Vorlage:1971 Rezensionen Das Ende der Neuzeit
Aus Romano-Guardini-Handbuch
- Siegfried Hartmut Sunnus: Die Wurzeln des modernen Menschenbildes bei J. G. Herder, 1971 [neu aufgenommen] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=SwQZAAAAMAAJ; zu Romano Guardini:
- S. 2 f.: Auseinandersetzung mit Guardini, Das Ende der Neuzeit: Guardini als „Theoretiker des Abfalls“ versus Gogarten: „Gogarten setzte sich zwar in seiner Studie „Verhängnis und Hoffnung der Neuzeit“ nicht so explizit mit dem „Theoretiker des Abfalls“ R. Guardini auseinander – der Titel weist aber antithetisch auf Guardinis Arbeit „Das Ende der Neuzeit“ hin. Eine Vergegenwärtigung der beiden Positionen könnte für die Fragestellung dieser Arbeit hilfreich sein. Guardini sieht die Neuzeit aus dem mittelalterlichen, vom Offenbarungsglauben bestimmten Weltbild (5) in Akten der Verselbständigung hervorgehen. In drei Bereichen wird das deutlich: Einmal im neuzeitlichen Naturbegriff, der an die Stelle Gottes tritt. Er umfaßt nämlich die Gesamtheit der Dinge, er gibt einen Wertbegriff - das „Natürliche“ – und steht für einen "Geheimnischarakter des Urgrundes und End-Ziels" (6). Ein weiterer Bereich der Verselbständigung ist das Erwachen der "Subjektivität", und der dritte Bereich ist die "Kultur" als die "zwischen der Natur und dem Persönlichkeits-Subjekt" entstehende "Welt der Menschentat und des Menschenwerkes" (7). Aus eben denselben drei Bereichen leitet Guardini aber auch die Argumente für das "Ende der Neuzeit" ab: Das Selbstverständnis der Technik (8) macht eine Naturvorstellung im Sinne Goethes unmöglich , den Guardini für den typischen Vertreter des neuzeitlichen Naturbegriffes hält (9) (!). Ebenfalls wird von der Technik die „schöpferische Persönlichkeit“ zum Menschen der Masse verwandelt (10). Schließlich erwachsen die Argumente gegen den Überschwang neuzeitlichen kulturellen Schaffens und gegen den Fortschrittsglauben aus "Zweifel und Kritik ... der Kultur selbst" - die christliche Kritik kannte jedoch aus der Offenbarung schon immer die "Gefahr, daß der Mensch sich an Welt und Werk verliere …, daß ein Kulturaufbau, der Gott wegtut, nicht gelingen kann, … weil Gott ist“ (11). Es wird aber nach Guardinis Meinung auf das Ende der Neuzeit kein neues Mittelalter folgen. Vielmehr kommt es einerseits zu einem Auszug der Glaubensverweigerer aus dem "Nebel der Säkularisation". Sie müssen das "Nutznießertum" (12) oder die "Unredlichkeit" (13) aufgeben - das sind Formulierungen, an die Blumenberg mit seiner These von der "Legitimität der Neuzeit" anknüpfen wird - mit der man "die Offenbarung verneint, sich aber die von ihr entwickelten Werte und Kräfte angeeignet hat"(14). Die Nicht-Glaubenden müssen z. B. erkennen, daß der Begriff der „Person“ und die mit ihr verbundenen Werte zu dem christlichen Glauben gehören und nach dem „Erlöschen“ des Glaubens „allmählich“ (15) verloren gehen. Dieses neue Heidentum ist freilich post Christum ein anderes als das der Antike. Ihm wird andererseits ein christlicher Glaube in "wachsender Einsamkeit" (16) gegenüberstehen, der aus den "Säkularisationen, den Ähnlichkeiten, Halbwahrheiten und Vermengungen heraus" und eine „neue Entschiedenheit gewinnen" (17) muß: Im Gehorsam zu Gott und Vertrauen auf Gott wird der Glaubende „im Ortlosen und Ungeschützten“ stehen und trotzdem „Richtung“ wissen können (18). Gogarten gelangt mit Hilfe einer biblisch-systematischen Besinnung auf Schöpfung und Rechtfertigung zu seinem anderen Verständnis der Neuzeit (19). Was bei Guardini anklingt - Glaube als Antwort der Person auf den Ruf Gottes (20) - wird von Gogarten konsequent durchgeführt: Der sündige Mensch erhält im rechtfertigenden Glauben ohne des Gesetzes Werke von Gott das Heil - der Sohn kehrt heim ins Vaterhaus.“ [Auf die Wiedergabe der Fußnoten wurde hier verzichtet, HZ]