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Aus Romano-Guardini-Handbuch
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# [[Hans Brandenburg]]: Das neue Theater. Erlebnisse, 1926 [neu aufgenommen] – [Monographie] – https://books.google.de/books?id=mmNAAAAAIAAJ; zu Romano Guardini:
## S. 512: "Aber Delius, der behauptet, daß sich in Europa um die Religion niemand mehr kümmert, könnte sich sehr über Romano Guardinis „Liturgische Bildung“ wundern, über dies Dokument einer starken katholischen Jugendbewegung. Hier kommt man, unter ausdrücklicher kirchlicher Druckerlaubnis, Anschauungen wie den seinigen sehr weit entgegen, ohne freilich seinen Widerspruch mitzumachen, die Seele sei ein bloßer „Tätigkeits-Prozeß der Ganglien“. Es zeugt von der außerordentlichen geistigen Überlegenheit und wahren Kultur eines Katholizismus wie des Guardinischen, daß er nicht mittelalterlich ist, daß er sich zu den besonderen Aufgaben jeder Zeit und so auch der heutigen bekennt und daß er den edlen Rang jenes neuen „Heidentums“ empfindet, wie es ja auch Delius vertritt. Ja, Guardini stellt sich genau wie jener auf die Seite des „Wirklichen" gegen das „Rein-Seelische“ und „Rein-Geistige“, gegen die sogenannte „Innerlichkeit“. Auch er bejaht den Leib. Aber wenn er in der christlichen Askese keine Vernichtung des Leibes sieht, sondern ein Äußerstes an seelischer Formkraft, unter die der Leib gestellt wird, so ist das freilich eine völlig andere „Verklärung des Körpers“, als sie der vergeistigte Naturalismus eines Deliusschen „ Heidentums" meint. Und mit der weiteren Bejahung des „ganzen Menschen" zum Zwecke einer übernaturalistischen Objektivität und Wirklichkeit, wie sie in der Liturgie, in der symbolischen Gebetshandlung sich offenbart, ist erst recht eine andersartige, eine von der Macht Jahrtausende alter Tradition getragene Überwindung moderner Abstraktheit gemeint. Nur bleibt die Frage, ob eine Mentalität wie diejenige Guardinis, so bewußt, so intellektuell und dialektisch – auch sein Stil hat nichts von der Strenge, die er von seinem Gegenstand fordert – sich wirklich noch mit einer liturgisch-katholischen Kultur und Lebenshaltung im Namen Jesu und des Kreuzes verträgt, ob nicht zu ihr vielmehr eine weit naivere Gläubigkeit gehört. Guardini weiß genau, daß es sich bei seinem Thema um Bewältigung des „Räumlich-Zeitlichen“ durch „Bild- und Ausdruckskraft " handelt und daß diese nicht nur Sache des Einzelnen, sondern einer Gemeinschaft ist. Die kulturelle Blütezeit der Kirche ist vorüber, aber ob jene Ausdruckskraft noch neuer Formen fähig ist, das eben ist die Frage nach dem neuen Theater, welches durchaus auf eine fast „liturgische“ Gestaltung des Zeitlich-Räumlichen hinauswill."
# [[Josef Kreitmaier]]: Von Kunst und Künstlern. Gedanken zu alten und neuen künstlerischen Fragen, 1926, zu Romano Guardini S. 153 f. [neu aufgenommen] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=IgwYF64Hly8C
# [[Josef Kreitmaier]]: Von Kunst und Künstlern. Gedanken zu alten und neuen künstlerischen Fragen, 1926, zu Romano Guardini S. 153 f. [neu aufgenommen] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=IgwYF64Hly8C
## S. 153 f.: "Und doch können wir die Sorge nicht ganz unterdrücken, der Romano Guardini in seinem Schriftchen "Neue Jugend und katholischer Geist" Ausdruck gegeben hat: "Wenn es wahr ist, daß man früher alles nur auf das Altsein gab, die schöpferischen Kräfte und die Eigenbedeutung der Jugend aber übersah, so stehen wir heute vor dem bedenklich nach Niedergang aussehenden Gegenteil: daß dem Jungsein die Herrschaft über das ganze Leben in die Hand gelegt wird." Demgegenüber verlange der Geist des Christentums, "daß ein Junger seine Jugend als Teil des Lebensganzen erkenne und vor dieser Ganzheit des Lebens Ehrfurcht habe, Ehrfurcht auch besonders vor dem Teil darin, der mehr ist als die Jugend, nämlich vor der Reife." Denselben Grundgedanken mit Anwendung auf die Kunst unserer Zeit spricht Wilhelm Michel in einem pessimistischen Artikel über die Darmstädter Expressionistenschau aus. Wir sähen, so meint er, im Expressionismus (und in dem von ihm nicht verhinderten Dadaismus) den Tanz des ewig Labilen um das granithaft Wahre sich fortsetzen, der immer ein Zeichen dafür ist, daß die Menschen nur mit ihrer Jugend an der Kunst teilnehmen, nicht mit ihrem Mannesalter."
## S. 153 f.: "Und doch können wir die Sorge nicht ganz unterdrücken, der Romano Guardini in seinem Schriftchen "Neue Jugend und katholischer Geist" Ausdruck gegeben hat: "Wenn es wahr ist, daß man früher alles nur auf das Altsein gab, die schöpferischen Kräfte und die Eigenbedeutung der Jugend aber übersah, so stehen wir heute vor dem bedenklich nach Niedergang aussehenden Gegenteil: daß dem Jungsein die Herrschaft über das ganze Leben in die Hand gelegt wird." Demgegenüber verlange der Geist des Christentums, "daß ein Junger seine Jugend als Teil des Lebensganzen erkenne und vor dieser Ganzheit des Lebens Ehrfurcht habe, Ehrfurcht auch besonders vor dem Teil darin, der mehr ist als die Jugend, nämlich vor der Reife." Denselben Grundgedanken mit Anwendung auf die Kunst unserer Zeit spricht Wilhelm Michel in einem pessimistischen Artikel über die Darmstädter Expressionistenschau aus. Wir sähen, so meint er, im Expressionismus (und in dem von ihm nicht verhinderten Dadaismus) den Tanz des ewig Labilen um das granithaft Wahre sich fortsetzen, der immer ein Zeichen dafür ist, daß die Menschen nur mit ihrer Jugend an der Kunst teilnehmen, nicht mit ihrem Mannesalter."

Version vom 18. August 2023, 16:09 Uhr

  1. Hans Brandenburg: Das neue Theater. Erlebnisse, 1926 [neu aufgenommen] – [Monographie] – https://books.google.de/books?id=mmNAAAAAIAAJ; zu Romano Guardini:
    1. S. 512: "Aber Delius, der behauptet, daß sich in Europa um die Religion niemand mehr kümmert, könnte sich sehr über Romano Guardinis „Liturgische Bildung“ wundern, über dies Dokument einer starken katholischen Jugendbewegung. Hier kommt man, unter ausdrücklicher kirchlicher Druckerlaubnis, Anschauungen wie den seinigen sehr weit entgegen, ohne freilich seinen Widerspruch mitzumachen, die Seele sei ein bloßer „Tätigkeits-Prozeß der Ganglien“. Es zeugt von der außerordentlichen geistigen Überlegenheit und wahren Kultur eines Katholizismus wie des Guardinischen, daß er nicht mittelalterlich ist, daß er sich zu den besonderen Aufgaben jeder Zeit und so auch der heutigen bekennt und daß er den edlen Rang jenes neuen „Heidentums“ empfindet, wie es ja auch Delius vertritt. Ja, Guardini stellt sich genau wie jener auf die Seite des „Wirklichen" gegen das „Rein-Seelische“ und „Rein-Geistige“, gegen die sogenannte „Innerlichkeit“. Auch er bejaht den Leib. Aber wenn er in der christlichen Askese keine Vernichtung des Leibes sieht, sondern ein Äußerstes an seelischer Formkraft, unter die der Leib gestellt wird, so ist das freilich eine völlig andere „Verklärung des Körpers“, als sie der vergeistigte Naturalismus eines Deliusschen „ Heidentums" meint. Und mit der weiteren Bejahung des „ganzen Menschen" zum Zwecke einer übernaturalistischen Objektivität und Wirklichkeit, wie sie in der Liturgie, in der symbolischen Gebetshandlung sich offenbart, ist erst recht eine andersartige, eine von der Macht Jahrtausende alter Tradition getragene Überwindung moderner Abstraktheit gemeint. Nur bleibt die Frage, ob eine Mentalität wie diejenige Guardinis, so bewußt, so intellektuell und dialektisch – auch sein Stil hat nichts von der Strenge, die er von seinem Gegenstand fordert – sich wirklich noch mit einer liturgisch-katholischen Kultur und Lebenshaltung im Namen Jesu und des Kreuzes verträgt, ob nicht zu ihr vielmehr eine weit naivere Gläubigkeit gehört. Guardini weiß genau, daß es sich bei seinem Thema um Bewältigung des „Räumlich-Zeitlichen“ durch „Bild- und Ausdruckskraft " handelt und daß diese nicht nur Sache des Einzelnen, sondern einer Gemeinschaft ist. Die kulturelle Blütezeit der Kirche ist vorüber, aber ob jene Ausdruckskraft noch neuer Formen fähig ist, das eben ist die Frage nach dem neuen Theater, welches durchaus auf eine fast „liturgische“ Gestaltung des Zeitlich-Räumlichen hinauswill."
  2. Josef Kreitmaier: Von Kunst und Künstlern. Gedanken zu alten und neuen künstlerischen Fragen, 1926, zu Romano Guardini S. 153 f. [neu aufgenommen] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=IgwYF64Hly8C
    1. S. 153 f.: "Und doch können wir die Sorge nicht ganz unterdrücken, der Romano Guardini in seinem Schriftchen "Neue Jugend und katholischer Geist" Ausdruck gegeben hat: "Wenn es wahr ist, daß man früher alles nur auf das Altsein gab, die schöpferischen Kräfte und die Eigenbedeutung der Jugend aber übersah, so stehen wir heute vor dem bedenklich nach Niedergang aussehenden Gegenteil: daß dem Jungsein die Herrschaft über das ganze Leben in die Hand gelegt wird." Demgegenüber verlange der Geist des Christentums, "daß ein Junger seine Jugend als Teil des Lebensganzen erkenne und vor dieser Ganzheit des Lebens Ehrfurcht habe, Ehrfurcht auch besonders vor dem Teil darin, der mehr ist als die Jugend, nämlich vor der Reife." Denselben Grundgedanken mit Anwendung auf die Kunst unserer Zeit spricht Wilhelm Michel in einem pessimistischen Artikel über die Darmstädter Expressionistenschau aus. Wir sähen, so meint er, im Expressionismus (und in dem von ihm nicht verhinderten Dadaismus) den Tanz des ewig Labilen um das granithaft Wahre sich fortsetzen, der immer ein Zeichen dafür ist, daß die Menschen nur mit ihrer Jugend an der Kunst teilnehmen, nicht mit ihrem Mannesalter."