Walter Kasper

Aus Romano-Guardini-Handbuch
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Walter Kasper (* 1933)

Biographie

  • geboren und aufgewachsen in Wangen im Allgäu, dem frühen Wirkungsort von Maria Knöpfler und Josef Weiger
  • 1952 Abitur
  • 1952 bis 1956 Studium der Katholischen Theologie und Philosophie an Universität und Wilhelmsstift Tübingen und an der Ludwig-Maximilians-Universität München
  • 1957 Priesterweihe in Rottenburg, anschließend Vikar in Stuttgart
  • 1958 bis 1961 Repetent am Wilhelmsstift Tübingen
  • 1961 Dr. theol. in Tübingen; anschließend Assistent bei Hans Küng
  • 1964 Habiliation
  • 1964 bis 1970 Professor für Dogmatik an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster;
  • Begründer des Freckenhorster Kreises und ab 1969 einer seiner Sprecher
  • 1970 bis 1989 Professor für Dogmatik an der Universität Tübingen
  • 1979/80 Beteiligung am kirchlichen Streit um die Lehrerlaubnis seines Lehrers Hans Küng, wobei er sich am Ende für dessen Ausschluss aus der Fakultät aussprach
  • Lehrer unter anderem von Arno Schilson, Eberhard Schockenhoff, Thomas Pröpper und George Augustin;
  • 1989 bis 1999 Bischof von Rottenburg-Stuttgart
  • 1999 Sekretär, ab 2001 Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen,
  • 2001 Kurienkardinal, mittlerweile emeritiert
  • 2010 Annahme des bereits 2008 erstmals vorgebrachten Rücktrittsgesuchs aus Altersgründen vom Amt des Ratspräsidenten
  • Dr. h.c. mult.

Bezüge zu Guardini

Bibliographie zu Guardini

  • 12 Treffer von 1965 bis 2019
  1. Das Absolute in der Geschichte: Philosophie und Theologie der Geschichte in der Spätphilosophie Schellings, Mainz 1965, darin S. 307 Verweis auf Guardini, Welt und Person [neu aufgenommen] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=WgRIAAAAMAAJ
  2. Glaube und Geschichte, Mainz 1970 [neu aufgenommen] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=sQAnAQAAIAAJ; zu Romano Guardini:
    1. S. 283: ""Die Kirche erwacht in den Seelen", schrieb Romano Guardini zu Beginn unseres Jahrhunderts.14 Heute müßte man diesen Satz abwandeln und sagen: Die Kirche muß in den Gemeinden erwachen und dort lebendig und gegenwärtig sein."
    2. S. 289: "Bereits R. Guardini, zweifellos einer der bedeutendsten Anreger und Wortführer der liturgischen Erneuerung im deutschsprachigen Raum, hat die Frage nach der Liturgiefähigkeit des heutigen Menschen gestellt.10"
    3. S. 371: "Zu Beginn unseres Jahrhunderts schrieb Romano Guardini: "Die Kirche erwacht in den Seelen." Heute mögen viele versucht sein zu schreiben: "Die Kirchlichkeit liegt in vielen Seelen im Sterben." Aber - so müssen wir fragen - kann man beide Bewegungen, den Aufbruch in der Kirche zwischen den beiden Weltkriegen und die Krise in der Kirche nach dem Konzil , so einfach in Gegensatz zueinander bringen ? Müssen wir sie nicht eher als zwei Phasen ein und derselben Bewegung ansehen?"
  3. Jesus der Christus, 1974, zu Romano Guardini S. 37 f. (So sprach man von einem Erwachen der Kirche in den Seelen (R. Guardini) und man prophezeite ein Jahrhundert der Kirche (W. Stählin)" und S. 107 (Verweis auf Guardini, Wunder und Zeichen) [neu aufgenommen] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=rJQ9AAAAYAAJ
  4. Karl Adam. Zu seinem 100. Geburtstag und 10. Todestag, in: Theologische Quartalsschrift, München, 156, 1976, S. 251-258, zu Romano Guardini S. 252 ("Durch R. Guardini, P. Wust u.a. wirkte der allgemeine Aufbruch in die katholische Kirche herein.") [Gerner 72] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=0xxAS40sY9kC und http://idb.ub.uni-tuebingen.de/opendigi/thq_1976#p=259
  5. Christliche Freiheit und neuzeitliche Autonomie, in: Salzburger Hochschulwochen (Hrsg.): Menschenwürdige Gesellschaft, Graz/Wien/Köln 1977, S. 73-110 [neu aufgenommen] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=_JKGAAAAIAAJ; ähnlich unter dem Titel: Autonomie und Theonomie. Zur Ortsbestimmung des Christentums in der modernen Welt, in: Hartmut Weber/Dietmar Mieth (Hrsg.): Anspruch der Wirklichkeit und christlicher Glaube. Probleme und Wege theologischer Ethik heute (Festschrift Alfons Auer), Düsseldorf 1980, S. 17-41, zu Romano Guardini S. ??? [neu aufgenommen] - [Artikel] - [noch nicht online]; dann in ders.: Theologie und Kirche, Mainz 1987, S. 149-175, zu Romano Guardini S. ??? [neu aufgenommen] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=l94RAQAAIAAJ
    1. 1977, S. 80: „Noch in unserem Jahrhundert stimmten so berühmte und sonst so aufgeschlossene Theologen wie K. Adam und R. Guardini ein in den großen Chor des Kulturpessimismus. Man hatte nicht mehr die Kraft zu einer kritischen und schöpferischen Synthese, wie sie die Kirchenväter bei der Rezeption der griechischen Philosophie oder auf der Höhe des Mittelalters Thomas von Aquin bei der Aufnahme aristotelischen Denkens gehabt haben. Statt dessen verurteilte man die politischen Freiheitsbewegungen, das Prinzip der Religions- und Gewissensfreiheit, man verkannte die legitime Eigengesetzlichkeit der modernen Naturwissenschaften, wofür der Fall Galilei symptomatisch wurde. Fast alle großen Philosophen der Neuzeit von Descartes und Kant bis Hegel landeten früher oder später auf dem Index.“ [sic!]
  6. Theologische Bestimmung der Menschenrechte im neuzeitlichen Bewußtsein von Freiheit und Geschichte, in: Johannes Schwartländer (Hrsg.): Modernes Freiheitsethos und christlicher Glaube. Beiträge zur juristischen, philosophischen und theologischen Bestimmung der Menschenrechte, München/Mainz 1981, S. 285-302, zu Romano Guardini S. 285 [neu aufgenommen] - [Artikel] - [noch nicht online]; dann in ders.: Theologie und Kirche, Mainz 1987, S. 176-193, zu Romano Guardini S. 176 [neu aufgenommen] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=l94RAQAAIAAJ
  7. Die Kirche als Ort der Wahrheit, in: Walter Seidel (Hrsg.), Kirche - Ort des Heils , Würzburg 1987 , S. 92-122, zu Romano Guardini S. ??? [neu aufgenommen] - [Artikel] - [noch nicht online]; dann in ders.: Theologie und Kirche, Mainz 1987, S. 255-271 zu Romano Guardini S. 255, 266 [neu aufgenommen] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=l94RAQAAIAAJ
  8. Kirche als Communio. Überlegungen zur ekklesiologischen Leitidee des II. Vatikanischen Konzils, in: ders.: Theologie und Kirche, Mainz 1987, S. 272-289 zu Romano Guardini S., 273 [neu aufgenommen] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=l94RAQAAIAAJ
  9. Vortrag für: Zeichen der Zeit. Festakt anläßlich der Gründung der Guardini-Stiftung am 1. und 2. September 1988 im Musikinstrumenten-Museum, Berlin. Mit Ansprachen von Joachim Kardinal Meisner, Eberhard Diepgen, Otto von Simson sowie Vorträgen von Hans Poser, Hartmut Lange und Walter Kasper, darin zahlreiche Bezugnahmen auf Guardini [neu aufgenommen] - [Monographie] - http://www.guardini.de/guardini/upload/pdf/zeichenderzeit_hires.pdf
  10. Die Eucharistie - Zeichen und Symbol des Lebens. „Brot und Wein - Altar - Kelch“, in: Peter Reifenberg (Hrsg.): Einladung ins Heilige. Guardini neu gelesen, Würzburg 2009, S. 55-69 [BBKL Literaturergänzung] - [Artikel] - [noch nicht online]
  11. I. Mein Weg in und mit der Kirche, in ders.: Katholische Kirche: Wesen - Wirklichkeit - Sendung, 2011 [Monographie] - https://books.google.de/books?id=3qngDAAAQBAJ; zu Romano Guardini:
    1. S. 23: "In der liturgischen Bewegung und in der Bibelbewegung wie in den Anfängen der ökumenischen Bewegung hat sich vieles von dem vorbereitet, was später durch das Konzil gesamtkirchliche zum Durchbruch kam. Romano Guardinis bekanntes Wort: "Die Kirche erwacht in den Seelen" charakterisiert diesen Aufbruch und mit ihm die kirchliche Grundstimmung einer ganzen Generation. Ein Jahrhundert der Kirche und ein neuer kirchlicher Frühling waren angesagt. ... Schriften von Guardini, besonders Vom Geist der Liturgie (1918), Von heiligen Zeichen (1922) und Der Herr (1937), hatten für mich schon früh eine prägende Wirkung."
    2. S. 23 f.: "Diese Welt ist mit der Emanzipationsbewegung der sogenannten Studentenrevolution von 1968 und vollends nach dem Zusammenbruch des Ostblicks 1989 untergegangen und hat inzwischen in eine europäische Kulturkrise wie in eine Kirchenkrise mit ganz neuen Herausforderungen hineingeführt, wovon noch ausführlich die Rede sein wird.4"
    3. S. 26: "Das Wesen der Liturgie und der Eucharistie, Mitte und Höhepunkt des kirchlichen Lebens, wurde mir während meiner Studienzeit durch die schon erwähnten Schriften von Romano Guardini Vom Geist der Liturgie (1918) und Von Heiligen Zeichen (1922) ... erschlossen."
    4. S. 489: "S. 23 R. Guardini, Vom Sinn der Kirche (1922), Mainz 1955, 19. Etwa gleichzeitig veröffentlichte der spätere evangelische Bischof Otto Dibelius das Buch Das Jahrhundert der Kirche, Berlin 1927. S. 24 Bezeichnend ist, dass R. Guardini, der sich aus dem Geist der damaligen Jugendbewegung um eine neue christliche Kultur- und Lebensgestaltung verdient gemacht hatte, in der veränderten Situation nach dem Zweiten Weltkrieg schon früh zu einer insgesamt kritischen Sicht der Neuzeit kam. Dazu: Das Ende der Neuzeit, Basel 1950; ders., Die Macht, Würzburg 1951. Vgl. dazu: A. Knoll, Glaube und Kultur bei Romano Guardini, Paderborn 1993."
  12. Barmherzigkeit: Grundbegriff des Evangeliums – Schlüssel christlichen Lebens, 2019 [Monographie] - https://books.google.de/books?id=fVF9DwAAQBAJ, zu Romano Guardini:
    1. S. 12: "Romano Guardini, ein tief gläubiger, aber auch ein tief melancholisch veranlagter Mensch, hat, als er bereits vom Tod gezeichnet war, gesagt, "er werde sich im Letzten Gericht nicht nur fragen lassen, sondern auch selber fragen." Er hoffe, dann eine Antwort zu erhalten "auf die Frage, die ihm kein Buch, auch die Schrift selber nicht, die ihm kein Dogma und kein Lehramt hat beantworten können: Warum, Gott, zum Heil die fürchterlichen Umwege, das Leid der Unschuldigen, die Schuld?"
  • viele der genannten Werke Walter Kaspers gibt es auch in englischer, italienischer und französischer und spanischer Übersetzung;

Sekundärliteratur

  1. Arno Schilson: Konservativ mit Blick nach vorn. Zum 70. Geburtstag von Walter Kasper, in: Christ in der Gegenwart, 10, 2003, S. 78 [neu aufgenommen] - [Artikel] - [noch nicht online]
  2. Marc Witzenbacher: Geeint in Jesus Christus. Das Ökumeneverständnis Walter Kaspers, 2018, zu Romano Guardini S. ??? [Monographie] - https://books.google.de/books?id=_R1JDwAAQBAJ

Auswertungen

Auch Walter Kasper hat bei seiner „theologischen Bestimmung der Menschenrechte im neuzeitlichen Bewußtsein von Freiheit und Geschichte“ in Guardini durchaus einen Vorläufer im Grundsätzlichen, weshalb er sich zu Unrecht gegen Guardinis Rede vom „Empörungsglauben des Autonomismus“ abgrenzt und ihm eine fehlende Wertschätzung der Autonomie unterstellt (Walter Kasper: Theologische Bestimmung der Menschenrechte im neuzeitlichen Bewußtsein von Freiheit und Geschichte, in: Johannes Schwartländer (Hrsg.), Modernes Freiheitsethos und christlicher Glaube. Beiträge zur juristischen, philosophischen und theologischen Bestimmung der Menschen-rechte, München-Mainz 1981, 285-302; dann in: Kasper, Walter: Theologie und Kirche, Band 1, 1987, hier S. 176; siehe auch: ders.: Christliche Freiheit und neuzeitliche Autonomie, in: Paus, Ansgar (Hrsg.): Salzburger Hochschulwochen: Menschenwürdige Gesellschaft, Graz/Wien/Köln 1977, S. 73-110). Gerade aufgrund der Gleichwürdigkeit des Pols Autonomie im Rahmen der Gegensatzlehre Guardinis stellte sich diese Kritik an Guardini als nicht haltbar heraus. Für ein dialogisch-personales Freiheits- und Geschichtsverständnis ist es eben gerade kein Widerspruch, sich für eine sich polar verstehende Autonomie auszusprechen, einen ideologischen Autonomismus hingegen klar abzulehnen, zumal Kasper ja selbst die Grundposition eines modernen radikalen Autonomismus mit den Worten zusammenfasst: „Ein allmächtiger Gott darf nicht sein, wenn menschliche Freiheit sein soll. Die radikal verstandene Autonomie des Menschen schliesst jede Theonomie radikal aus“ (Walter Kasper: Autonomie und Theonomie. Zur Ortsbestimmung des Christentums in der modernen Welt, in: Dietmar Mieth/Helmut Weber (Hrsg.): Anspruch der Wirklichkeit und christlicher Glaube. Probleme und Wege theologischer Ethik heute, Düsseldorf 1980, S. 17-41, hier S. 29). Kasper steht also Guardini wesentlich näher, als er in seinem eigenen Polaritätsdenken vermutet, wenn er formuliert: „Das Stichwort und Programmwort, in dem sich die neuzeitliche Emanzipationsgeschichte und damit die neuzeitliche Vernunft zusammenfassend artikulieren, lautet: Autonomie. Das Verhältnis von christlicher Theonomie und neuzeitlicher Autonomie steht deshalb heute unabweisbar an erster Stelle der theologischen Tagesordnung“ (ebd., S. 17). Ohne Frage gilt auch für Guardini der Satz Kaspers: „Die Theonomie setzt menschliche Autonomie voraus, weil Gott seine Ehre und Verherrlichung durch ein freies Geschöpf will“ (ebd., S. 37). Genauer heißt das im Blick auf das christliche Verständnis: „Die christlich verstandene Theonomie setzt eine recht verstandene Autonomie des Menschen frei. Theonomie und Autonomie wachsen nicht im umgekehrt proportionalen Verhältnis, sondern im gleichsinnigen Verhältnis“ (Kasper, Religionsfreiheit als theologisches Problem, a.a.O., S. 215). Es handelt sich also um eine christologische Theonomie, die der Autonomie ihre Bestimmung gibt: „Von der Theonomie der Schöpfungs- wie der Heilsordnung, näherhin von der Christologie her ergibt sich eine inhaltliche Bestimmung der unbestimmt offenen Autonomie“ (Walter Kasper: Autonomie und Theonomie, Theologie und Kirche, Band 1, 1987, S. 174). Übertragen auf das Verhältnis von Christologie und Anthropologie bedeutet das: „Die Christologie setzt eine Anthropologie voraus. … Die Christologie setzt den Menschen als ein offenes und als ein steigerungsfähiges Wesen voraus“ (Walter Kasper: Christologie und Anthropologie, in: Theologie und Kirche, Band 1, 1987, S. 206). Genau hierin sieht Walter Kasper im Anklang an Romano Guardini den „neuen christlichen Humanismus“ begründet: „Wenn für eine solche Christologie Theonomie und Autonomie keine Gegensätze sind, wenn vielmehr vollkommene Gemeinschaft und Freundschaft mit Gott menschliche und christliche Freiheit begründet, dann wird das christologische Dogma zur Grundlage eines neuen christlichen Humanismus“ (Kasper, Theologie und Kirche, Band 1, 1987, S. 233).

Auch für Guardini ist die Aufklärung „die wohl bedeutendste Revolution, welche das Abendland hervorgebracht hat“ und in deren Zentrum als Kern des Humanismus die „Autonomie“ stehe (Walter Kasper: Einführung in den Glauben, Mainz 1972, S. 16). Was daher Kasper zu wenig berücksichtigt, ist der Umstand, dass bei Guardini Theonomie eben nicht selbst der Pol zur Autonomie, sondern die Spannungseinheit für die polare Gegensetzung von Autonomie und Heteronomie darstellt. Daher gibt es auch bei ihm keinen Gegensatz zwischen Autonomie und Theonomie, überspannt die Theonomie die notwendigen Pole Autonomie und Heteronomie. Der Mensch kann sich nicht einfach der Heteronomie „entziehen“, sondern muss sie mit in seine lebendig-konkrete Wirklichkeit einbeziehen, um nicht durch eine Rückkopplung seine Autonomie aus Überforderung oder Zwang an diktatorische, manipulative Systeme und Es-Mächte preiszugeben.

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