei, in: ders./Erich Matthias (Hrsg.): Das Ende der Parteien 1933. Darstellung und Dokumente, 1979, S. 374).

Der Bund "Kreuz und Adler" in Österreich

Von Anfang an stand auch das großdeutsche Anliegen im Zentrum der Überlegungen. Am 13. April 1933 erschien in der RMV eine Notiz, dass „Kreuz und Adler“ auch in Österreich aktiv werden würde. Die österreichische Schwesterorganisation solle vor allem „den Anschluß an das Reich und die Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten betreiben“ (RMV, 13. April 1933, zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 233).

In Österreich setzten sich ab Mai 1933 neben Eugen Kogon vor allem Hans Eibl, Hugelmann, Baron von Marnegg und Prinz Rohan sowie ein Kreis von Jüngeren mit Anton Böhm, Wolf, Riedl, Flohr, Pessl und Ternick für den Bund „Kreuz und Adler“ einsetzte (vgl. Breuning, a.a.O., S. 337).

Der Bundesausschuss und Geschäftsführung

Zum Bundesausschuß gehörten darüber hinaus: Nikolaus Graf von Ballestrem, Carl Bödiker, Theodor Brauer, Kuno Brombacher (1890-1968), Gert Buchheit, Max Buchner, H. Dyckoff, Hans Eibl, Freiherr von Gagern, Wilhelm Golling, Karl Hugelmann, Ernst Kemmer, Karl Linz, Hermann Marx, Josef Minn, Franz Reichert, Hermann Rosenberger, F. Schramm, Otto Schilling, Theodor Seidenfaden, Reinhold Spottke, Jose Sterken, J. Vogt. Außer Theodor Brauer findet sich also kein weiterer Name darunter, der bereits damals mit Guardini in irgendeinen Zusammenhang zu bringen wäre.

Franz von Papen blieb als Schirmherr zwar omnipräsent, hielt sich aber in der Leitung im Blick auf seine politischen Ämter zurück. Überraschenderweise tauchen aber in der engeren oder weiteren Leitung des Bundes – außer Mirgeler - weder die Benediktiner Herwegen oder Winzen, noch Robert Grosche, und auch nicht Alois Dempf oder Carl Schmitt auf, ebensowenig in den alsbald herausgegebenen sogenannten „Führerbriefen“. Die meisten Beiträge stammten hier vielmehr von von Papen selbst, meist durch Abdruck seiner Reden, sowie von Emil Ritter (Leitartikel) und Kuno Brombacher.

Geschäftsführender Vorsitzender blieb weiterhin Emil Ritter. Eugen M. Kogon leitete daneben die Vermittlungsstelle des Bundes für Österreich.

Die erste Tagung des Bundes in Maria Laach (Ende April 1933)

Vom 26. bis 28. April 1933 fand in Maria Laach dann die erste Tagung des neuen Bundes „Kreuz und Adler“ statt. Diese Tagung über „die geschichtlichen Voraussetzungen“ und den „politischen Aufbau des Reiches der Deutschen“ hatte Robert Grosche initiiert (Führerbriefe Nr. 1, Mai 1933, S. 14, siehe Breuning, a.a.O., S. 231).

Es nahmen daran rund 20 “katholische Gelehrte, Volkserzieher und Jungakademiker” teil.

Die Referate hielten:

  • Damasus Winzen („Gedanken zu einer „Theologie des Reiches“, publiziert u.a. in: Catholica, 2, 1933, S. 97-116)
  • Alois Dempf („Über die Geschichte des Reichsgedankens“)
  • Albert Mirgeler („Der Einbruch des Judentums in die christliche Geschichte“, publiziert in: Catholica, 2, 1933, S. 117-124). Dieser in hohem Maße antijudaische und antimohammedanische Text geht zwar zunächst von einer Kritik des „fortschreitenden Abfalls der abendländischen Christenheit von sich selber“ aus, „deren letzte entscheidende Phase durch den endgültigen Untergang des Heiligen Reiches gekennzeichnet“ sei (ebd., S. 119). Dann aber von der dialektischen Unterjochung durch ein säkularisiertes Judentum spricht: „einerseits wird der Zufall (! Zerfall, HZ) der traditionellen Bindungen mittels des Liberalismus fortgesetzt und beschleunigt, andererseits anstelle dieser Bindungen eine neue Bindung absoluter pseudotheologischer Dignität gesetzt. ... Die geschichtliche Konsequenz dieses `anderen Glaubens´ würde übrigens über die geistige und politische Hörigkeit hinaus zur faktischen Selbstvernichtung der christlichen Welt führen: durch einen prinzipiellen und in seiner messianischen Utopie ziellosen Kampf der Klassen, Nationen und Rassen.“ (ebd., S: 123). Der Text gipfelt in einer antijudaischen Interpretation des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis, da dies den Erlöser, der „schon nach dem Dogma der jungfräulichen Geburt von der Vaterseite her aus dem natürlichen Verbande seines Volkes gelöst“ gewesen sei, nun die Mutter „aus der (über Juden und Heiden verhängten) erbsündlichen Verderbnis ... auch aus der BESONDEREN Ausprägung dieser Verderbnis im jüdischen Säkularismus“ gelöst sei. (ebd. S. 124).

Überparteilichkeit und Satzung

Wenig später wird vom Bundesamt wohl aufgrund diesbezüglicher Kritik, eine getarnte Partei zu sein, bekannt gegeben: „Der Bund `Kreuz und Adler´ ist keine getarnte Partei, kein allgemeines Sammelbecken der Katholiken, kein Ersatz für fragwürdig gewordene Machtstellungen, sondern eine zielstrebige Bewegung“ (zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 328).

Im endgültigen Entwurf für die Satzungen hieß es schließlich: „Zweck des Bundes Kreuz und Adler ist die überparteiliche Zusammenfassung der katholischen Deutschen. Er will dadurch die in der römisch-katholischen Kirche und durch die große politische Tradition des deutschen Reiches gegebenen politischen Formkräfte auch für die gegenwärtige nationale Erneuerung im Sinne der dem deutschen Volke von Gott gegebenen historischen Sendung und Aufgabe fruchtbar machen. Im Hinblick auf die sachlichen Notwendigkeiten der Gegenwart sollen besonders herausgestellt werden: die Reichsidee, das Autoritätsprinzip und der Gedanke der ständischen Gliederung“ (zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 330).

Hermann von Detten hatte dagegen eine andere Lösung vorgeschlagen: „I. Zweck der Vereinigung `Kreuz und Adler´ ist die Zusammenfassung wertvoller katholischer Deutscher Kräfte konservativer Haltung mit dem Ziele der Durchdringung des Deutschen Katholischen Volkes mit katholischem und nationalem Geiste und seiner lebendigen, vorbehaltlosen Mitarbeit an dem werdenden christlichen nationalen und sozialen Reiche großdeutscher Grundlage. II. Die Vereinigung `Kreuz und Adler´ lehnt das Parteiwesen vorbehaltlos ab. ... V. Die Führung der Vereinigung `Kreuz und Adler´ hat sein Gründer und Schirmherr, der Vizekanzler Franz von Papen auf Lebenszeit. ... Die Vereinigung lehnt eine sogenannte Führung nach demokratischen parlamentarischen Grundsätzen ab. Sie bekennt sich vorbehaltlos zum FÜHRERPRINZIP, auch in dieser Beziehung ihrer konservativen Einstellung gemäß.“

Ausgeschlossen bleiben sollten danach ausdrücklich Katholiken weiblichen Geschlechts, seelsorgerlich-beamtete Geistliche und „solche Katholiken, die in den zwischenstaatlichen Zuständen (1918-33) sich in Parteien und Organisationen liberalistischer Tendenz, oder Praxis führend (als Abgeordnete, entsprechende Redner, Parteiamtssekretäre, Gewerkschaftssekretäre usw.) betätigt haben“ (zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 332 f.).

In den Satzungen hieß es dann aber lediglich, Mitglied könne nur werden, „wer a) aktiv am Leben der römisch-katholischen Kirche teilnimmt, b) in dem zwischenstaatlichen Reich (1918-1933) sich nicht in marxistischen oder liberalistischem Sinne führend betätigt hat, c) rückhaltlos die Mitarbeit am nationalen und sozialen Neubau des Reiches“ im Sinne des Bundeszweckes bejaht (zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 330).

Zweiter Führerbrief (Juni 1933)

Im Juni 1933 erschien bereits die Nr. 2 der von Emil Ritter herausgegebenen „Führerbriefe“.

Darin wurde ein Text Franz von Papens über „Volkstum und Reich“ abgedruckt, der das von Wilson erklärte „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ als „mechanisch“ kritisierte. Es wirke sich gegen die organische Natur der Volkspersönlichkeit aus, insbesondere gegen die deutsche, denn ein Drittel des deutschen Volkes lebe außerhalb der Reichsgrenzen (zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 336).

Kuno Brombacher schrieb in seinem Beitrag „Der Glaube an Deutschland“: “Ein neues Reich ist im Werden. Hinschmelzend wie der Föhn brausten seine Stürme durch die politischen Märztage einer unvergeßlichen Schicksalswende. Wer in diesen Tagen nicht vom Sturm getragen, wurde geborstenes Treibeis. Sein Halt zerrann in der großen Schneeschmelze. Ein neuer Glaube stand plötzlich als Sonnenglut über den Bergen: Der Glaube an Deutschland. Der deutsche Katholik, dessen Herz in diesen Tagen nicht lebendig mitschlug - es gab auch viele andere -, dieser deutsche Katholik, verantwortlich oder in vertrauender Gefolgschaft eines politischen Katholizismus, er stand in diesen Tagen fassungslos wie vor einem nie dagewesenen Naturereignis. Sah mit eigenen Augen als Wirklichkeit, was er für einen Wahn der Betörten gehalten hatte. Schaute am politsichen Himmel diesen Sonnenball eines schöpferischen Glaubens, den er selbst bisher als unchristlichen “Radikalismus” und “Fanatismus” verpönt hatte. Glaube an Deutschland? Achselzuckend und verständnislos hatten viele von uns diese Überschrift zu einem nationalen Bekenntnis im Buch der Zeit gelesen. Verständnislos und achselzuckend wie Pilatus, als er frug: “was ist Wahrheit?” Aber Pilatus tat diese Zweifelsfrage aus seinem Unglauben. Der politische Katholizismus tat sie aus seinem Glauben.” (Der Glaube an Deutschland, in: Kreuz und Adler. Führerbriefe Nr. 1 (Mai 1933), S. 1f.)

Wechsel des geschäftsführenden Vorsitzes von Ritter zu Thun

Nachdem Ritter am 1. Juli 1933 im Auftrag von Papens die Chefredaktion der „Germania“ übernahm, übergab er seinen „Geschäftsführenden Vorsitz“ an Roderich Graf Thun, der dem Bund eine noch stärkere Ausrichtung auf den Nationalsozialismus hin geben sollte.

Dritter Führerbrief (Juli/August 1933)

In der von Thun herausgegebenen dritten und letzten Nummer der Führerbriefe vom Juli/August 1933 schrieb Thun selbst: „Durch die Auflösung der übrigen Parteien, dadurch, dass nur mehr die Bewegung des Nationalsozialismus zur politischen Erziehung des Volkes bestehen blieb, durch die weitgehende Regelung entscheidender Fragen zwischen dem Vatikan und dem nationalsozialistischen Staate, durch diese nun völlig klare Situation ist auch für die Arbeit des Bundes katholischer Deutscher Kreuz und Adler eine neue eindeutige Grundlage gegeben. Unser Schirmherr, hat als erstes noch am Tage seiner Rückkehr vom Konkordatsabschluß nach Deutschland vor einer Versammlung in Maria-Laach die Parole für die deutschen Katholiken ausgegeben: `Wir haben nun die Pflicht als Katholiken zu ehrlicher und rückhaltloser Mitarbeit am nationalsozialistischen Staate.´“ (Führerbriefe, Nr. 3 (Juli/August 1933), S. 33f., zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 235)

Von Emil Ritter wurde dessen Germania-Beitrag vom 2. Juli 1933 "Unser Ja zum neuen Deutschland" nachgedruckt (in: Kreuz und Adler, Führerbriefe Nr. 3 (Juli/August 1933), S. 34 ff.).

Kuno Brombacher veröffentlichte darin einen Beitrag unter dem Titel „Hakenkreuz und Christenkreuz“: “Wenn die Natur sich erneuert, haben die Künder der Übernatur fruchtbare Zeiten. Wo aber das Hakenkreuz Symbol wird, erneuert sich aus seines Schöpfers Geist der natürliche Mensch. Dies Sonnenzeichen ist ein Bekenntnis zum Gottessinn der schöpferischen Naturkräfte des Keimens, Werdens, Wachsens und Vergehens in reifender Vollendung, die immer Ernte und neue Saat zugleich bedeutet. In diesem Natursymbol liegen keinerlei Gegensätze zum Christentum. Im Gegenteil! Schuf Gott die Erde, um auf ihr Mensch zu werden und die Krone des Sieges hier sich zu erringen, dann hat er sein heiliges Kreuz über der Welt nicht dazu aufgerichtet, dass er uns entwese der Natur, sondern dass seine Kräfte eingehen in die Natur der Dinge. Er hat aber uns zu Gralshütern der Natur in der Weise gemacht, dass er jede entartete Natur die Wirksamkeit der Gnade beschränken, wenn nicht sogar ganz ausschalten macht. Im Symbol gesprochen bedeutet das: Je mehr die Kräfte des Hakenkreuzes abnehmen, desto unwirksamer wird das Christentum. Je mehr sie aber zunehmen, desto wirksamer kann auch die Gnade Christi werden. Denn das Hakenkreuz bedeutet den aller Schöpfung eingeborenen Willen zum Licht, der gleichlautend ist mit der von katholischer Glaubenslehre so benannten AUF NATÜRLICHE WEISE CHRISTLICHEN SEELE, der ANIMA NATURALITER CHRISTIANA des heiligen Augustinus” (Hakenkreuz und Christenkreuz, in: Kreuz und Adler, Führerbriefe Nr. 3 (Juli/August 1933), S. 38ff.; vgl. Breuning, a.a.O., S. 232).

"Handbuch für die Bundesarbeit von Kreuz und Adler": "Katholisch-konservatives Erbgut"

Bereits im Führerbrief vom Juni 1933 war ein „Handbuch für die Bundesarbeit von Kreuz und Adler“ angekündigt worden, das dann aber erst Anfang 1934 als von Ritter herausgegeben Sammelband „Katholisch-konservatives Erbgut“ erschien, inhaltlich somit zwischen dem Bund "Kreuz und Adler" und der "Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher" steht. Inhaltich siehe unten.

Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher

Im Vorfeld

1932 (1933???) forderten sowohl Franz von Papens "Kreuz und Adler" als auch Georg Lossaus "Katholische Vereinigung für nationale Politik" ihre Mitglieder auf, in die neu begründete "Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher" einzutreten. Darin fungierten im Arbeitsausschuss Edgar von Schmidt-Pauli (1881-1955) vom Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten, Carl Freiherr von Schorlemer jun. von der NSDAP und Georg Lossau von der "Katholischen Vereinigung für nationale Politik".

Gründung und Personalia

Offiziell wurde die Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher - nach einem von Rudolf Heß, der „Stellvertreter des Führers“ unterzeichneten Gründungsaufruf (abgedruckt in: Germania, 4. 10. 1933, zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 236; abgedruckt u.a. auch in: Zeit und Volk, 1, 1933, S. 569 unter „amtliche Bekanntmachung“) - am 3. Oktober 1933 unter dem Protektorat Franz von Papens als "Oberster Reichsleiter" und Thun als Reichsgeschäftsführer. Zu diesem Termin wurde der Bund "Kreuz und Adler" aufgelöst. Die faktische Leitung der AKD übernahmen aber die katholischen Nationalsozialisten Hermann von Detten (1879-1954), NSDAP-Mitglied seit 1. Mai 1933, Hans Dauser (1877-1969), NSDAP-Mitglied schon seit 1921, und Rudolf zur Bonsen (1886-1952), NSDAP-Mitglied seit 1932.

Die ebenfalls am 4. Oktober mit dem Gründungsaufruf abgedruckte Erklärung von Papens sprach davon, dass „auch jene, die nicht Parteigenossen sind, ... hier durch aktiven Einsatz ihren ehrlichen und vorbehaltlosen Glauben an den nationalsozialistischen Staat und ihren festen Willen beweisen“ können, „alles zu tun, dass das große Aufbauwerk des Volkskanzlers bis in die letzte Einheit wachse und gelinge" (Germania, 4. 10. 1933, zitiert nach Breuning, S. 236. Die RMV hatte just diesen Satz beim Abdruck der Erklärung ausgelassen).

Zwei Tage später ergänzt Graf Thun: „Die ARBEITSGEMEINSCHAFT KATHOLISCHER DEUTSCHER wurde in den Tagen gegründet, da auf Wunsch des Führers für das ganze Deutsche Reich eine neue große Welle der Werbung und der Erziehung für den nationalsozialistischen Gedanken beginnen soll. Ein Feldzug muß es sein, und die letzten Reste geheimer Stützpunkte gegnerischen Geistes oder lauernder Zurückhaltung müssen nun fallen. So ist es der Wille des Führers, und so muß es der Wille jedes guten Deutschen sein" (Germania vom 6. 10. 1933, zitiert nach Breuning, S. 236; auch in RMV vom 7.10.1933).

Emil Ritter blieb Hauptschriftleiter und Herausgeber des „Neuen Politischen Pressedienstes für katholische Tageszeitungen“. Unterstützt wurde er vom verantwortlichen Schriftleiter Walter Hagemann (1900-1964).

Die AKD und Kardinal Faulhaber

Graf Roderich Thun, dem Reichsgeschäftsführer der AKD, beriet sich Anfang November 1933 mit Kardinal Faulhaber darüber, wer das Spitzenpersonal der Arbeitsgemeinschaft bilden solle. Im Tagebuch Faulhabers findet sich dazu folgender Eintrag: „3.11.33: Dr. Graf Thun – war hier zur Vorbereitung der Wahl, Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher soll eine Versammlung halten [...]. Wer hier in [die] Arbeitsgemeinschaft soll? Bisher Dauser, sei unbedeutend. Ich nehme ihn in Schutz: Er hat doch manches erreicht, hat einen geistlichen Neffen. Ich nenne den Namen Seidler, den ich sehr hoch schätze, er besucht mich. Er: Auch von Heydrich sehr gelobt, er sei Katholik [...].“

Nachdem Graf Thun also die Person Hans Dauser für den Vorsitz der AKD München nicht ganz optimal befand, schlug Faulhaber also den stellvertretenden Sonderbevollmächtigten der Obersten SA-Führung bei der Regierung von Oberbayern, Alarich Seidler, vor.

Als der Kapuzinerpater Walther Emmert, Guardian (bei Faulhaber: Quardian) von St. Josef in München, am 7. November 1933 Faulhaber um Rat fragte, wie man sich gegenüber der Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher verhalten sollte, da man sie für eine „Abart der Deutschen Christen“ hielte, da wiegelte der Kardinal ab „Dienstag, 7. Nov. [...] Nego, Papen meint es gut, fragt die Bischöfe nicht vorher [...], nimmt keine Geistlichen auf nach Konkordat, und um nicht in den Verdacht eines getarnten Zentrums zu kommen. [...]“

Faulhaber vertraute dem AKD-Repräsentanten für Süddeutschland StS Hans Dauser – und beteuerte es diesem immer wieder. So im Februar 1934 bei Besuch und Gegenbesuch: „Zuerst Handaufheben, dann Händegeben. Heute Vertrauen. [...] Heute nichts den Bischöfen schreiben. [...] Ich erkläre: Wie ich seinem Neffen sagte, wirklich [...] Vertrauen zu ihm habe, so auch ihm – er hatte es von Gigl gehört, dass ich Vertrauen auf ihn habe. Ich spreche ihm mein Vertrauen aus – ich würde mich immer freuen, wenn er komme" (Stenografische Notiz Faulhabers über sein Gespräch mit Dauser am 1.2.1934, in: EAM, NL Faulhaber 9263/1). Am 22. Februar 1934 kam Hans Dauser zu Faulhaber. Als Hauptstreitpunkt ergab sich die Frage der Nichtkompatibilität der katholischen Jugendarbeit und ihre Überführung in die Hitlerjugend sowie die Zuspitzung personeller Fragen bzgl. der Erzabtei Beuron und die Forderung nach „Hitler-Bischöfen“. Im Gespräch betonte Faulhaber nach eigenen Aufzeichnungen seine durch Predigten und Ansprachen schon bekannte ablehnende Haltung gegenüber Parlament und Demokratie. So notierte Faul-haber den harmonischen Wortwechsel in seinem einstündigen Gespräch: „Gegen das Parlament, wo er seit 1928 war, ein Parteiengezänk. Ich: Nach dem italienischen Konkordat habe ich in der Predigt gesagt: War nur möglich ohne Parlament" (Stenografische Notiz Faulhabers, 22.2.1934, in: EAM, NL Faulhaber 9263/1).

Am 1. März 1934 meldeten die Tageszeitungen: „Volle Übereinstimmung zwischen Staatssekretär Dauser und Kardinal Faulhaber über die Ziele der Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher“.

Auf der Grundlage dieser vertrauensseligen Gespräche gelang es Dauser insbesondere, den katholischen Pressverein mit seinen vielen Zeitungen vereinsrechtlich abzuwickeln und dessen Rest in den dafür zu gründenden St. Michaels-Bund zu überführen (Siehe dazu auch: Karola Nüßler: Die Geschichte des Katholischen Pressvereins für Bayern 1901-1934, München 1954 (Dissertation LMU)). Sechs Wochen nach den oben erwähnten Pressemitteilungen suchte Dauser den Kardinal überraschend auf: Unter fadenscheiniger Begründung verlangte er Faulhabers Einverständnis für eine interne Untersuchung des katholischen Pressvereins. Der Kardinal gab sie – „alles im Namen der Sauberkeit“ (Stenografische Notiz Faulhabers über sein Gespräch mit Dauser und Dr. Bäumel am 14.5.1934, in: EAM, NL Faulhaber 9263/1), und Dauser als Vorsitzender der AKD nützte dies, um sich innerhalb von zwei Tagen putschartig selbst als Vorstand des Pressvereins zu installieren und dessen Abwicklung einzuleiten.

Großveranstaltungen der AKD in München und Köln

München am 7. November 1933

Am diesem 7. November 1933 fand im Zirkus-Krone-Bau in München eine Großveranstaltung statt, mit der die AKD „zum ersten Mal im ganzen Reich in die Öffentlichkeit trat“. Der Bayerische Kurier, ein Blatt des Katholischen Preßvereins für Bayern mit einer Auflage von ca. 35000, informierte darüber unter dem Titel „Die Katholiken Münchens stehen zu Hitler“. In Wichs und mit ihren Fahnen marschierten unter den Klängen des Badonviller-Marsches, gespielt von der SA-Kapelle Freimann mit Dirigent Wutz, sämtliche katholische Studentenkorporationen durch ein SS-Spalier in den Zirkus ein. Als „Symbol der Einheit der Stände und der engen Verbundenheit von Akademiker und Arbeiter“ wehten die Fahnen der NS-Betriebsorganiationen. Hauptredner war nach der Auflösung der BVP in die NSDAP eingetretene Eugen Quadt (1887-1940) . Er erläuterte – gemäß der Zusammenfassung im Bayerischen Kurier: „Schneller als die Gründer dieser Arbeitsgemeinschaft es damals erwarten konnten, bietet sich nun anläßlich der Volksabstimmung und Reichstagswahl am 12. November für sie eine gewaltige aktuelle Aufgabe, um im Sinne des Führers Adolf Hitler, [...] im Sinne der Gründer der Arbeitsgemeinschaft und nicht zuletzt im Sinne mehrfacher Verlautbarungen unserer deutschen Bischöfe [...] aufklärend zu den Katholiken Deutschlands zu sprechen.“

Die 3000 Teilnehmer wurden von Eugen Quadt und dem zweiten Redner, dem Leiter der Versammlung Hans Dauser, auf die Volks- und Schicksalsgemeinschafts-Ideologie eingeschworen. Noch nicht überzeugte Katholiken sollten zu einem Bekenntnis für den NS-Staat gewonnen werden. Zu diesem Zweck zitierte Quadt in aller Breite die seit dem 23. März des Jahres erfolgten bischöflichen Aufforderungen an die Katholiken zur „Treue gegenüber der rechtmäßigen Obrigkeit“ und zur lebendigen Mitarbeit für die Erreichung der „Ziele, die die neue Staatsautorität für die Freiheit unseres Volkes erstrebt“ (Bayerischer Kurier, 8.11.1933). Stürmischen Beifall bekam er offensichtlich, als er die Frage des Gehorsams an die nationalistische Kriegsbegeisterung des August 1914 koppelte, als es „für jeden Deutschen selbstverständlich war, für das Vaterland die Waffen aufzunehmen. Dem Führer antworte er, daß wir gewohnt sind, als Katholiken GEHORSAM zu üben [...].“ (Münchener Zeitung, 8.11.1933)

Köln am 9. November 1933

Am 9. November erklärte Von Papen vor der Kölner „Arbeitsgemeinschaft Katholischer Deutscher“ (AKD), dass „die Strukturelemente des Nationalsozialismus ... nicht nur der katholischen Lebensauffassung nicht wesensfremd“ seien, „sondern sie entsprechen ihr in fast allen Beziehungen" (Franz Papen: Der 12. November 1933 und die deutschen Katholiken. Rede gehalten vor der Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher in der Messehalle zu Köln am 9. November 1933, 1934, zitiert nach Karlheinz Deschner: Kirche und Faschismus, Rastatt 1990, S. 57).

Ergebnis

Das Ergebnis der vier Großveranstaltungen der AKD – der Münchner Versammlung im Zirkus-Krone-Bau waren Kundgebungen in Berlin, Paderborn und Köln gefolgt – fasste das Mitteilungsblatt der AKD zusammen: „Unsere Forderung nach einem klaren, rückhaltlosen Bekenntnis zum Führer und zum Dritten Reich fand überall stürmischen Beifall. [...] Das Wahlergebnis vom 12. November hat freilich die kühnsten Erwartungen übertroffen, und wir können immer wieder mit Stolz darauf hinweisen, daß gerade rein katholische Gegenden in unerhörter Geschlossenheit sich zu den Gedanken bekannten, für die die AKD sich eingesetzt hat, und für die sie kämpft" (Mitteilungsblatt Nr. 1 der AKD, 22.11.1933).

Aufruf der AKD zur Volksabstimmung und Reichstagswahl im Münchener Kirchenanzeiger

Pünktlich zum 12. November 1933 druckte dann der offizielle Münchener Kirchenanzeiger aber den Aufruf der AKD ab – ein Politikum. Nun war diese parteipolitische Enthaltsamkeit des Episkopats angesichts seines politisch eindeutigen und feierlichen Bekenntnisses nicht bloß wirkungslos: sie unterstützte die Pseudolegalität der NSDAP.

Ernennung der Gaubeauftragen (November/Dezember 1933)

Am 15. Dezember 1933 wurden dann die sogenannte Gaubeauftragten offiziell ernannt (abgedruckt bei Breuning, a.a.O., S. 342):

  1. Anton Baumstark für den Gau Westfalen-Nord - 1932 NSDAP-Mitglied, 1933 Leiter einer Gleichschaltungskommission an der WWU Münster, mit der Abtei Maria Laach und deren Abt Herwegen verbunden, demgegenüber er schreibt im Rahmen der "Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher" vielleicht sogar als Verbindungsmann nach Rom entsandt zu werden
  2. Heinz Bickendorf für den Gau Hessen-Nassau
  3. Kuno Brombacher für den Gau Baden
  4. Edgar Maria Handy für den Untergau Schlesien
  5. Hans Seiffert für den Untergau Niederschlesien
  6. Robert Weiß für den Untergau Mittelschlesien und gleichzeitig zum kommissarischen Gaubeauftragten für den Gau Schlesien
  7. Senator Wiercinski-Keiser für den Gau Danzig
  8. Ulrich Ritgen zum Referenten der Reichsleitung für Südostdeutschland
  9. Wilhelm Freiherr Spies von Büllesheim zum Referenten und Geschäftsführer der Reichsleitung für Westdeutschland

Als Aufgaben dieser Beauftragten wurden bereits am 3. Oktober 1933 folgende Ziele der Arbeitsgemeinschaft genannt: „1.) In dem katholischen Volksteil das Nationalbewusstsein zu stärken, eine ehrliche, rückhaltlose Mitarbeit am Nationalsozialismus zu vertiefen und zu vermehren, die Reihen aktiver Kämpfer zu vergrößern; 2.) insbesondere für ein klares Verhältnis zwischen Kirche, Staat und N.S.D.A.P. bis in die letzten Instanzen zu sorgen, Missverständnisse von vornherein aus dem Wege zu räumen und alle Störungsversuche im Keime zu verhindern.“ (Mitteilungsblatt Nr. 1 der AKD, 22.11.1933, zitiert nach: Brigitte Zuber: Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher (AKD) in München und Kardinal Faulhaber, in: theologie.geschichte, Bd. 9 (2014))

Die Namen waren bereits am 22. November 1933 im ersten Mitteilungsblatt der AKD veröffentlicht worden. Dort wird ebenso unmissverständlich betont: „Es kann nie deutlich genug hervorgehoben werden, daß die Arbeitsgemeinschaft nicht irgendeine einseitige Interessenvertretung kirchlicher oder staatlicher Belange darstellt, die durch eine Massenorganisation wirksam und stark gemacht werden soll, sondern es handelt sich hier um eine Art Amt, um ein Gremium von Mitarbeitern, eben um eine tatsächliche Arbeitsgemeinschaft, die von staatlicher politischer Seite eingesetzt wurde, um für ein organisches Zusammenwirken von Kirche und Staat zu sorgen. [...] Mitgliederversammlungen mit ‚Diskussionen’ gehören nicht in den Rahmen unserer Arbeit. [...] Den Arbeitsausschüssen obliegt es, für das gesamte, weite Feld, das sie zu erfassen haben, mit allen aus dem liberalen Zeitalter übernommenen Ideen und Gewohnheiten endgültig zu brechen und gerade in das Verhältnis von Kirche und Staat den Geist des Dritten Reiches zu tragen, der wieder zu jener Ordnung der Rechte und Pflichten führen soll, ‚die wir [...] als die von Gott eingesetzte erkennen.“ (ebd.)

Mitglieder

Ein nichtdatiertes Dossier aus dem Reichssicherheitshauptamt (Barch 58/5715, Bl. 1798-99) kennt in der Anlage eine Namensliste "Katholische Geistliche, die innerhalb und außerhalb der NSDAP planmäßig nach einer Anpassung der katholischen Kirche an den Nationalsozialismus trachten". Die Liste stammt wohl aus der Zeit um 1935/36 und weist viele Verschreibungen auf. Die aufgeführten Namen:

Äbte

  1. Abt Herwegen, Maria-Laach/Eifel - Ildefons Herwegen OSB, gute Kontakte zu Franz von Papen
  2. Abt Schachleitner, Feilnbach b. Bad-Aibling - Albanus Schachleiter OSB (1861-1937), emeritierter Abt des Prager Emausklosters, 1932 durch Faulhaber als Priester suspendiert, 1933 NSDAP-Mitglied
  3. Abt Schmitt, Grüssau - Albert Schmitt OSB (1894-1970), ab 1924 Abt des Benediktinerklosters Grüssau in Niederschlesien, ab 1947 der Abtei Grüssau in Bad Wimpfen, gute Kontakte zu Franz von Papen
  4. Abt Witowsky, Neuburg - Michael von Witowski (1885-1945) war ein deutscher Benediktiner und von 1929 bis 1933 Abt des Klosters Weingarten, ab 1936 Weltpriester in Berlin.

Franziskaner

  1. Franziskanerp. Prinz Löwenstein - Alban Prinz zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg (1892-1964) OFM, 1943-1945 allerdings im Konzentrationslager Dachau
  2. Franziskanerp. Michels, Hagen - Ubald Michels OFM, erster Pfarrer von St. Elisabeth in Hagen

Benediktiner

  1. Benediktinerpater Machens, Schweiklberg - Godehard Machens (1903-1988), Benediktiner, Schachtleitner-Anhänger, der 1933/34 in Schweiklberg bei der Gründung einer Hitlerjugend für die Zöglinge der Abtei half; Machens verließ 1937 das Kloster und 1938 den Orden (vgl. Spicer, 2008, S. 92 und 272).

Pröpste

  1. Propst Köster, Werl - Wilhelm Köster (1876-1951), ab 1934 Propst in der Pfarrei St. Walburga in Werl, später setzte sich der Propst allerdings wohl "mit Vehemenz gegen den Nationalsozialismus zur Wehr" (Burkard Feldmann/Josef Lefarth: Strassennamen der Stadt Werl, 2003, S. 70)

Pfarrer

  1. Pfarrer Beckenthaler, Ehrang bei Trier
  2. Pfarrer Berendes, Hamm - Heinrich Berendes, 1928-1954 Pfarrer in St. Josef, Hamm
  3. Pfarrer Eissele, Weinähr
  4. Pfarrer Huber, Kleinwallstadt - [[Christian Josef Huber (1888-1958), in Freising geborener Augsburger Diözesanpriester, seit 1933 frei resignierter Pfarrer in München, Schulungsvorträge für die NSDAP, 1935 Kaplan und Rektor einer Sozialeinrichtung in Kleinwallstadt, bereits im April 1936 Abmahnung und im September 1936 Suspendierung durch Bischof Ehrenfried, 1941 Heirat und Exkommunikation.
  5. Pfarrer Jankowsky, Alt Poppelau - Berthold Jankowski (1884-1963), Pfarrer in Alt-Poppelau bis zur Flucht in die amerikanische Zone
  6. Pfarrer Kania, Lanschütz O.S. - Franz Kania (1888-...
  7. Pfarrer Kascha, Obewitz O.S.
  8. Pfarrer Kohlappel, Odendorf
  9. Pfarrer Kwastek, Slawikau O.S.
  10. Pfarrer Leonards, Prenzlau - Leonard, Holländer, seit Dezember 1930 Pfarrer in Prenzlau, ab April 1935 Standortpfarrer für die Garnison Fliegerhorst, arbeitete 1936/37 zusammen mit Anselmus vriens OCSO im pro-nationalsozialistischen Niederländischen Pressebüro, 1939 von Bischof Preysing zur Resignierung gezwungen und pensioniert, wurde zum 1. April 1940 NSDAP-Mitglied
  11. Pfarrer Lindenschmitt, Verndesheim b. Oppenheim - Wilhelm Lindenschmit (1888-1978), von August 1933 an Pfarrverwalter, dann Pfarrer von Vendersheim, Unterstützer der NSDAP, 1936 Niederlegung der Stelle, ging dann als Kommorant in die Diözese Freiburg
  12. Pfarrer Lux, Ayl b. Trier
  13. Pfarrer Dr. Meister, Hachenburg - Franz Meister, 1935-1946 Pfarrer in Hachenburg
  14. Pfarrer Nattermann, Köln - Johannes Nattermann (1889–1961), 1920-1933 Generalsekretär des Katholischen Gesellenvereins, dann 1933/34 Reichspräses der Kolpingsfamilie; gehörte mit Kleine zu den Verfassern des Sendschreibens katholischer Deutscher, hat sich aber spätestens 1940 vom Kreis nationalsozialistischer Priester um Kleine distanziert
  15. Pfarrer Dr. Reinold, Bochum
  16. Pfarrer Rügenberg, Remblinghausen - Franz Josef Ruegenberg (1870-1948), 1908-1948 Pfarrer von Remblinghausen
  17. Pfarrer Sandkuhl, München - Franz Sandkuhl (1898-????), seit 1929 in München, ab Dezember 1933 Kooperator bei München St. Peter, zum 1. Mai 1933 NSDAP-Mitglied, jedoch Austritt im August 1934, 1936 Beurlaubung, Ordenseintritt, Emigration nach England, dort Inkardinierung in die Erzdiözese Birmingham
  18. Pfarrer Senn, Baden - Wilhelm Maria Senn (1878-1940), 1930-1940 Pfarrer in Sickingen, 1931/32 NS-Propagandist, von Juli bis Dezember 1932 Suspendierung durch Erzbischöf Gröber
  19. Pfarrer Skrobek, Richtersdorf O.S. - Richard Skrobek (1904-????), war bis zum 31.10.1936 Kaplan in St. Antonius Gleiwitz-Richtersdorf
  20. Pfarrer Weber, Niederlangenau
  21. Pfarrer Wössen-Manke [sic!], Kierberg-Heide - Georg Woestenhemke, Pfarrer in Kierberg-Heide mindestens von 1926 bis 1936

Pfarrer i.R.

  1. Pfarrer i.R. Häuser, [ohne Ortsangabe]
  2. Pfarrer i.R. König, Berlin

Kuraten

  1. Kuratus Machens Wilhelm, Duderstadt/Eichsfeld
  2. Kuratus Dr. Jos. Pieper - Josef Pieper
  3. Kuratus Pollak, Pilchowitz O.S. (ab 1936 Bilchengrund) - Josef Pollak (1880-1962), ab Anstaltsgeister in Polchowitz, NSDAP-Unterstützer im Dienst
  4. Kuratus Voss, Bahl b. Paderborn

Vikare

  1. Vikar Kappenstein, Bochum

Kapläne

  1. Kaplan Laue, Dortmund

Religionslehrer

  1. Religionslehrer Studienrat Kleine, Duderstadt/Eichsfeld - Richard Kleine (1891-1974)

Professoren

  1. Prof. Dr. Barion, Braunsberg - Hans Barion (1899-1973), katholischer Kirchenrechtler, unter Einfluss von Schmitt und Eschweiler zum 1. Mai 1933 NSDAP-Mitglied, Faulhaber wehrte sich 1937/38 gegen eine Berufung als Kirchenrechtler nach München, nach 1945 vom Hochschuldienst entlassen
  2. Prof. Dr. Eschweiler, Braunsberg - Karl Eschweiler (1886-1936), katholischer Theologe und Religionsphilosoph, seit 1. Mai 1933 NSDAP-Mitglied
  3. Prof. Dr. Herte [als Nerte verschrieben], Paderborn - Adolf Herte (1883-1943), Professor für Alte Kirchengeschichte und Patrologie, 1935/36 Bewerbung für München (zweite Stelle der Berufungsliste), in mancher Sekundärliteratur wird NSDAP-Mitgliedschaft angeführt, 1945 wegen Nähe zum Nationalsozialismus aus dem Hochschuldienst entlassen
  4. Prof. Dr. Lortz, Münster - Joseph Lortz (1887-1975), katholischer Kirchenhistoriker, NSDAP-Mitglied, allerdings 1938 ausgetreten
  5. Prof. Dr. Maier, Paderborn - Joseph Mayer (1886–1967), aus Bayern stammender katholischer Moraltheologe, 1941 kurz nach dem Amtsantritt von Lorenz Jaeger als Spitzel der Gestapo erkannt, aber nicht enttarnt, nach Entlassung aus dem Hochschuldienst 1945 Rückkehr nach Bayern
  6. Prof. Dr. Pirchegger, Berlin - Simon Pirchegger (1898-1946), seit 1932 Mitglied der NSDAP Steiermark, 1936 kurzzeitig in Berlin, dann ebenfalls noch 1936 Lehrauftrag für slavische Philologie in Bonn
  7. Prof. Dr. Mich. Schmaus, Münster - Michael Schmaus
  8. Prof. Dr. Taeschner, Münster - Franz Gustav Taeschner (1888-1967), deutscher Orientalist und Islam-wissenschaftler, seit 1. Mai 1933 NSDAP-Mitglied
  9. Prof. Dr. Wenner [wohl verschrieben als Venner], Paderborn - Joseph Wenner, seit 1932 Professor für Kirchenrecht in Paderborn, 1948 Offizial im Bistum Paderborn

Auch zu den wenigstens dieser Personen hatte Guardini einen unmittelbaren Kontakt während des Dritten Reiches oder auch davor. Ausnahmen, die noch eigens betrachtet werden müssen, bilden der Quickborner Josef Pieper und der Münsteraner, aus dem Erzbistum München stammenden Faulhaber-Vertrauten Michael Schmaus. wird noch vervollständigt

1934 bis zur Auflösung im September

Im Februar 1934 wurde Detten durch Rudolf Heß zum Leiter der neugegründeten "Abteilung für kulturellen Frieden" - Auch „Abteilung für den kulturellen Frieden“ bzw. „Ausgleichsstelle für kulturellen Frieden“ genannt - in die Reichsleitung der NSDAP berufen und schied dazu aus der AKD aus. Diese Abteilung war am 27. Februar, drei Tage nach Rosenbergs Ernennung zum „Beauftragten des Führers“, von Rudolf Heß eingerichtet worden, die „alle mit den Kirchen zusammenhängenden Fragen bearbeiten“ und die politischen Leiter beraten sollte. Insbesondere sollte die Abteilung Sorge tragen, religiöse Konflikte innerhalb einer der beiden großen Kirchen, der Kirchen untereinander und der Kirchen mit staatlichen Stellen zur Wahrung des gesellschaftlichen Lebens bzw. der „völkischen Einheit“ zu schlichten und beizulegen.

Wohl noch infolge seiner Entlassung als Vizekanzler im Juli, ordnete Franz von Papen selbst am 19. September 1934 die Auflösung der Arbeitsgemeinschaft an. Auch aus Sicht der NSDAP in einer Erklärung am Tag darauf, war die Arbeitsgemeinschaft nicht mehr notwendig, wenn auch mit einem geradezu ironisch wirkenden Kommentar auf die Verdienste hingewiesen: „Sie hat im Laufe ihrer Tätigkeit in dem ihr zugewiesenen Bereiche wirksam zu einer Versöhnung beigetragen. Für diese Arbeit wird der Reichsleitung und allen Beauftragten hiermit der Dank der Partei ausgesprochen" (zitiert nach Breuning, a.a.O., S. 343).

In diesem Sinne dankte Franz von Papen selbst in der „Germania“ vom 21. September 1934 seinen Mitarbeitern für ihre Hilfe bei der Stabilisierung der geistigen Einheit des deutschen Volkes und forderte sie auf, auch weiterhin an der Versöhnung des Katholizismus mit dem Nationalsozialismus mitzuarbeiten (zitiert nach Lewy, a.a.O., S. 181 aus Erklärung, in: Germania, Nr. 261 vom 21. September 1934, zitiert in: `Ecclesiastica´, 15, 1935, S. 179).

Der Gaubeauftragte in Baden, Kuno Brombacher, inszenierte dagegen die Auflösung der Arbeitsgemeinschaft, als persönlich entschiedenen Rücktritt von seinem Amt. In seinem an den Freiburger Erzbischof Gröber vom 19. September 1934 heißt es: “Nachdem ich bei Überprüfung meiner bisherigen AKD Tätigkeit zu dem Ergebnis kommen mußte, daß alle meine Bemühungen völlig erfolglos waren, habe ich mit heutigem Schreiben nach Berlin mein Amt als Gaubeauftragter niedergelegt. Es war mir leider nicht möglich, diejenigen Widerstände auf katholischer Seite zu überwinden, die als Hinterlassenschaft jahrzehntelang kirchlich gewollter Zentrumsherrschaft dem Geist des Dritten Reiches, teils bewußt, teils unbewußt entgegenarbeiten. Ich bin, wie zu Anfang meiner Tätigkeit, auch heute noch überzeugt, daß es die kirchliche Führung in der Hand hatte, durch entsprechende Härte die bewußten und durch entsprechende Werbung die unbewußten Widerstände zu brechen. Viele Katholiken, die in den letzten zwei Jahren den Weg zum Dritten Reich ehrlich gefunden haben, waren hierbei zur Mitarbeit bereit. Ich glaube meinerseits mein Möglichstes getan zu haben, und habe kein Opfer für die Sache gescheut. Leider aber mußte ich durch fortgesetzte Enttäuschungen die traurige Erfahrung machen, daß kirchlicherseits alle meine Bemühungen zwar zu Anfang immer auf warme Worte, im entscheidenden Augenblick aber auf kaltes Versagen stießen. Durch solche Taktik im Vertrauen zum Erfolg meiner Arbeit schließlich bis zum Abscheu zermürbt bedaure ich es außerordentlich, daß ich den zuständigen Parteistellen im Gau Baden nur einen völlig ergebnislosen Rechenschaftsbericht über erfolglose Tätigkeit ablegen kann und schließe das beelendende Kapitel Arbeitsgemeinschaft Katholischer Deutscher mit begrabenen Hoffnungen ab. Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenst Kuno Brombacher” (zitiert nach: Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche, 1933-1945; 1934-1935, 1976, hrsg. Von Bernhard Stasiewski, S. 7).

Die Abteilung für kulturellen Frieden (September 1934 bis November 1935)

Auch wenn die AKD im Grunde aufgelöst wurde, kann man davon sprechen, dass sie mit Detten in die „Abteilung für kulturellen Frieden“ überführt worden war.

Die erst im Februar 1934 gegründete "Abteilung für kulturellen Frieden" konnte letztlich keinen Einfluss gewinnen wurde bereits am 14. November 1935 wieder aufgelöst (Hitlers Auflösungsverfügung vom 14.11.1935 mit Anschreiben von heß, Anordnung Nr. 225/35 (nicht zur Veröffentlichung), vom gleichen Tag. (DC), heute im Bundesarchiv Koblenz, BArch, NS 6/221, zitiert nach: Friedrich Zipfel: Kirchenkampf in Deutschland 1933-1945: Religionsverfolgung und ..., 1965, S. 57). Ihre Aufgaben wurden in das 1935 durch Ausgliederung aus dem Reichsministerium des Inneren neu gegründete Reichsministerium für die Kirchlichen Angelegenheiten, kurz oft Reichskirchenministerium, überführt.

Das Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten (ab Juli 1935)

Im Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten blieb Detten als wichtigster Mitarbeiter des am 16. Juli 1935 Minister Hanns Kerrl von Juli 1935 bis Juli 1936 als Ministerialdirektor.

Kerrl war zuvor Reichsminister ohne Geschäftsbereich und war enger Vertrauter Hermann Görings. Aus politischen Gründen wurde Detten 1936 nach der Berufung von Hermann Muhs zum Staatssekretär beurlaubt und 1937 in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Sowohl Kerrl als auch Muhs waren Protestanten, Kerrl stammte aus einem sehr frommen protestantischen Elternhaus, Muhs gehörte den Deutschen Christen an.

Im Übrigen wechselte der langjährige Freund Guardinis Johannes Schlüter (1878-1951) im Jahr 1935 als Ministerialrat vom Preußischen Kultusministerium ins Reichskirchenministerium (bis zu seiner Pensionierung 1941).

Arbeitskreis katholischer Theologen und Laien

1936 trafen sich diese Brückenbauer-Kreise als „Arbeitskreis katholischer Theologen und Laien“ weiter, vor allem in Verbindung mit Kuno Brombacher und Emil Ritter. Im vom gemeinsam mit Richard Kleine und Johannes Nattermann verfassten, von Joseph Lortz redaktionell bearbeiteten und schließlich von Brombacher und Ritter herausgegebenen „Sendschreiben katholischer Deutscher an ihre Volks- und Glaubensgenossen“ von 1936 appellierten sie an alle Katholiken, weiterhin an Hitlers großem Plan mitzuwirken, selbst dann, wenn es unter den Anhängern des Führers einige gäbe, die dies nicht wünschten nach dem Motto: „Der einzige und authentische Nationalsozialismus ist Adolf Hitler“ (Kuno Brombacher/Emil Ritter (Hrsg.): Sendschreiben katholischer Deutscher an ihre Volks- und Glaubensgenossen, hrsg. im Auftrage eines Arbeitskreises katholischer Theologen und Laien): Münster 1936, hier S. 77). Bischof von Galen hatte dem Sendschreiben das Imprimatur verweigert und Lortz, der das Sendschreiben maßgeblich redaktionell bearbeitet hatte, verboten, als Herausgeber zu firmieren (vgl. Scherzberg, a.a.O., S. 281). In diesem Arbeitskreis arbeitete 1936 auch Michael von Witowski mit. Lortz und Witowski sollten auch an einer von Josef Kral und Abt Schachtleiter konzipierten Zeitschrift für "bewußt katholische Nationalsozialisten" beteiligt werden (siehe Brief von Josef Kral an Abt Schachtleiter vom 14. Februar und 15. Juni 1936, in: Bundesarchiv Berlin, Bestand NS 026/001330 (Schachleiter, Allgemeine Korrespondenz, siehe Willi Eisele: Zwischen Ordensregel und politischer Gefolgschaft: Abt Alban Schachleiter OSB (1861-1937), 2021, S. 131).

Verbliebene Nationalkatholiken und NSDAP

Die verbliebenen katholischen Führer waren in der Zwischenzeit zur NSDAP gewechselt und übten dort zum Teil bis zum Kriegsende Funktionen aus. Im Juni 1933 war zum Beispiel Martin Spahn in die NSDAP-Fraktion gewechselt, wurde 1937 offiziell NSDAP-Mitglied und saß bis zum Kriegsende im Reichstag.

Franz von Papen wurde hingegen erst 1938 in die NSDAP aufgenommen. Er war im Juli 1934 nach dem sogenannten Röhm-Putsch als Vizekanzler zum Rücktritt veranlasst worden und wirkte anschließend als Gesandter und Botschafter des Deutschen Reiches in Wien und bis 1944 in Ankara.

wird noch weiter ausgeführt

Der Quickborn und die Rechtskatholiken

Fritz Exner, Kurt Ziesché und die "Arbeitsgemeinschaft Völkischer Quickborner"

Offenbar hatten Martin Spahn und Kurt Ziesché über den Oberschlesier Fritz Exner einen gewissen Einfluss auf den Quickborn, allerdings ist von der 1925 eingerichteten "Arbeitsgemeinschaft Völkischer Quickborner" nur in Archivalien die Rede. So ist im Nachlass Spahn ein III. Rundschrieb der A.V. Q., Hindenburg OS." von 1925 überliefert (BArch. Koblenz, NL Martin Spahn, Nr. 77. "III. Rundschrieb der A. V. Q., Hindenburg oS., 1925", 3 S. Matrize, gez. Fritz Exner; Fritz Exner an Martin Spahn, 25.8.1925, verwiesen nach Christoph Hübner: Die Rechtskatholiken, die Zentrumspartei und die katholische Kirche in Deutschland bis zum Reichskonkordat von 1933. Ein Beitrag zur Geschichte des Scheiterns der Weimarer Republik, 2014). Demnach hat Kurt Ziesché 1925 im Quickborn, wohl eher vor dieser Arbeitsgemeinschaft Vorträge gehalten. Fritz exner war gleichzeitig auch sehr aktiv im katholischen Deutschen Hochschulring und dessen Publikationsorgan "Deutsche Akademische Blätter". Außer über diese Briefe Exners an Martin Spahn und den erhaltenen III. Rundschrieb, alles aus dem Jahr 1925, gibt es bislang keinerlei Belege für eine längere Existenz und eine umfangreichere Wirkung dieser Gruppierung innerhalb des Quickborn. Bereits 1926 berichtet Adolf Köberle in seinem Zeitwende-Beitrag "Die Religiosität der katholischen Jugendbewegung" von den Schwierigkeiten und begründet sie mit fest verankerten katholischen Vorstellungen im Kirche-Staat-Verhältnis: "Auch eine Gruppe „völkischer Quickborner" hat sich gebildet, die freilich schwer um ihre Existenz zu kämpfen hat. Denn sobald die Kirche neben oder unter die staatliche Ordnung gestellt wird, erhebt sich auch hier in der Jugend die ganze Kampfesleidenschaft verletzter katholischer Universalität." (Zeitwende, 2, 1926, S. 73 f.)

Martin Spahn in den "Schildgenossen"

Martin Spahn hatte im Jahr davor einen Beitrag zur Quickborn-Zeitschrift "Schildgenossen" verfasst, in dem er einen nationalen und völkischen Katholizismus wünscht, der sich vom Vorbild der Nationalsozialisten zur erneuten Freude am sozialen Bettigungsfeld (nationaler `Sozialismus´) verhelfen lässt: "Der Strom unserer Geschichte muß von uns durch cdie völkische Bewegung hindurchgeleitet werden."

Reichstheologie in den "Schildgenossen" und im "Quickborn"

Dem Umstand, dass Guardini auch noch während des Dritten Reiches den Forumscharakter der Schildgenossen aufrechterhielt und daher auch reichstheologische und brückenbauerische Autoren zu Wort kommen ließ, ist geschuldet, dass im Jahrgang 1933/34 ein Aufsatz von Robert Grosche abgedruckt wurde, in dem es zur Unfehlbarkeit heißt: „Als im Jahr 1870 die Unfehlbarkeit des Papstes definiert wurde, da nahm die Kirche auf der höheren Ebene jene geschichtliche Entscheidung voraus, die heute auf der politischen Ebene gefällt wird: für die Autorität und gegen die Diskussion, für den Papst und gegen die Souveränität des Konzils, für den Führer und gegen das Parlament." (Robert Grosche: „Die Grundlagen einer christlichen Politik der deutschen Katholiken“, Die Schildgenossen, 13, 1933/34)

„Kreuz und Adler“ – ein spätes Schlußwort in den "Schildgenossen" (1941)

Es darf nun keineswegs als Zufall gelten, wenn im letzten Jahrgang der Schildgenossen nun ausgerechnet das „Kreuz und Adler“-Thema wieder aufgegriffen wird. Lili Sertorius schrieb dort einen Aufsatz unter dem Titel „Dante und das Imperium“ (Dante und das Imperium, in: Die Schildgenossen, 20, 1941, 1 (Jan./Febr.), S. 10-21). Vier Jahre zuvor hatte Sertorius bereits einen Aufsatz über „Beatrice“ in den Schildgenossen veröffentlicht (Beatrice. Symbol und Wirklichkeit in der Dichtung, in: Die Schildgenossen, 16, 1936, H. 1, Okt./Nov. 1936, S. 51-66)

Sertorius und stellt dabei das „Problem der fortbestehenden Ungerechtigkeit der Welt“ als Thema des christlichen Denkens heraus, „insbesondere auch soweit“ die „Erlösung dieser Welt durch das Kommen des Sohnes Gottes in die Zeitlichkeit“ „in Beziehung trat zu der weltlichen Ordnung“ (ebd., S. 10). Dantes besonders intensives Erlebnis einer „trotz der Erlösung fortbestehenden Ungerechtigkeit der Welt“ wendet sich jetzt acht Jahre nach der Machtergreifung gegen das nationalsozialistischen Unrechts- und Ungerechtigkeitssystem. Dante habe „die Rechtlosigkeit und Verworfenheit dieser Erde“ – nicht zuletzt an der eigenen Person - erfahren und sie brenne ihm daher auf dem Herzen (ebd., S. 11). Ganz im Sinne Guardinis heißt es: „So sehr ihm das Seiende auch Erscheinung höheren Seins ist, so sehr ist es ihm zugleich – wenn auch wohl, ohne dass er sich von dem theologischen Gehalt dieses ursprünglichen Erlebnisses Rechenschaft gäbe – geschichtlich und einmalig, nicht im Allgemeinen verschwimmend und nicht im Vereinzelten entseelt. In dieser Weise erfährt er auch die `politischen´ Dinge seiner Welt, konkret und zugleich mehr als nur das. Es wäre sogar völlig irrig, wollte man diese Sphäre bei Dante im HEUTIGEN Sinne politisch nennen. Sie ist für ihn ganz und gar theologisch bestimmt und auch nur darum so brennend wichtig“ (ebd.).

Die durch die Hervorhebung „im HEUTIGEN Sinne“ durch Sertorius selbst gemachte Einschränkung auf den nationalsozialistische Politikbegriff bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Sphäre im traditionellen Sinne durchaus politisch genannt werden kann. Denn gerade die ganz und gar theologische Bestimmung macht diese Sphäre auch im politischen Bereich „brennend wichtig“. Nur von diesem Standpunkt aus, drängte es ihn „der Welt, die er entartet sah, das Bild vorzuhalten, das er von Gerechtigkeit hatte. Gerechtigkeit auf Erden bedeutete für ihn wie für seine ganze Zeit eine von Gott gewollte politische Ordnung“ (ebd., S. 11 f.). Auch Sertorius verwies nun auf die Lehre Luigi Vallis vom „Geheimnis von Kreuz und Adler“ (ebd., S. 12). Das neue an dieser Deutung Vallis sei „die genaue Zuordnung, die er dem Adler, dem Imperium zur vita activa gibt und wie er dann daraus Dantes gesamte Weltordnung und die Konstruktion der Dichtung deutet. Die Heilung der vita activa wird nicht durch die Kraft des Glaubens bewirkt, sondern durch die des Adlers. Die difficultas, d.h. das Unvermögen des Recht-Handelns, bedarf zu seiner Überwindung des Reichs, des Kaisers. Die Sünden, die gegen die Gerechtigkeit gerichtet sind, also gegen die Ordnung der vita activa, können nicht von der Kirche, sondern nur vom Reich besiegt werden“ (ebd., S. 15 f.). Doch ziehe Valli daraus nun eine „extreme Schlussfolgerung“: „Ist das irdische Paradies Sinnbild der Vollkommenheit der `Betätigung der eigenen Kräfte´, d.h. der vita activa, und untersteht die vita activa dem Adler, findet sie ihre Vollendung nur kraft des Imperiums, so ist das Imperium nach Dantes Lehre eine notwendige Stufe zur ewigen Seligkeit der Anschauung Gottes“ (ebd., S. 17).

Sertorius hielt dagegen: „Nirgends setzt Dante die – tatsächlich von ihm geglaubte – Heilsrolle des Reichs mit der Heilstat Christi auf eine Stufe, sondern dem Reich ist immer eine wenn auch noch so wichtige dienende Rolle zuerkannt. ... Mit vollem Recht stellt Valli als Dantes Denkschema die Begriffspaare `vita contemplativa und vita activa´, `Kirche und Reich´ oder `Kreuz und Adler´ nebeneinander. Aber er verlässt den von ihm selber entdeckten Parallelismus, wenn er dann plötzlich CHRISTUS und Adler zusammenstellt, während wohl in Wahrheit für Dante Christus Wurzel des einen und des andern Guts, der Kirche und des Reichs, des Kreuzes und des Adlers ist. Es scheint mir absolut erwiesen oder erweisbar, dass Dantes Lehre oder Geheimlehre nirgends darin besteht, dass er die `Erlösung durch das Reich´ zu einer Vorbedingung des Heils macht in der Weise, wie es die Erlösung Christi ist“ (ebd., S. 19 f.).

Die allgemeine Bedeutung von Dantes Lehre bestehe infolgedessen in der Überzeugung: „Fehlt der Welt das Imperium, fehlt die Ordnung der Gerechtigkeit nach der Weise, wie Gott sie will, so ist der Weg der Wahrheit nach Dantes Meinung für die Menschheit ungeheuer erschwert. Trotz der Erlösung besteht darum, solange das Imperium in jenem gottgewollten Sinne fehlt, die Ungerechtigkeit der Welt fort; denn um das Rechtwissen, das in der Gnade der Taufe geschenkt wird, über die Sphäre des Einzelnen hinaus für das Ganze der Welt in das Rechthandeln umsetzen zu können, muß die Ordnung der vita activa in einem heiligen Reich die menschliche ignorantia und difficultas stützen, die ohnedies dem Ansturm des Bösen allzu leicht erliegt“ (ebd., S. 20).

In diesem Schlusssatz liegt nun aber ein vernichtendes Urteil sowohl über jene, die unter Verweis auf Dante und Görres mit ihrer „Reichstheologie“ zum nationalsozialistischen „Dritten Reich“ Brücken zu bauen versucht haben, als auch über jene nationalsozialistischen Reichsideologen, die sich auf Gedanken stützen, die um den Stauferkaiser Friedrich II. entstanden seien: „Wenn Dante auch gewisse Formulierungen seiner Ideologie aus diesem Kreis aufnimmt, so doch nur im Bereich der Kennzeichnung der imperialen Sphäre, nie in dem Übergriff des Staates in die Sphäre des Kirchlichen, nie in dem Sinn, dass sein Imperium Kirche sein und die Papstkirche ablösen sollte“ (ebd., S. 21).

Nur im Blick auf die „vita activa“ stehe das Imperium „nur unter Gott allein“. In einem Imperium, dass versuche, gleichzeitig als „Kaiserkirche“ auch die „vita contemplativa“ zu bestimmen, werde die Erlösungstat Christi ebenso vergeblich, wie Valli es bei Dante für das „Fehlen des Imperiums“, für die Aufhebung der Selbstständigkeit der weltlichen Ordnung unter einer Papstkirche konstatiert hatte (ebd., S. 20f. unter Rückbezug auf S. 13).

Nationales Denken in den "Schildgenossen" und im "Quickborn"

Einen gewissen Überblick über nationales Denken innerhalb des Quickborn anhand einer Auswertung vor allem von einzelnen Beiträgen vor allem in der Zeitschrift "Die Schildgenossen" und dem Bundesorgan "Quickborn" bietet Reinhard Richter (Nationales Denken im Katholizismus der Weimarer Republik, 2000, S. 183), auch wenn viele Schlussfolgerungen zu kurz greifen und daher noch geprüft werden müssen. Als Beispiel soll die Passage genügen: "Gegenüber der Freiheit werden Autorität, Hierarchie und Ordnung betont. Daß der Staatsrechtler Carl Schmitt in den "Schildgenossen" veröffentlichen darf, zeigt eine gewisse republikfeindliche gedankliche Entsprechung in der Leserschaft und bei den Herausgebern. Auch wenn Autoren aus dem Kreis der RMV in den "Schildgenossen" schreiben, bleibt die Reserve gegen die Demokratie bestehen." Erstens werden Freiheit und Autorität gleichermaßen in ihrer Polarität betont. Ebenso finden Hierarchie in aktiver Partizipation, Ordnung in Fülle ihre polaren Entsprechungen. Zweitens greift es zu kurz aus einer einmaligen Publikation in einer sich als parteiunabhängiges und politisches neutrales Forum verstehenden Kulturzeitschrift auf eine, wenn auch nur "gewisse" Republikfeindlichkeit in der Leserschaft und bei den Herausgebern zu schließen, da in dem Forum neben einzelnen Vertretern des gegenüber der parlamentarisch-demokratischen Weimarer Republik kritischen "katholischen Nationalismus" auch einzelne Vertreter eines gegenüber derselben parlamentarisch-demokratischen Weimarer Republik kritischen "katholischen Sozialismus" (Ernst Michel, Walter Dirks, Heinrich Mertens, die gegen Ende der Weimarer Republik auch das "Rote Blatt des katholischen Sozialismus" herausgeben) veröffentlichen. Die Autoren der linkskatholischen, dem Zentrum nahestehenden RMV, die in den Schildgenossen veröffentlichen, wie auch die Autoren, die dem Brüning-Flügel des Zentrums angehören (Kreis um August Berning) bilden bei den politisch relevanten Äußerungen in den Schildgenossen und im Quickborn die Mehrheit. Andere Autoren kommen aus der Vitus-Heller-Bewegung und der zugehörigen Christlich-Sozialen Reichspartei." Die "Reserve" gegenüber der parlamentarischen Demokratie der Weimarer Republik ist im Quickborn nicht größer als die "Reserve" gegenüber den Alternativen angeblich "wahrer Volksdemokratien", gleich ob sie aus dem kommunistischen oder dem faschistischen Denken hervorgehen. Im Vergleich zur parlamentarischen Demokratie ist zudem die "Reserve" gegenüber Monarchie und Diktatur durchwegs größer.

wird noch vervollständigt

Guardini und die Rechtskatholiken

Guardini und Martin Spahn

wird noch ausgeführt

Guardini und der Bund "Kreuz und Adler"

Unmittelbare Reaktion

Durch die Aufzeichnungen seines Sekretärs Erich Görner ist uns die unmittelbare Reaktion Guardinis auf den Bundesaufruf überliefert: "Gerade aufgrund seiner Beschäftigung mit Dante, lehnte Guardini die Werbung Franz von Papens und des 1933 unter seiner Schirmherrschaft Bundes katholischer Deutscher "Kreuz und Adler" für ein katholisches "Drittes Reich" offen ab. Bereits an Ostern 1933 (Ostersonntag=16.4.) sagte er auf der Burg: "Wer um die Bedeutung dieser Symbole bei Dante wisse, der könne unmöglich diesem Missbrauch zustimmen".

Guardini gehörte demnach zu den Kritikern gegenüber dieser Form der Reichstheologie.

Verbindungen zu Personen aus dem Umfeld des Bundes "Kreuz und Adler"

Auch von den Mitgliedern her gab es wenig Anknüpfungspunkte. Emil Ritter und Albert Mirgeler waren von Anfang an – mit zum Teil stark wechselnden Positionen zwischen freideutscher Jugendbewegtheit und Autoritätskritik auf der einen sowie völkischem Denken und Autoritarismus auf der anderen Seite – Kritiker Guardinis und seines Versuchs, die katholische Jugendbewegung in der Polarität von Freiheit und Autorität im schöpferischen Gehorsam zu halten. Emil Ritter publizierte 1940 in den Schildgenossen den Aufsatz "Radowitz und die Konfessionslage" (in: Die Schildgenossen, 19, 1940, S. 137-145).

Eugen M. Kogon wird sich erst nach 1938 vom rechtskatholischen Legitimismus abwenden und erst nach 1945 aufgrund seiner Zusammenarbeit mit Walter Dirks in das „Lager“ um Guardini überlaufen. Aus der Freundschaft mit Dirks entsteht dann das Nachkriegsprojekt der „Frankfurter Hefte“, an dem sich auch Guardini beteiligt.

Ildefons Herwegen und Guardini hatten sich seit Anfang der zwanziger Jahre weiter auseinanderentwickelt. Erst nach Herwegens Abkehr von seinen Brückenbau-Versuchen trug er 1935 wieder zur Festschrift "Christliche Verwirklichung" für Guardini bei. Die Beziehung bleibt aber weiterhin kompliziert und ambivalent. Dies gilt auch für den an der Reichstheologie beteiligten Damasus Winzen, der aber auch vorher und nachher kaum persönliche Bezüge zu Guardini hat.

Einzig, dass der Quickborner und spätere Guardini-Freund Werner Becker 1933/34 zum erst 1934 erschienenen Bundesbuch "Katholisch-konservatives Erbgut" beiträgt, ist verwunderlich, da er sich zum einen schon stark am Leipziger Oratorium orientiert. Andererseits scheint er aber auch noch als Hochschulseelsorger in Marbach zwischen seinen Lehrern Carl Schmitt und Romano Guardini zu stehen.

In Bezug auf Carl Schmitt bleibt die konkrete Beteiligung am Bund "Kreuz und Adler" zu überprüfen.