Vorlage:1941 Biographie
Aus Romano-Guardini-Handbuch
- 1941: Theodor Pfizer berichtet von Gesprächsrunden, die “1941 in der von Krieg und politischer Not umschatteten Reichshauptstadt in der gegen Mithörer gesicherten Ecke einer Hotelhalle stattfanden; bei diesen sei gelegentlich neben Heuss auch Guardini anwesend gewesen.“ (Theodor Pfizer: Reden und Aufsätze zur Kultur- und Kommunalpolitik aus den Jahren 1950-1979, 1984, S. 191)
- 1941 Werner Becker wird zum Mitherausgeber der “Schildgenossen”, die allerdings wenig später durch die Nationalsozialisten verboten wurden. Gegen Ende hatten zum engsten Mitarbeiterkreis gehört: Theo Abele (Pädagogik), Rolf Ammann (Industrie, Technik), August Heinrich Berning (Literatur, Politik), Helene Helming (Schule) und Idamarie Solltmann (Soziale Arbeit, Wohlfahrt). Autoren gegen Ende waren: Peter Wust, Karl Adam, Eugen Rosenstock, Heinrich Getzeny. Paul Fechter wird bereits wenige Jahre nach dem Krieg über die Zeitschrift urteilen: “die kultivierteste und geistigste Zeitschrift ..., die der deutsche Katholizismus je besessen hat“ (Paul Fechter: An der Wende der Zeit, Gütersloh 1949, vgl. auch S. 166).
- 1941 erhält Guardini von der Liturgischen Kommission den ersten Auftrag zur Übersetzung der für die liturgische Arbeit wichtigsten Psalmen, gemeinsam mit Heinrich Kahlefeld bis zu dessen Einberufung. 1944 wurde der Auftrag von der Bischofskonferenz auf das ganze Psalter erweitert. In den Kartagen 1949 hat Guardini die Übersetzung abgeschlossen, so dass sie im Herbst desselben Jahres als „Deutsches Psalter“ in erster sowie 1954 bereits in dritter Auflage erscheinen konnte.
- Frühjahr 1941: Guardini schaut sich erstmals in Mooshausen und in seiner Umgebung nach einer Wohnung um, fand sie im Rückgebäude des Tannheimer Schlosses, richtete sie auch ein. Dann wurde er aber durch die Verkehrssperre in Berlin festgehalten und wohnte fast zwei Monate im leeren Haus in der Chamberlainstraße, bis er die Wohnung in Tannheim verlor und daraufhin wieder ins alte Haus einzog (Guardini, Stationen und Rückblicke/Berichte über mein Leben, a.a.O., S. 54).
- 7. Juli 1941: In den “Meldungen aus dem Reich” wird Guardinis Schrift "Was Jesus unter der Vorsehung versteht" inkriminiert und zwar nicht, wie viele andere Kleinschriften dieser Zeit wegen formaler Mängel, z.B. einer fehlenden Genehmigung, sondern ausschließlich inhaltlich (Berichte des SD und der Gestapo über Kirchen und Kirchenvolk in Deutschland 1934-1944, bearb. Von Heinz Boberach, 1971, Nr. 113 = Meldungen aus dem Reich Nr. 200 vom 7. Juli 1941, S. 523-527, hier 526).
- Zu diesem Vorgang schreibt Berthold Gerner: “Der ist in den strengen Augen des Zensors deshalb besonders verfänglich, weil man aus dem Text herauslesen konnte, dass hier kein Geringerer als Hitler selbst - natürlich ohne Namensnennung - charakterisiert werden sollte.” Zitiert wird dann die keineswegs aggressive Stelle: “Noch eine dritte Weise gibt es, wie man sich wohl die Vorsehung denkt. Sie geht von dem eigentümlichen Gefühl aus, das sich oft in starken, wagemutigen und schöpferischen Menschen findet. Mit ihnen hat es eine besondere Bewandtnis. Ein solcher ist überzeugt, er wäre für eine bestimmte Aufgabe da und werde in seinem Tun von den Mächten des Daseins unterstützt. Je größer der Mensch, desto größer und deutlicher kann dieses Gefühl werden - so sicher, dass er sich als Mittelpunkt des Geschehens um ihn her empfindet, von einem geheimnisvollen Auftrag gesendet, von einer nie fehlbaren Weisheit geführt, von einem besonderen Schutz gehütet. Dieser Zusammenhang wird dann `Schicksal´, `Stern´, `Glück´ - oder auch `Vorsehung´ genannt.” Dem Zensor ist sofort bewusst, dass Hitler sehr häufig von der “Vorsehung” sprach, die ihm helfe, seine Absichten durchzusetzen, als deren Beauftragter, als deren Instrument er auftritt. Guardinis ganzes Vergehen besteht nur darin, dass er deutlich macht, dass Jesus unter Vorsehung etwas ganz anderes versteht, als der Sprachgebrauch Hitlers annehmen läßt." (Gerner, II, S. 335)
- Am 13. Dezember 1941 schreibt Guardini aus Berlin an Weiger: “Was die nordische Frühgeschichte von Noack anlangt, so möchte ich vorsorglich hinzufügen, dass ich den Verfasser gut kenne. Er ist ein Sohn des Archäologen Noack, hat mehrere Jahre in Norwegen gearbeitet und ist nun Professor in Greifswald.“ Es handelt sich um: Ulrich Noack: Nordische Frühgeschichte und Wikingerzeit, München 1941. Ulrich Noack (1899-1974) war ein Historiker evangelischer Konfession, der in Halle, Frankfurt, Greifswald und Würzburg wirkte.