Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre

Aus Romano-Guardini-Handbuch

011 (OO I): Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre, Freiburg: Caritas-Druckerei, Juli 1914 [Mercker 0005] (bisher nicht in der deutschen Werkausgabe);

Werkgeschichte

  • Zwischenstand der Entwicklung zwischen 1906 und der stark veränderten und ausgebauten Fassung in: Der Gegensatz, 1925; im Archiv Mooshausen befindet sich eine Vorstufe aus dem Jahr 1912.
  • In dieser Zeit von 1906 bis 1912 entwickelte Guardini gemeinsam mit Karl Neundörfer nicht nur eine Typologie der Gegensätze (Gegensatzlehre), sondern auch eine Typologie der Charaktere (Charakterlehre), die dann aber im Ersten Weltkrieg verloren ging.
  • Guardini unterscheidet und verbindet die Typenlehre (Typologie) von der Lehre der Strukturenlehre und der Morphologie (Lehre von den morphologischen Gesetzen).
  • Die Typenlehre ist in der zeitgenössischen Philosophie, Psychologie, Soziologie hoch im Kurs (Trendelenburg, Dilthey, Simmel, Ranke, Stern, Weber, Spranger, usw.)

Fehldatierung mit 1917

In der Sekundärliteratur ist bis heute die Jahreszahl 1917 als Publikationsjahr zu finden. Diese Fehldatierung hat ihren Ursprung wohl:

  • In der Verlagswerbung zu: Romano Guardini, Lebendiger Geist, S. 151 - https://books.google.de/books?id=0mdqUMkloVgC - Dort heißt es: "Seine schriftstellerischen Arbeiten begann er mit dem Entwurf eines Systems der Typenlehre «Gegensatz und Gegensätze», 1917, und mit dem in zahlreiche Sprachen übersetzten Buch «Vom Geist der Liturgie», 1918."
  • Dies wurde übernommen durch:
    • Helmut Kuhn: Romano Guardini: der Mensch und das Werk, 1962, S. 17: "Im Jahre 1917 veröffentlichte der inzwischen zum Mann Gereifte seine Erstlingsschrift, die sich mit dem metaphysischen Problem des Gegensatzes beschäftigt."; auch in ders.: Der Weg vom Bewusstsein zum Sein, 1981, S. 10: "Ein religiöser Denker wie Romano Guardini hat sich in seiner ersten philosophischen Veröffentlichung, Gegensatz und Gegensätze (1917), zu ihm als dem ihn zutiefst bewegenden Problem bekannt, ..." - https://books.google.de/books?id=FDsYAAAAIAAJ; auch in: Marcel Régnier/Yvon Belaval: L'Héritage de Kant, 1982, S 361: "Ein religiöser Denker wie Romano Guardini hat sich in seiner ersten philosophischen Veröffentlichung, « Gegensatz und Gegensätze » (1917) zu ihm als dem ihn zutiefst bewegenden Problem bekannt"; dazu: Rezension zu Helmut Kuhn, 1962, in: Agostino Gemelli (Hrsg.): Rivista di filosofia neo-scolastica, Band 55, 1963, S. 146: "al primo scritto Gegensatz und Gegensätze (1917, 2 ed. 1925, 3 ed. 1955)"
    • Virgilio Melchiorre: Guardini filosofo (Rezension zu: Guardini, Scritti filosofici), in: Humanitas. Rivista mensile di cultura, Brescia, 21, 1966, S. 17: "Non è un caso che , all'inizio della sua produzione, il Guardini scriva un'opera dal tenore tipicamente metodologico, Gegensatz und Gegensätze (1917)" [Mercker 1984] und [Zucal, 1988, 485] und [Balthasar, Fede e pensiero II, 134] - [Rezension] - https://books.google.de/books?id=0OPlAAAAMAAJ; auch in ders.: La coscienza utopica, 1970, S. 183:
    • (Einführung), in: Filosofi tedeschi d'oggi, 1967, S. 125: "utilizzando la fenomenologia e la metafisica della vita, fu rappresentato dallo studio: Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre (Freiburg i.B., 1917)"
    • (Nachruf), in: Revue philosophique de Louvain, 1968, S. 767: "Outre de très nombreux écrits théologiques et spirituels, il laisse des oeuvres philosophiques importantes: Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre, Freiburg, 1917"
    • Hans Urs von Balthasar: Romano Guardini. Reform aus dem Ursprung, hrsg. von Franz Henrich. München 1970, S. 113 [Mercker 1850] und [Brüske 227] - [Guardini-Monographie] - https://books.google.de/books?id=uENCAQAAIAAJ; auch in den Übersetzungen;
    • (Rezension zu Wechsler, Romano Guardini als Kerygmatiker), in: Nouvelle revue théologique, 96, 1974, S. 890: "Gegensatz und Gegensätze (1917): antinomies ou polarité"
    • Massimo Borghesi: Ermeneutica, fenomenologia ed esperienza religiosa in Romano Guardini, in: Armando Rigobello (Hrsg.): Studi di ermeneutica, 1979, S. 161: "Il «sistema degli opposti» e l'ermeneutica del «concreto vivente» Nel 1917 Romano Guardini pubblica: Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre, è il suo primo lavoro teorico"; auch in: ders.: Romano Guardini: dialettica e antropologia, 1990, S. 301: "Del 1917 è il saggio Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre che contiene la prima formulazione del suo sistema filosofico."
    • Josef Speck, Philosophie der Gegenwart, Bd. 6, 1984, S. 189: "1917 erfolgte seine erste Veröffentlichung mit dem Titel „Gegensatz und Gegensätze“"
    • Roberto Esposito: Teologia politica. Modernità e decisione in Carl Schmitt e Guardini, in: Il Centauro, 6, 1986, 16, S. 120: "Il suo nucleo teorico era già contenuto in Gegensatz und Gegensätze . Entwurf eines Systems der Typenlehre , Freiburg in B. 1917."; auch in: ders.: La Pluralità irrappresentabile, 1987, S. 53: "Mi riferisco, precisamente, a R. Guardini, Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre, Friburgo, 1917"; auch in: Il Mulino, Band 35,Ausgaben 303-305, 1986, S. 119: "Mi riferisco, precisamente, a R. Guardini, Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre, Friburgo, 1917"
    • Tina Manferdini: Katholische Weltanschauung. Religione e fede in Romano Guardini, in: Silvano Zucal (Hrsg.): La Weltanschauung cristiana di Romano Guardini, 1988, S. 279: "Ci riferiamo allo scritto Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre (Freiburg i.B. 1917)"
    • Heinrich Lutz/Eugen Biser: Wissenschaftler im Gespräch: Romano Guardini in unserer Zeit, in: Politische Studien, 40, 1989, 303, S. 93: "Wesentliche Werke Romano Guardinis: Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre, Freiburg i. Brsg. 1917"
    • Raimon Panikkar: Sobre el diálogo intercultural, 1990, S. 148: "Romano Guardini, prácticamente, comenzó su carrera intelectual, Der Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre (Herder, Friburgo 1917)"; dann auch in: Obras completas: II. Religión y religiones, 2016: "Véase el libro con el que Romano Guardini comenzó prácticamente su carrera intelectual, Der Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre, Friburgo, Herder, 1917"
    • Eliecer Pérez Haro: El misterio del ser, 1994, S. 110: Con anterioridad publico : Gegensatz und Gegensätze . Entwurf eines Systems der Typenlehre , Freiburg i . Br . 1917."
    • Anna Ascenzi: Lo spirito dell'educazione, 2003, S. 203 (Bibliografia)
    • Ausgabe: Romano Guardini, Le età della vita: loro significato educativo e morale, 2003, S. 8: Gegensatz und Gegensätze . Entwurf eines Systems der Typenlehre, Freiburg i . B. 1917"
    • nach 2003 keine Funde.

Ausdrückliche Korrektur bisher in:

  • Bibliographie von Hans Mercker;
  • in: Zeitgeschichte, 1984, S. 49: "Ein erster, kurzer Entwurf als Manuskriptdruck, mit dem Titel: "Gegensatz und Gegensätze. ... stammt aus dem Jahre 1914 (nicht 1917; vgl. die Guardini-Bibliographie von H. Mercker, a.a.o., S. 3 unter Nr. 5 )."
  • Michael F. Köck: Personale Struktur religiöser Erfahrung, 2008, S. 138: "... unter Verweis auf R. Guardini, Gegensatz und Gegensätze. Entwurf eines Systems der Typenlehre, Freiburg i. Br. 1914 (bei Müller, EG 533, Anm. 177, irrtümlich 1917)"

Auf einem Tippfehler dürfte dagegen die Angabe des Jahreszahl 1924 bei Magdalena Börsig-Hover (Romano Guardini (1885-1968). Wegbereiter des 21. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 2009 [BBKL Literaturergänzung] - https://books.google.de/books?id=32arZVjsPecC) beruhen.

Übersetzungen (in mind. 1 Sprache)

  • 1) OO I: Opposizione e opposti polari. Abbozzo d´ un sistema della teoria dei tipi, in: Opera omnia, Bd. I: Scritti di metodologia filosofica, Brescia 2007, S. 43-64, ins Italienische übersetzt von Giulio Colombi [neu aufgenommen]

Übersetzungsprobleme

  • Giuliano Riva schlägt in seinem Buch "Romano Guardini e la katholische Weltanschauung" (S. 56) die Übersetzung mit "Opposto e opposti. Abbozzo di un sistema di tipologia" vor, spricht dann aber für "Der Gegensatz" ebenfalls von "L'opposizione polare. Saggi di una filosofia del vivente concreto". Diese vorweggenommene Erläuterung "polare", gleich ob zum Begriff "opposti" oder zum Begriff "opposizione" ist unnötig. Gegensatz und Gegensätze verhalten sich im Deutschen lediglich wie Singular zu Plural, daher ist ein Wechsel zwischen "opposizione" und "opposti" unglücklich. Hier wäre besser Riva zu folgen.
  • Im Blick auf das "sistema della teoria dei tipi" versus "sistema di tipologia" ist zu sagen, dass "Lehre" im Deutschen hier nicht Theorie bedeutet und insofern mit "insegnamento" und nicht mit "teoria" zu übersetzen ist. Die Typenlehre und die Typologie verhält sich wie dagegen weitgehend synonym, daher sind tipologia und insegnamento dei tipi gleichbedeutend und dem im Italienischen üblicheren "tipologia" nachzugeben. Da Guardini den Begriff "Entwurf" synonym zu seinem häufiger gewählten Begriff "Versuch" verwendet, wäre wohl "un tentativo della tipologia" die passendere Übersetzung gewesen.

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