Tod, Auferstehung, Ewigkeit. Über einige Grundbegriffe der christlichen Eschatologie

Aus Romano-Guardini-Handbuch

368: Tod, Auferstehung, Ewigkeit. Über einige Grundbegriffe der christlichen Eschatologie, in: Die Schildgenossen, 18, 1939, 5 (September/Oktober 1939), S. 366-384 [Mercker 0541] (bisher nicht in einer Werkausgabe)

Nachdrucke und Auszüge

Zusammenfassung

Die Zeithaftigkeit: Anfang, Augenblick und Ende des menschlichen Daseins

  • S. 366: In der Zeithaftigkeit des menschlichen Daseins "treten drei Bestimmungen nicht nur besonders scharf, sondern entscheidend hervor: der Anfang, das Ende und der jeweils gegebene Augenblick." Daraus ergibt sich für Guardini "der Entwurf einer christlichen Lehre von der Daseinszeit". Vom Anfang und vom Ende her tritt das Dasein im Augenblick, in der ablaufenden Zeit, an den Lebenden heran, ist „in jeweils unwiederbringlicher Einmaligkeit der Freiheit ... anvertraut“ und „empfängt aus seiner Freiheit den bleibenden Sinn“ (vgl. ähnlich in: Vorbemerkung zu: Die letzten Dinge).
  • S. 367: Aufgrund dieser Einmaligkeit der Freiheit ist das menschliche Dasein "kein bloßes Stück einer Masse, sondern hat Mitte und Umriß"; ebensowenig bildet es "nur eine Funktion in einem Ganzen, sondern steht in sich, weiß um sich, verfügt über sich." Im stärksten und entscheidendsten Sinn des Wortes, ist dieses Dasein "Gestalt". Daher ist auch „das Ende einer Gestalt, die sich in der Zeit verwirklicht, ... deren Voll-Endung“.
  • S. 369 f: Während nun der Positivismus vom Menschen verlangt, „sich anständig“ mit dem Tod abzufinden, und der Idealismus lediglich von einem Gefühl getragen ist, „das edel Gelebte und Geschaffene könne nicht vergehen“, ist der Finalismus einerseits bestimmt von der Überzeugung, dass das Leben wie alles endet und der Tod daher „als letzte Erfüllung des Lebens `gelebt´ wird.“ (ähnlich in: Die letzten Dinge, S. 16 f.)
  • S. 372: Aus christlicher Sicht ist der Tod „zunächst die letzte Konsequenz der Sünde; das letzte Sich-Stellen unter die Verantwortung für das, was geschehen ist; Wahrheit und Gericht. Das alles aber nicht allein verzweifelt, sondern eingeschlossen in die durch Gottes Liebe gewirkte Erlösung.“ (vgl. dazu ähnlich: "Der christliche Sinn des Todes" in: Die letzten Dinge, S. 30)

Christliches Denken

  • S. 373 f.: Es sei kein Relativismus davon auszugehen, dass „jedem echten Gegenstandsbereich ... ein entsprechendes Denken zugeordnet" ist, "das auf bestimmten Voraussetzungen ruht; seinen Gegenstand in angebbarer Weise entgegennimmt; feststellbare Maßstäbe des Wahren und Unwahren, des Richtigen und Falschen hat usw." Denn: "Die Wahrheit ist nur eine: das, was ist, verstanden aus dem, was gilt." Lediglich "die Wirklichkeit hat verschiedene Bereiche" mit verschiedenen Gegebenheitsweisen und "Sinngültigkeiten". Um die Wirklichkeit also "wirklichkeitsgerecht" verstehen zu können, braucht es ein "Denken, das sich bei jedem Gegenstand der besonderen Voraussetzungen bewusst wird und ihnen genügt." Das gelte "schon innerhalb des natürlichen Denkens und seines Gegenstandes, der Welt"; erst recht macht sich diese "Verschiedenheit von höchstem, ja umstürzendem Charakter" geltend, "wenn es sich um die Offenbarung handelt.“
  • S. 374: „Soll also das Denken christliches Denken sein und den Inhalt der Offenbarung in der zugeordneten Weise erfassen, dann muß es eine Umkehr vollziehen. ... Christlich gesehen ist wirklich, was sich in der Offenbarung als wirklich erschließt; christlich wahr, was der hier redende Gott kundtut; möglich, was von diesem Gott, von Christus her möglich ist. ... Soll unser welthaftes, durch eine Reihe von Jahrhunderten immer mehr in die Welt hineingewöhntes Denken den Inhalt der Offenbarung vollziehen, dann muß es einen richtigen Umbau durchmachen. Erst im Maße dieser Umbau vor sich geht, versteht es, was die Offenbarung über die Auferstehung sagt.“

Auferstehung und Gericht

  • S. 377: „Auferstehung nun bedeutet, dass nicht nur die Gestalt, sondern auch die Geschichte dieses Menschen aufersteht." Daher ist "nichts, was im Leben geschah, ... einfach vernichtet." Im Leben liegt "der Inbegriff seiner Taten und seiner Schicksale liegt", und dieser "wird aus der Eingeschränktheit des Raumes und der Zeit in die Ewigkeit hinaustreten." Dies bedeutet einen "Überschritt aus der Zeit in die Ewigkeit". In ihm "beginnt das Gericht.“ (vgl. dazu ähnlich in: Die letzten Dinge, S. 75)

Geschichtlichkeit, Geschichte und Freiheit

  • vgl. dazu ähnlich: "Das Wesen der Geschichtlichkeit" (S. 86 ff.) in: Die letzten Dinge
  • S. 377 f.: „Geschichtlichkeit bedeutet zunächst die Verschlossenheit des Daseins." Dagegen bedeutet "Geschichte", "dass der Ausdruck“, der „zum Wesen des Lebens gehört“, „nicht notwendig stattfindet; vielmehr das Innere auch verschlossen, die Meinung verhehlt, der Sinn verborgen bleiben kann.“ Von daher bedeutet daher Geschichte, "dass der menschliche Wille frei sei, das Gute, aber auch das Böse zu wollen; das heißt im Letzten, sich für oder gegen Gott zu entscheiden." Diese Freiheit ist zwar "zweifelhaft" und "gefährlich, unter einem bestimmten Gesichtspunkt sogar sinnwidrig." Aber sie ist auch notwendig, damit "die eigentliche Freiheit errungen werden", die "das Wesen der Geschichte; ihre Würde; ihre Zweideutigkeit und ihre Gefahr" bestimmt, in der "der Geist das Gute so klar sieht, der Wille" diesem Geist "so lauter ergeben und das Herz von ihm so vollkommen erfüllt ist, dass der Mensch zu anderem, als dem Guten, überhaupt nicht mehr fähig ist."
  • S. 378: „Zur Geschichte gehört endlich ..., dass das Gute nicht mit der Macht eins ist." Denn: "Zum Wesen der Geschichte gehört" es, dass Gott und mit ihm das Gute „in ihr ohnmächtig ist." Dies geht soweit, dass der Mensch in seiner Freiheit, Gott "gegenüber gleichgültig bleiben; dass er er erklären kann, Gott `gehe ihm wider den Geschmack´; ja dass er verkünden kann, `Gott ist tot´.“ (vgl. ähnlich in: Die letzten Dinge, S. 90).

Ewigkeit

  • S. 378f: Ewigkeit bedeutet zunächst, „dass alles Seiende offen wird. ... Ewigkeit bedeutet weiter, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, das Böse zu wollen. ... Endlich bedeutet jener Schritt in die Ewigkeit, dass das Gute mit der Macht identisch wird.“
  • S. 381: „Wir haben aus uns keine Ewigkeit – nur die Hinordnung auf sie und die Sehnsucht nach ihr. Sollen wir sie gewinnen, dann muß Gott uns in sein Leben hineinnehmen und uns an dessen Gegenwärtigkeit Anteil geben. Dass das möglich sei, kann nicht bewiesen werden; unser Innerstes weiß aber, es müsse so sein.“ (vgl. ähnlich in: Die letzten Dinge, S. 114 f.)

Übersetzungen

  • Bisher keine Übersetzungen bekannt.