Gehorsam und Selbständigkeit

Aus Romano-Guardini-Handbuch

077 (OO VI): Gehorsam und Selbständigkeit. Ein Brief, in: Die Schildgenossen, 1, 1920/21, 3 (Hornung 1921), S.77-78 [Mercker 0048] (bisher nicht in der deutschen Werkausgabe);

Übersetzungen (in mind. 2 Sprachen)

  1. OO VI: Ubbidienza e autonomia. Una lettera (12 gennaio 1921), in: Opera omnia VI. Scritti politici, Brescia 2005, hrsg. von Michele Nicoletti, S. 115-118, ins Italienische übersetzt von Maurizio Merlo, Maurizio Ricciardi und Giulio Colombi [neu aufgenommen]
  2. Obediencia e independencia, in: Escritos políticos, Madrid 2011, S. 191-194, ins Spanische übersetzt von José Mardomingo [neu aufgenommen]

Zitate

  1. S. 77: „AUCH DIE FREIHEIT IST ETWAS WESENTLICHES, und zwar in dem ganz ursprünglichen Sinne, dass es der Persönlichkeit möglich sei, ihr Innerstes rein herauszubringen, und durch unabhängige Selbstentscheidung für ihr Handeln verantwortlich zu sein. Diese Freiheit muß jeder sich erringen und behaupten, wenn nötig, auch durch entschlossenen Kampf. ... GERADE WENN WIR DEN GEHORSAM ERNST UND TIEF ZU NEHMEN SUCHEN, DÜRFEN WIR KEINE KETTE AUS IHM MACHEN.“ Dieses Wort „IST ZU ERNST, UM LEICHTFERTIG MIT IHM UMZUGEHEN.“
  2. S. 78: „Gehorsam soll uns die grundlegende Gesinnung gegenüber den großen, gottgesetzten Gewalten sein. ... Aus dem Geist rechten Gehorsams wollen wir auch wieder unser verwirrtes Menschendasein zu wesensgemäßer Ordnung erneuern helfen. Im übrigen aber wollen wir ebenso entschieden der Stimme des Gewissens und den Wesensforderungen unseres Seins folgen. ... Bedenken wir ..., wie viel Gewalttätigkeit, Selbstsucht, Gewissenlosigkeit den umgeben, der im Leben steht, so muß man sagen, dass er seine Freiheit, dem Gewissen zu folgen und die Unantastbarkeit seiner Persönlichkeit gar nicht entschlossen genug verteidigen kann. Ganz abgesehen von den Fällen, wo unser von Christi Geist verlassenes Berufs- und Staatsleben ihm etwas zumutet, das seinem Gewissen widerspricht, und das er auch durch vernünftiges Abwägen zu keinem ehrenhaften Ausgleich bringen kann. SIND WIR AUFRICHTIG, SO WIRD GEHORSAM UND SELBSTSTÄNDIGKEIT SCHON ZUR EINHEITLICHEN KATHOLISCHEN HALTUNG ZUSAMMENWACHSEN. Ein Rezept gibt es freilich nicht dafür. Aber der gleiche Gott, von dem das vierte Gebot kommt, hat uns auch den freien Willen und das Bewusstsein unseres persönlichen Wesens gegeben. Also wird er uns helfen, beides ins rechte Maß zu setzen.“

Sekundärbibliographie

  • Paul Zimdars: Das religiöse Erleben in der Jugendbewegung nach ihrem Schrifttum dargestellt, 1930, zu Romano Guardini S. 82, zitiert S. 78: "Sind wir aufrichtig, so wird Gehorsam und Selbständigkeit schon zur einheitlichen katholischen Haltung zusammenwachsen. Ein Rezept gibt es freilich nicht dasfür. Aber der gleiche Gott, von dem das 4. Gebot kommt, hat uns auch den freien Willen und das Bewußtsein unseres persönlichen Wesens gegeben. Also wird er uns helfen, beides ins rechte Maß zu setzen."