Spiel
Der Begriff Spiel ist bei Guardini vorrangig vom Schau-Spiel geprägt, nicht vom Spielbegriff des Sports oder der Unterhaltung. Ein zweites Charakteristikum ist, dass Guardinis Spiel-Begriff die "Participatio actuosa" aller Glieder bzw. Organe, die zum Gelingen des Spiels notwendig sind, einschließt. Wenn er von der Liturgie als Spiel spricht, hat er die Commedia Divina Dantes vor sich, dessen einziger "Zuschauer" Gott ist, der durch das Spiel eingeladen wird, selbst gegenwärtig zu werden. Das ist der Sinn, das Wesen, der Geist der Liturgie und ausdrücklich kein Zweck, da man Gott nicht ins Spiel zwingen kann. Seine Selbst-Offenbarung bleibt ein Geschenk, eine Gnade.
Wechselseitige philosophische Beeinflussung
- Renaissance der Mysterienspiele - Erich Eckert
- Johan Huizinga (1872-1945), Homo ludens
Rezeption Guardinis in der Liturgiewissenschaft, in der Kunst und in der Spieltheorie
- Katholischer Expressionismus - Der Weiße Reiter
- Gemeinschafts-Bühne - Alois Johannes Lippl
- Hugo Rahner
- F. F. J. Buytendijk
Missverständnisse
Joseph Ratzingers Ablehnung des Spielbegriffs im Blick auf die "Erlebnisgesellschaft"
Wird noch ausgeführt
Franz Meurers Vergleich zwischen Fußball und Liturgie der Kirche
In einem spirituellen Impuls zur Fußball-Weltmeisterschaft 2022 im WDR 2 schreibt der Pfarrer Franz Meurer - https://www.kirche-im-wdr.de/startseite?tx_krrprogram_pi1%5Bformatstation%5D=2&tx_krrprogram_pi1%5Bprogramuid%5D=94837: "Neben der Körperlichkeit ist es das Spiel, das Kirche und Fußball verbindet. Romano Guardini bezeichnet den Gottesdienst als "Heiliges Spiel". Der spielende Mensch, "homo ludens" genannt, verarbeitet im Spiel sein Leben, in der Liturgie der Kirche wie im Fußball. Für viele Menschen ist heutzutage der Fußball die entscheidende Liturgie, in der sie ihren Alltag hinter sich lassen können und sich zweckfrei bewegen. Die Menschen sind zusammen und lassen sich begeistern." Erstens ist aber das Fußballspiel eben gerade nicht zweckfrei, sondern es dient dem Zweck, den Besseren zu ermitteln und dem Wunsch der beteiligten Mannschaften, zu gewinnen. In der Liturgie geht es auch nicht darum, sich zweckfrei zu "begeistern" und im Spiel sein Leben zu "verarbeiten". Durch die Vermischung des Spielbegriffs im Sport mit dem Spielbegriff Guardinis für die Liturgie werden sowohl die Beteiligten-Ebene als auch die Zuschauer-Ebene durcheinander gebracht. Dies ist auch daran zu erkennen, dass der Begriff Liturgie als Kult von der Kirche auf Gesellschaft übertragen wird. Fußball als die "entscheidende Liturgie" der heutigen Menschen ist eine Säkularisierung und Profanisierung der Zusammenhänge, eine nicht zulässige Übertragung vom theologischen in den gesellschaftspolitischen Bereich. Damit wird das Fußballspiel aber pseudo-religiös weiter aufgeladen, über das hinaus, was er im Sinne einer wirtschaftlichen Antriebs- und eine politischen Beruhigungsstrategie ("Brot und Zirkus") ohnehin schon ist. Darüber hinaus geht bei dieser Verwendung die Polarität des Begriffs "Spiel" mit dem des Ernstes verloren, denn worin soll der "Ernst des Sports" liegen und worin der Sinn, das Wesen, der Geist des Sports, hier des Fußballspiels, wenn es der "Geist der Liturgie" ist, in Spiel und Ernst Gott einzuladen, gegenwärtig zu werden.