Carl Klinkhammer

Aus Romano-Guardini-Handbuch

Carl bzw. Karl Klinkhammer (1903-1997) war ein römisch-katholischer Geistlicher, der als Prediger gegen den Nationalsozialismus und nach dem Zweiten Weltkrieg als "Ruhrkaplan" von Düsseldorf bekannt wurde. In seiner Jugendzeit war er Mitglied des Quickborn.

Biographie

  • 1923 Studium der Katholischen Theologie in Innsbruck, ab 1924 in Bonn, dort zusätzlich Philosophie
  • in Bonn Unitas-Mitglied
  • Ausschluss aus dem Priesterseminar auf Geheiß des Kardinals, da er das Buch „Das Alter der Kirche“ des damals von der Kirche exkommunizierten Kirchenhistorikers Josef Wittig aus Breslau positiv beurteilte; Rückkehr aufgrund der Fürsprache seines geistlichen Vetters Diefenbach, verbunden mit der Auflage, ein vierteljähriges Sonderstudium in Dogmatik und Kirchenrecht zusätzlich zu absolvieren.
  • 1927??? Dr. phil. bei Dyroff über "Kants Stellung zur Musik und ihre Würdigung durch Spätere"
  • 1929 Priesterweihe im Kölner Dom; anschließend Kaplan in Opladen; von dort aus schrieb er einige Rezensionen im „Literarischen Handweiser“, darunter eine zu Guardinis Schrift „Das Gute, das Gewissen und die Sammlung“; außerdem laut Kammann Studium des „Kapitals“ von Marx sowie der ersten Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ und des „Mythus des 20. Jahrhunderts“ von Alfred Rosenberg;
  • 1931-1933 Kaplan in der großen Arbeitergemeinde St. Johann, Altenessen bei Pfarrer Dr. Peter Kreutzer (1866-1934); schnelle Bekanntheit als wortgewaltiger, einfach und plastisch sprechender Redner
  • 1. Mai 1932: Redner bei einer Glaubenskundgebung im großen Saal des Städtischen Saalbaus; der Saal ist schnell so überfüllt, dass die Polizei den weiteren Zutritt sperren musste. Seine Botschaft gegen Sowjetstern und Hakenkreuz war eindeutig: „Das Christuskreuz muss an Stelle des Hakenkreuzes und der Bethlehemstern an Stelle des Sowjetsterns stehen“[Essener Volkszeitung vom 17. I. 1932, 65. Jg., Nr. 122 oder 172???, zitiert nach Kammann, a.a.O., 1997, S. 205]
  • 1933 Predigten und Vorträge gegen die Nationalsozialisten führen im April/Mai 1933 zu ersten Verhaftungen ("Schutzhaft"), anschließend Subsidiar in Köln-Zollstock bei seinem Vetter Diefenbach, danach Untertauchen im Taunus
  • 25. Juli 1933 Ernennung zum Kaplan von Köln-Ehrenfried
  • 27. November 1933 Verurteilung durch die Zweiten Strafkammer des Landgerichts in Essen zu einer Gesamtstrafe von sechs Monaten Gefängnis; aber bereits am 20. Dezember 1933 Freilassung.
  • seit 15. Januar erneute Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft wegen einer öffentlichen Beschimpfung der evangelischen Kirche gegen; Verhängung eines allgemeinen Redeverbots
  • Frühjahr 1934 Generalvikariat zieht ihn aus der „aktiven Seelsorge und jedem Verkehr mit dem Publikum" heraus
  • Anfang 1935 Wechsel in das Bistum Augsburg: Tätigkeit als Verlagsleiter der von Max Joseph Metzger gegründeten „Christkönigsgesellschaft vom Weißen Kreuz“ in Meitingen bei Augsburg
  • Anfang 1936 Drittes Verfahren, nunmehr in Augsburg, wegen kritischer Predigten und Artikel; um sich den Nachstellungen zu entziehen: Wechsel ins Bistum Speyer, wo er als Kaplan in Waldfischbach wirkte
  • in Waldfischbach: Stellungnahme gegen die vom damaligen Gauleiter Bürckel propagierte Gemeinschaftsschule Stellung
  • 7. Juli 1937: Verurteilung durch das Sondergericht in Frankenthal „wegen fortgesetztem Kanzelmissbrauchs in Tateinheit mit fortgesetztem Vergehen gegen das Heimtückegesetz“ zu acht Monaten Gefängnis; davon saß er sechs Monate in Zweibrücken ab, zwei Monate wurden amnestiert
  • ab April 1938 erneute Aushilfstätigkeit bei seinem Vetter in Köln
  • ab April 1941: Klinkhammer wird gegen seinen Willen, aber mit Unterstützung des Episkopats von der Wehrmacht eingezogen, und nahm als Sanitätssoldat der 24. Infanteriedivision in Russland am „Unternehmen Barbarossa“ teil.
  • englische Gefangenschaft
  • Anfang 1946 Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft, nach der Rückkehr ins Ruhrgebiet wurde er vom Kölner Erzbischof als Kaplan an der Bonner Münsterkirche St. Martin eingesetzt. Er nahm in die Kaplanei eine obdachlose Familie auf und beschränkte sich selbst auf ein kleines Zimmer.

wird noch fortgesetzt

Bezüge zu Guardini und dem Quickborn

  • „Bei Klinkhammer waren es die Jahre im Quickborn, die sein transnationales Denken anregten, aber auch sein späteres Eintreten für die Ökumene vorbereiteten, indem der Quickborn unter der geistigen Führung Romano Guardinis die liturgische Bewegung mit ihren Forderungen nach dem Einsatz der Volkssprache im Gottesdienst und der deutschen Gemeinschaftsmesse in der Weimarer Republik verbreitete. … Die Quickborn- und Werkstudentenzeit hatten Carl Klinkhammer in herausragendem Maße für sein späteres Engagement in der Jugendarbeit und seine Aufsässigkeit gegenüber den NS-Akteuren qualifiziert“ [Alfons Kenkmann, Alfons: Beispiele jugendbewegten Eigensinns im Zeitkäfig der NS-Zeit, 2) Carl Klinkhammer, in: Barbara Stambolis (Hrsg.): Die Jugendbewegung und ihre Wirkungen: Prägungen, Vernetzungen, gesellschaftliche Einflussnahmen, 2014, S. 244 unter Berufung auf Karl-Jürgen Miesen: Sonnenscheins Sohn. Biographische Skizze über Carl Klinkhammer, in: Hans Waldenfels/Josef Jäger (Hrsg.): Kirche in der Großstadt. Karl Waldenfels zum 80. Geburtstag, Düsseldorf 1983, S. 131 f.].
  • Laut Kammann war Klinkhammer in den zwanziger Jahren rheinischer Quickborn-Gauleiter.

Bibliographie zu Guardini

  1. Rezension zu: Guardini, Das Gute, das Gewissen und die Sammlung, in: Literarischer Handweiser, Freiburg im Breisgau, 66, 1929/30, 2 (1929), Sp. 110 [Mercker 2965] - [Rezension] - https://books.google.de/books?id=1cxDAAAAIAAJ
    1. Sp. 110: "Guardini gibt in diesem neuen Büchlein eine Art Fortsetzung der Selbsterziehungsbriefe („Gottes Werkleute", 1925) diesmal für eine Jugend bestimmt, die inzwischen in die neuen Aufgaben kreise des Berufes, der Familie und des öffentlichen Lebens hineinwachsen mußte. Nicht Ergebnisse langen Forschens bringt er, noch setzt er Ziele, noch weist er fertige Normen auf, sondern er führt zur Besinnung, sucht die Bewegung von früher in Gang zu halten, hilft suchen und entdecken im neuen Lebensbereich. Nicht nur denen aus der Jugendbewegung, sondern allen, die sich heute noch eine gewisse Lebendigkeit bewahrt haben, werden die in diesem kostbaren Werkchen vereinigten drei Vorträge sie sind tatsächlich aber mehr und anderes als das) Wesentliches für die eigene Bildung und eine auf Gott bezogene Naturdeutung zu sagen haben."

Sekundärbibliographie

  • Karl-Jürgen Miesen: Sonnenscheins Sohn. Biographische Skizze über Carl Klinkhammer, in: Hans Waldenfels/Josef Jäger (Hrsg.): Kirche in der Großstadt. Festgabe für Carl Klinkhammer zum achtzigsten Geburtstag, Düsseldorf 1983, S. 126-178, hier besonders S. 136-149
  • Konrad Repgen: Die Erfahrung des Dritten Reiches, in: Victor Conzemius/Martin Greschat/Hermann Kocher (Hrsg.): Die Zeit nach 1945 als Thema kirchlicher Zeitgeschichte, 1988, S. 155f.
  • Karl-Jürgen Miesen: Vom beispielhaften Leben. Carl Klinkhammer zum Gedenken, in: Thomas-Morus-Jahrbuch 1996, 1997, S. 128-134
  • Alfons Kenkmann: Kämpfer und Außenseiter. Der „rote Ruhrkaplan“ Carl Klinkhammer, in: Friedhelm Boll (Hrsg.): Verfolgung und Lebensgeschichte. Diktaturerfahrungen unter nationalsozialistischer und stalinistischer Herrschaft in Deutschland, Berlin 1997, S. 43-61;
  • Bruno Kammann: Das Porträt: Carl Klinkhammer (1903-1997), in: Geschichte im Westen, 1997, Heft 2, S. 202-214
  • Bruno Kammann: Carl Klinkhammer: Ruhrkaplan, Sanitätssoldat und Bunkerpastor. 1903-1997 (Düsseldorfer Schriften zur neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens; Bd. 55), Essen 2001;
  • Manfred Becker-Huberti: Friedvoll und fröhlich, fragend und fromm – „Bunkerpastor“ Klinkhammer würde 100 Jahre alt, in: PEK aktuell vom 14. Januar 2003
  • Christof Beckmann: Kämpfer gegen den Zeitgeist. Ruhrkaplan und Bunkerpastor – Bbr. Klinkhammer vor 100 Jahren geboren, in: Unitas Ruhrania, 2003, http://www.unitas-ruhrania.org/index.php?section=news&cmd=details&newsid=521
  • Alfons Kenkmann: Beispiele jugendbewegten Eigensinns im Zeitkäfig der NS-Zeit, 2) Carl Klinkhammer, in: Barbara Stambolis (Hrsg.): Die Jugendbewegung und ihre Wirkungen: Prägungen, Vernetzungen, gesellschaftliche Einflussnahmen, 2014, S. 239-244

Internet