Kontemplation

Aus Romano-Guardini-Handbuch
Version vom 30. Juni 2023, 22:48 Uhr von Helmut Zenz (Diskussion | Beiträge)
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Kontemplation (lat. contemplatio) ist in der Erkenntnislehre Guardinis im Kontext der Begriffe Anschauung und Schau (Vision) einer der zentralen Begriffe.

Kontemplation und Aktion

Der gegensätzlich-polare und somit komplementäre Begriff ist traditionell und so auch bei Guardini der Begriff der Aktion (lat. actio) im Sinne des Tätigseins, Schaffens und Gestaltens.

Mentale und sensuale Kontemplation

Guardini unterscheidet zwar nicht expressis verbis, wohl aber in der Sache zwischen einer mentalen Kontemplation (Anschauung) und einer sensualen Kontemplation (Schau). Während die mentale Kontemplation vorrangig auf rational-intellektuellen Erkenntnisweisen im Wissenschaftsbereich aufbaut, geschieht dies im Bereich der sensualen Kontemplation in Bezug auf die emotional-intuitiven Erkenntnisweisen des Erfühlens und Erspürens des Erkenntnis-Gegenstandes. Dabei betont Guardini im Rahmen seiner Gegensatzlehre die Bedeutung beider, letztlich gegensätzlich-polarer und somit komplementärer Weisen der Kontemplation und spricht sich somit gegen eine diskriminierende, ausschließende Abwertung des jeweils anderen durch Vertreter des einen Pols.

Zitate

  • "Wir haben gesehen, daß der Aktivismus des neuzeitlichen Menschen das kontemplative Element in ihm immer weiter geschwächt hat, und er, ebendadurch, seinem eigenen Werk verfallen ist. So kann er die neue Sicherheit des Standorts, die Freiheit des Sehens und Tuns nur wiedergewinnen, wenn er jenes Element in sich kräftigt: wieder lernt, zu schweigen; sich zu sammeln; seiner selbst mächtig zu werden; Abstand zu gewinnen; den Sinn der Vorgänge zu sehen; nicht aus dem Gedränge der Vorteile und Parolen, sondern aus dem Wesen der Dinge heraus zu entscheiden undsofort." (Sorge um den Menschen - Band 1, Seite 58)
  • "Erkenntnis ist das Schauen der Idee; Wahrheit das Hervortreten der Idee im geistigen Blick. Doch ist es nicht so, daß der nach Erkenntnis Strebende sich in einen Raum abgeschiedener, rein innerlicher Kontemplation begeben müßte, sondern die Idee erscheint am Ding. Wohl sind die Dinge nur Nachbilder des Eigentlichen und nicht im echten Sinne wirklich; sie sind aber wirklich Nachbilder und haben als solche am Nachgebildeten Anteil." (Der Tod des Sokrates, S. 242)