Hans-Joachim Schoeps
Aus Romano-Guardini-Handbuch
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Hans-Joachim Schoeps (1909-1980) war ein deutsch-jüdischer Hochschullehrer für Religions- und Geistesgeschichte an der Universität Erlangen
Biographie
- Studium der Religionsphilosophie, Geschichtswissenschaft und Literaturwissenschaft an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin
- 1928 Wechsel an die Philipps-Universität Marburg
- weitere Wechsel nach Heidelberg und Leipzig
- Mitglied der deutschen bündischen Jugendbewegung; Bekanntschaft mit Hans Blüher und Friedrich Kreppel
- zeitlebens ein deutsch-national eingestellter Monarchist, während der Weimarer Republik mit Nähe zur Konservativen Revolution und besonders zum Preußischen Sozialismus; er nennt als wichtige Lehrer und Mitstreiter: Hans Blüher, Wolfgang Frommel, Stefan George, Ernst Rudolf Huber, Ernst Jünger, Jochen Klepper, Arthur Moeller van den Bruck, Ernst Niekisch, Otto Petras, Georg Quabbe, Carl Schmitt, Oswald Spengler, Wilhelm Stapel, Otto Strasser und Hans Zehrer.
- 1932 Dr. phil. in Leipzig (bei Joachim Wach)
- Februar 1933 Gründung des Verein "Der deutsche Vortrupp. Gefolgschaft deutscher Juden"; Leitung bis 1935; vgl. dazu Artikel in "Der Vortrupp": „Der Nationalsozialismus rettet Deutschland vor dem Untergang; Deutschland erlebt heute seine völkische Erneuerung.“ Er forderte eine „Beschleunigung der unbedingt notwendigen Trennung von deutschen und undeutschen Juden sowie Erfassung aller deutschbewußten Juden unter einheitlicher autoritärer Führung bei möglichster Umgehung der alten Organisationen.“
- 1933 Staatsexamen für das Lehramt in Deutsch, Geschichte und Philosophie; allerdings wurde er als Jude nicht zum Referendardienst zugelassen
- Tätigkeit als Privatlehrer und Verleger (Vortrupp-Verlag, Berlin); Vorträge u. a. beim Reichsbund jüdischer Frontsoldaten
- Heiligabend 1938: Trotz der anfangs positive Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus (er galt noch 1936 als "hitlertreu") notwendige Flucht nach Schweden, u.a. wegen seiner Kontakte zu Ernst Niekisch und Otto Strasser
- Tätigkeit als Bibliothekar und Privatgelehrter in Stockholm, ab 1941 in Uppsala; trotz zahlreicher Veröffentlichungen zur Geschichte des Judentums und zu Problemen jüdisch-christlicher Religionsbeziehungen, auch im Exil aufgrund seiner nach wie vor deutsch-nationalen Einstellung isoliert
- 1941 Heirat im schwedischen Exil Dorothee Busch (1915–1996), eine Enkelin des Bankiers Ernst von Mendelssohn-Bartholdy; zwei Söhne (1942 und 1944 geboren)
- Ende 1942: Tod des Vaters im KZ Theresienstadt
- 1944 Ermordung der Mutter im KZ Auschwitz-Birkenau
- Herbst 1946 Nach der Scheidung Rückkehr nach Deutschland
- Februar 1947 Habilitation an der Universität Marburg auf Basis bisheriger Publikationen und unveröffentlichter Manuskripte
- 1947 außerordentlicher Professor für Religions- und Geistesgeschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen
- 1948 Gründung der einflussreichen "Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte (ZRGG)"
- ab 1950 ordentlicher Professor und Vorstand des Seminars für Religions- und Geistesgeschichte der Universität Erlangen
- noch 1951 Forderung der Wiederherstellung Preußens
- Selbstkennzeichnung als antinationalistischer und antiliberaler Monarchist; Plan der Gründung eines Volksbundes für die Monarchie (fallengelassen nach Berichterstattung des achrichtenmagazins Der Spiegel 1954)
- 1956 Gründung des Vereins "Tradition und Leben" (Ehrenmitglied)
- 1958 Gründung und Vorsitz der Gesellschaft für Geistesgeschichte
- zu seinen Schülern zählen sich u. a. aus dem Bereich des Rechtskonservatismus und Rechtsradikalimus: Hellmut Diwald, Robert Hepp, Werner Maser, Günther Deschner, Sven Thomas Frank und Hans-Dietrich Sander
- Beirat der Deutschland-Stiftung
- 1969 Mitgründer der Konservativen Sammlung und Autor in der Zeitschrift Konservativ Heute.
Bibliographie zu Guardini
- Jüdischer Glaube in dieser Zeit. Prolegomena zur Grundlegung einer systematischen Theologie des Judentums, Dissertation, 1932 [neu aufgenommen] - [Monographie] - [noch nicht online]; wieder in ders.: Gesammelte Schriften, Erste Abteilung: Religionsgeschichte, Band 1: Jüdischer Glaube in dieser Zeit: Geschichte der jüdischen Religionsphilosophie in der Neuzeit; Jüdisch-christliches Religionsgespräch in neunzehn Jahrhunderten, hrsg. von Julius H. Schoeps, 1990 [Artikel] - https://books.google.de/books?id=CoOHmNI5SOMC; zu Romano Guardini:
- 1990, S. 21: „Zum Problem der pneumatischen Exegese in Sellin-Festschrift, Leipzig 1927 und Romano Guardini, Heilige Schrift und Glaubenswissenschaft, Schildgenossen 1928, 1.
- 1990, S. 63-66, die Anmerkung 194 (langes Zitat aus Guardini, Heilige Schrift und Glaubenswissenschaft) und 196 (ebenso)
- Beiträge zur Entwicklung religionssystematischen Denkens im Judentum des 19. Jahrhunderts, 1. Teil, 1934, darin Dank an Guardini: "Für meine wissenschaftliche Ausbildung fühle ich mich zu besonderem Dank verpflichtet den Herren Professoren Wach in Leipzig und Groethuysen in Berlin, ferner auch Herrn Professor Guardini in Berlin") [neu aufgenommen] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=LGwUAQAAIAAJ
- Rezension zu: Guardini, Verantwortung. Gedanken zur jüdischen Frage, in: Theologische Literaturzeitung, Leipzig, 78, 1953, 10, Sp. 594 [Mercker 3705] - [Rezension] - http://idb.ub.uni-tuebingen.de/diglit/thlz_078_1953/0307 und http://www.digizeitschriften.de/dms/resolveppn/?PID=urn:nbn:de:bsz:21-dt-20968%7Clog00361
- Die fruchtbaren Jahre, in: Neue Deutsche Hefte. Beiträge zur europäischen Gegenwart, Gütersloh, 1, 1955, S. 597ff., zu Romano Guardini S. 600f. [neu aufgenommen] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=scIRAAAAIAAJ; auch in ders.: Rückblicke. Die letzten dreißig Jahre (1925-1955) und danach mit umgestelltem Titel: Die letzten dreissig Jahre: Rückblicke, Berlin 1956; (2)1963 [neu aufgenommen] - [Monographie]/[Memoiren] - https://books.google.de/books?id=pGXmLwIPZygC und https://books.google.de/books?id=mvslAQAAIAAJ; auch in: Gymnasium Moguntinum, 1969 (1970?), auch 29, S. 22 [Mercker 2758] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=7oVLAAAAIAAJ; zu Romano Guardini:
- 1963, S. 48
- 1963, S. 68
- 1963, S. 71 f.: "Von allen Kollegs, die ich in Heidelberg, Berlin, Marburg und Leipzig - meine Studienplätze durch zehn Semester – gehört habe, machten auf mich den weitaus stärksten Eindruck die von Romano Guardini, im Vorlesungsverzeichnis in einer besonderen Rubrik geführt: der des ständigen Gastes der Universität Berlin. Guardini war mir in diesem Zeitpunkt kein Fremder mehr, denn ein älterer Freund hatte mich, als ich noch Obersekundaner war, in den Hörsaal 241 im dritten Stock verschleppt und seither war ich ein ebenso regelmäßiger wie begeisterter Schwarzhörer geworden. Guardini sollte an der Berliner Universität die katholische Weltanschauungslehre vertreten. Aber diese vertrat er so, daß er nicht Wissensstoffe dozierte, auch nicht das kirchliche Dogma auseinandersetzte, sondern so, daß er lebendige Zwiesprache hielt mit christlichen Gestalten oder mit Gestalten, die am Rande des Christentums standen. Dante, Montaigne, Pascal, Kierkegaard, Hölderlin, Rilke und Dostojewskij sind in diesen Jahren lebendig geworden - aber aus Räumen gesichtet, die hinter dem Akademischen liegen. Daher ging auch seine Wirkung weit über den Bereich hinaus, den akademische Rede kennt, und eine sonderbare Hörergemeinde fand sich hier zusammen, die durch ein Sensorium für Spirituelles miteinander verbunden war. Diese Vorlesungen waren im Grunde Aussagen über eine neue Form christlichen Glaubens gewesen, wie er heute allein zeitgemäß geworden ist: der Glaube in der Reflexion, dessen ständige Leistung darin zu bestehen hat, im Tragen von Zweifeln auszuhalten. Hier wurde aus einer sehr modernen Katholizität heraus etwas ausgesprochen, was meinen eigenen Empfindungen und Einsichten entgegenkam. Die Frage nach dem Gottesglauben hatte mich seit meinen ersten bewußten Denkversuchen nie mehr losgelassen.“
- Rezensionen:
- [1959-000a] F. Haufe: Rezension zu: Schoeps, Die letzten dreißig Jahre. Rückblicke, in: Theologische Literaturzeitung, 84, 1959, 5, Sp. 336 ff. [neu aufgenommen] – [Rezension] - https://books.google.de/books?id=Svc3AQAAIAAJ; zu Romano Guardini:
- Sp. 339: „In der Fülle geistiger Auseinandersetzungen in Berlin der ausgehenden Zwanziger Jahre führt auf der einen Seite der Dilthey-Schüler Groethuysen („Der Mensch erkennt sich nur in der Geschichte, nie durch Introspektion") zur verstehenden Ideengeschichte, auf der anderen Seite Romano Guardini „zu einer neuen Form christlichen Glaubens, wie er heute allein zeitgemäß geworden ist: zu dem Glauben in der Reflexion, deren beständige Leistung (! des Rez.) darin zu bestehen hat, im Tragen von Zweifeln auszuhalten“, (S. 71) – ein bezeichnend dialektisches und gesetzliches Guardini-Verständnis, diesseits von dessen eigentlicher Meinung.“
- [1959-000a] F. Haufe: Rezension zu: Schoeps, Die letzten dreißig Jahre. Rückblicke, in: Theologische Literaturzeitung, 84, 1959, 5, Sp. 336 ff. [neu aufgenommen] – [Rezension] - https://books.google.de/books?id=Svc3AQAAIAAJ; zu Romano Guardini:
Internet
- Wikipedia-Biographie - https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Joachim_Schoeps